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VÖLKERREGiSTÜCHES SEM'NftR
A» DER üliiVEilSITlT ROSTOCK.
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Völtoechtsverletzungen
Grossbritanniens
Nach englischen Parlamentspapieren
Dr. Ludwig Beiidix
Rechtsanwalt in Berlin
Breslau 1919
J. U. Kern"s Verlag
(Max Müller)
rx
Die rechtliche Seite des Falles ... ist bereits in diesen Spalten
erörtert worden und interessiert die Öffentlichkeit am wenigsten.
Die Öffentlichkeit mag versichert bleiben, dass sie (die
Regierung] gezwungen ist, gewisse Schranken des
Rechts und der Politik zu beachten, nicht um den
Feind zu verpflichten, sondern um ihren eigenen
guten und ehrlichen Namen unversehrt zu erhalten
und ihre eigenen Beziehungen zu den neutralen
Mächten zu pflegen. Wir sind in diesen Krieg irii Protest
gegen die Lehre eingetreten, die das Recht aus den internatio-
nalen Beziehungen verbannt, und wir sind im Recht, wenn wir
die Skrupellosigkeit öffentlich zurückweisen, mit der unser Feind
die Rechte der Neutralen und Nichtkombattanten mit Füssen
tritt. Unter solchen Umstanden liegt es uns ob, in unserem
eigenen Verii alten vorsichtig zu sein und dem Feinde keine
Handhaben zu bieten, zu sagen, dass wir gerade der
Vergehen schuldig sind, deren wir ihn beschuldigen
Westminster Gazette vom 22. Oktober 1914:
Die allgemeine Lage.
Die verbündeten Nationen sind sich bewusst, dass sie nicht
für egoistische Interessen kämpfen, sondern vor allem für di«
Aufrechterhaltung dör Unabhängigkeit der Völker und der
Humanität.
Antwort der verbündeten Regierungen vom lO. Januar 1917
auf die Note, die der Gesandte der Vereinigten Staaten
am 20. Dezember 1916 mitgeteilt hat. Miscellaneous
Nr. 5 (1917) Cd. 8468 Nr. 3.
Der Grundsatz ist deutlich und bestimmt, doch die gegen-
wärtige Praxis der Regierungen Grossbritanniens und Frank-
reichs ist offenbar eine Verletzung des Grundsatzes.
Der Gesandte der Vereinigten Staaten an den englischen
Minister des Äussern. Mise. Nr. 20 (1916) Cd. 8261 S. 4 Nr. 9.
Man hat angenommen, dass Kriegführungsrechte, mögen sie
heissen, wie immer, nicht wieder aufleben, wenn Grossbritannien
einmal auf sie nach sorgfältiger Prüfung mit Rücksicht auf die
Zivilisation verziehtet hat. Vestigia nuUa retrorsum.
Lushington, Introduction S. X.
Herrn Oberlandesgerichtsrat
Dr. Ernst Müller-Meiningen
Abgeordneten des deutsehen Reichstages
und des bayrischen Landtages
als Ausdruck
dankbarer Verehrung
zugeeignet
Vorwort
Die folgenden Aiisfiilirung-en sind durch Anregungen ent-
standen, die von Herrn Direktor Dr. Artur Buclienau zu Berlin,
dem ich dafür und für Durchsicht der Fahnen und der Über-
setzungen meinen besonderen Dank ausspreche, ausgingen und eine
(luellenraässige Nachprüfung und Begründung des bekannten wert-
vollen Werkes des Abgeordneten Dr. Müller-Meiningen über
den Weltkrieg und den „Zusammenbruch des Völkerrechts"
(4. Auflage, 1917, Georg Reimers Verlag) zum Ziele hatten. Die
Arbeit hat sich im Laufe der Studien unter der Hand von diesem
Ziele freilich weit entfernt; sie hat sich schliesslich eigene selb-
ständige Aufgaben gestellt. Insbesondere sollen — ohne Anspruch
auf Vollständigkeit — in möglichst objektiver wissenschaftlicher
Weise die Völkerrechtsverletzungen Englands auf Grund seiner
eigenen Literatur dargestellt und als solche begriffen werden.
Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist auf die rechtsgrundsätzlichen Ge-
sichtspunkte zurückzugehen. So ist es vielleicht möglich, einen Bau-
stein zu der doch schliesslich einmal eintretenden Verständigung und
dem unvermeidlichen Wiederaufbau des Völkerrechts beizutragen.
Das Buch ist im wesentlichen in der zweiten Hälfte 1917
fertig gestellt. Diese J^ntstehungszeit musste zu einer ruhigen
und sachlichen Darstellung führen, die soweit erreicht sein dürfte,
dass auch von neutraler, ja gegnerischer Seite dem Buche nicht
der Vorwurf einer einseitigen Parteischrift gemacht werden kann.
Hierbei soll- und wird nicht verkannt werden, dass die Wahl der
Aufgabe eine bestimmte kritische Stellungnahme in sich schliesst,
die den Angehörigen der Ententestaaten zurzeit nur unter der
grössten Zurückhaltung, wenn überhaupt, möglich ist. Es wäre
schon viel für die Herbeiführung einer Verständigungsmöglichkeit
erreicht, wenn mit der folgenden Arbeit darauf hingewirkt würde,
dass auch die Gegenseite die vermeintlichen Völkerrechtsverletzungen
der Mittelmächte von dem hier vertretenen Standpunkte aus auf-
nehmen möchte, so dass an Stelle der ursprünglichen leidenschaft-
lichen Parteinahme, wie sie in den ersten beiden Kriegsjahren
fast durchweg und erklärlicherweise bei den Angehörigen der
Kriegsparteien in die Erscheinung trat, eine ruhige kritische und
VI , Vorwort
selbstkritische Betrachtung- tritt. Vielleicht ist dieses Buch selbst
schon eine Äusserung dieser heute wohl allgemein verbreiteten
objektiveren Stimmung?
Die angestrebte objektive Darstellung erheischte eine gewisse,
auf den ersten Blick vielleicht überflüssig erscheinende und viel-
leicht auch ermüdende Vollständigkeit der mitgeteilten Belags-
stellen, weil nur so eine sofortige Nachprüfung ermöglicht ' und
der leicht auftauchende Verdacht absichtlicher Fortlassungen aus-
geschlossen werden konnte. Die wissenschaftliche Überzeugung
der grundsätzlichen Möglichkeit verschiedener und entgegengesetzter
Stellungnahme zu den gleichen Gegenständen geschichtlichen Lebens
musste dem Verfasser Zurückhaltung auferlegen und machte es
ihm zur Pflicht, das Material als solches möglichst unbearbeitet
so vor dem Leser auszubreiten, dass er sich unbeeinflusst und un-
verärgert von einer von ihm vielleicht als einseitig empfundenen
Überarbeitung des Materials durch den Verfasser seine eigene, selbst
abweichende Meinung bilden kann. Ich bin mir bewusst, dass diese
Darstellungsweise an den Leser hohe Anforderungen stellt, und
kann nur den Wunsch aussprechen, dass diese Anforderungen von
dem Studium der Arbeit nicht abschrecken. Für den Leser, der zu
einer solchen Arbeit keine Zeit oder Neigung hat, oder den nur eine
einzelne Frage interessiert, ist durch ein sorgfältiges Sachregister und
durch die bishernicht üblichen, aber doch vielleicht empfehlenswerten
Verweisungen im Literatur-, Namens- und Fallverzeichnis gesorgt.
Den Bibliotheken des Auswärtigen x\mtes und des Reichs-
tages, wie der Kriegssammlung der Königlichen Bibliothek zu
Berlin bin ich für die Bereitwilligkeit zu Dank verpflichtet, mit
der sie mir ihre an anderen Stelleu (z. B. Kgl. Institut für See-
verkehr und \Velt^virtschaft in Kiel, dem ich das Material Anm. 99
verdanke) schwer zugänglichen Schätze zur Verfügung gestellt haben.
Dem Aufbau des Buches und seinem äusseren Gewände sind
wertvolle Anregungen des Herrn Professor Fleisch mann und die
vorbildliche Mitarbeit des während der Drucklegung verstorbenen
Inhabers der Verlagsfirma, des Herrn Handelsrichters Max Müller,
zustatten gekommen. Meinem Freunde, Herrn Professor Dr. Max
Frischeisen- Köhler, danke ich für manche Vorschläge, insbe-
sondere zu den allgemeinen Fragen und den Übersetzungen.
Berlin, im November 1918. Der Verfasser.
Inhaltsverzeichnis
Seite
Erstes Kapitel
Gibt CS Yerl)iii(llielie ViUkerreelitssätzo i
§ 1. Einleitende Bemerl^ungen 1—4
§ 2. Die massgebenden Vöil^errechtssatzungen (Haagcr Abkommen,
Londoner, Pariser Deklarationj 4—9
§ ?>. Die Ansichten der Rechtslehrer, Gerichtsentscheidungen und
diplomatischen Schriftstücite der Ententestaalen .... 9—12
a) Die Ansichten in den diplomatischen Schriftstücken . . 9—11
b) Die Ansichten in den Gerichtsentscheidungen 11—12
c) Die Ansichten der Völkerrechtslehrer 12
§ i. Grundsätzliche Einwendungen gegen die Anwendbarkeit ver-
bindlicher Völkerrechtssätze 13—24
n.) Vergeltungsmassregeln der kriegführenden Staaten und
die Rechte der Neutralen .'.... 13—18
h) Schluss von der Notwendigkeit und Tauglichkeit der an-
gewandten Mittel auf ihre Rechtmässigkeit 18 — 24
§ 5. Art. 23 h der Landkriegsordnung 24—29
Zweites Kapitel
Vorliältnis von Yölkerrecbt und Landesrecht
(als Mittel zur Nichterfüllung völkerrechtlicher Verbindlichkeiten).
§ 6. Der Standpunkt der englischen Rechtslehre und -praxis 30—33
a) Die ältere englische Eechtslehre 30—31
bj Die jüngere englische Eechtslehre of"^^
c) Der Standpunkt der Gerichte 33
§ 7. Der Standpunkt der englischen Regierung ' . . 34—44
a^ Die Auseinandersetzung mit der Regierung der Vereinigten
Staaten über die Verbringung neutraler Schiffe in eng-
lische Häfen 34—40
b) Die Auseinandersetzung mit der gleichen Regierung über
das Verbot des Handels mit dem Feinde (Schwarze Listen u. a.) 40—43
c) Die Haltung der englischen Regierung im amerikanischen
Bürgerkriege 43—44
Drittes Kapitel
Die Tölkerreelitliclie Bedeutung der englischen
Seekriegshestimniunuen über Beiveislast und
BeweisTerrautungen.
§ 8. Die Auffassung der Regierung Englands und der Vereinigten
Staaten in ihrem diplomatischen Schriftwechsel .... 44—55
§ 9. Die völkerrechtliche Bedeutung des Schriftwechsels .... 56—58
aj Der Trentfall 56—57
b) Rechtliche Würdigung 57—58
YIJJ Inhaltsverzeichnis
Seite
Viertes Kapitel
Die üiizulässigkeit der britisclieii Seeliriegsmass-
iialimen in englisclier Beleuclituiig.
Zusammenfassung der Rechtsgrundsätze in den britischen
Seekriegsmassnahmen 59—60
§ 10. Die englische Stellungnahme im Burenkriege und im amerilia-
nischen Bürgericriege 60—75
a) Die englische Stellungnahme im Buvcnkriege gegenüber
Deutschland 60-62
b) Die angebliche und wirkliche Haltung Englands im Spring-
bokfall 62-65
c) Sonstige Stellungnahme Englands im amerikanischen ^
Bürgerkriege 66—75
§ 11. Die englische Stellungnahme im französisch-chinesischen Kriege
1885, im japanisch-russischen Kriege 1904 und bei den Ver-
handlungen über die Ratifikation der Londoner Deklaration 75—89
a) Der englische Standpunkt im franz. -cliincsisclion Kriege 1885 75 — 77
b) Der Standpunkt der englischen Regierung im russisch-japa-
nischen Kriege 1904 j • • 77—82
c/i Der Fall des englischen Schiffes Oldhamia in diesem Kriege 82—84
dl Der Standpunkt der englischen Regierung bei den Verhand-
lungen über die Ratifikation der Londoner Deklaration mit
den ihr widerstrebenden englischen Handelskammern . . 84—86
e) Rechtliche Würdigung 86—89
Fünftes Kapitel
Die Üiizulässigkeit Ijritischer Laiidkriegsmass-
iialiiiieii in englischer IJeleuclitung.
§ 12. Die englischen Gesetze über die Heranziehung russischer
Staatsangehöriger zum englischen Heeresdienste .... 91—96
§ 13. Der überlieferte englische Standpunkt über die unverletzliche
Rechtsstellung der eingewanderten Fremden 96—99
Sechstes Kapitel
Die Vergewaltigung Grrieclienlands und der
Einmarsch in Belgien.
§ 14. Vergewaltigung Griechenlands 99 — 102
§ 15. Einmarsch in Belgien 102—104
Siebentes Kapitel
Schlussbetrachtung.
§ 16. Die praktisch-politische Bedeutung von Staatsverträgen . . 104—106
§ 17. Charakteristik des englischen Wesens 106—110
§ 18. Folgerungen und Ausblicke 110—116
Anhang. Aus Brewer: Rechte und Pflichten der Neutralen, Kap. XV 117—120
Literatur-, Namens- und Fall-Verzeichnis 121 — 138
Zusammenstellung der im Text benutzten, insbesondere englischen
Parlaraentspapiere und sonstigen amtlichen Veröffentlichungen 139 — 143
Rechtsquelleu • 143—144
Sachregister 145— -149
Erstes Kapitel
Gibt es verbindliche Völkerrechtssätze?
,üii(l diese Idee- (der Menscliheit) „muss, wenn das Völker-
recht wirklich Recht sein und sich fortentwickeln soll, auch
gegenwärtig und in Zukunft als rechtlich massgebliches Prinzip
anerkannt werden. Jede von irgendeiner Seite vorgebrachte
vertretene völkerrechtliche Norm, jedes internationale Verhalten
muss der Prüfung unterworfen sein, ob bei allgemeiner An-
wendung und Beobachtung die gedeihliche Existenz und
Fortentwicklung der gesamten Menschheit nicht nur möglich,
sondern wahrscheinlich ist, einer Prüfung, bei welcher die
Tradition, die oftmals erfolgte Beobachtung oder
Billigung Berücksichtigung verlangt"').
Ludwig V. Bar, Archiv, 158.
§ 1
Einleitende Bemerkungen.
Die neutralen und die kriegführenden Mächte haben sich in
ihren zahlreichen Veröffentlichungen zum Krieg für die von ihnen
eingenommenen, sich widersprechenden Standpunkte auf das
Völkerrecht berufen und die von ihnen zurückgewiesenen Hand-
lungen als völkerrechtswidrig bezeichnet. Dieser Streit der
Meinungen ist ein Streit über Völkerrechtssätze ; deren Feststellung
ist einhellig überhaupt kaum möglich. Ist schon in jedem ernsten
Zivil- oder Strafprozess die Entscheidung zweifelhaft, und die
innere Anerkennung der schliesslich vom Gericht getroffenen Ent-
scheidung abhängig von dem Standpunkt des Anerkennenden, wie
ihn vielfach sein Interesse bestimmt, so ist die Stellungnahme zu
dem über das bekannte Mass weit hinausragenden Kriegsverfahren
von der in den genannten Verfahren grundsätzlich nicht ver-
schieden. Hier wie dort muss davon ausgegangen werden, dass
oft Tatbestand wie Rechtssatz mehrdeutig sind, und dass vielfach
') Die Hervorhebung der {luicli Druck hervorgehobenen Stelleu stammt
yom Verfasser, wenn nicht ausdrücklich etwas anderes gesagt ist.
Bendix, Vülkerrechtsverletzungen 1
2 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche Völkerrechtssätze?
keine Brücke von der Deutung des einen Interessenten zu der
seines Gegeninteressenten führt. Während aber in der innerstaat-
lichen Gesetzgebung eine formell allgemein anerkannte Satzung
gegeben ist, fehlt es an e'iner solclien vielfach im Völkerrecht;
und wenn wirklich in Staatsverträgen, die keine Klauseln ent-
halten, die ihre Wirksamkeit wieder aufheben, zweifelsfreie ge-
setzliche Grundlagen gegeben zu sein scheinen, dann werden diese
wiederum durch die allgemeinen Grundsätze des Rechts der
Kriegführung oder des Rechts der Selbsterhaltung in
Frage gestellt.
Ist es doch keine Seltenheit, dass eine Kriegspartei ihr an-
gefochtenes Verhalten als notwendige Fortbildung des Völkerrechts
in Anspruch nimmt, was von der dadurch betroffenen Gegen-
partei als ein Rechtsbruch mit mehr oder weniger starken
Worten gebrandmarkt wird, und dass diese alsbald in gleicher
Weise verfährt und beurteilt wird. Die in ihren Interessen sich
beeinträchtigt fühlenden Neutralen verneinen die Möglichkeit einer
solchen nach ihrer Meinung einseitigen Fortbildung des Kriegs-
rechts auf ihre Kosten und können doch vielleicht nicht in Ab-
rede stellen, dass bei der erforderlich gewordenen künftigen Neu-
ordnung als nunmehr geltendes Recht anerkannt werden wird,
was sie als unrecht zurückgewiesen haben.
Das Völkerrecht entwickelt sich also, wie es jedes Recht tut,
auch, und ganz besonders, durch Rechtsverletzung-). Der Rechts-
brecher kann der Prophet einer neuen und der Toten-
gräber einer alten Zeit sein; sein Tun kann dadurch ver-
letzten Grundsätzen zu neuem Glänze verhelfen oder neue Grund-
sätze aufstellen. Das mehr oder weniger dringende Interesse
hat noch immer die Handlungen bestimmt und zur Behauptung
ihrer Rechtmässigkeit geführt, das Interesse hat noch immer den
Splitter im Auge des Gegners erkannt und gegen den Balken im
*) Ganz anders und grundsätzlicii vmbaltbar Eltzbacher, für den es
keine Völkerrecbtsverletzungen, ja eigentlich überhaupt keine Rechtsverletzungen
gibt, weil sie bereits neues „lebendes" (?!) Recht sein sollen. Aebnliche Aeusse-
rungen bei Grafton Wilson, passim. Siehe dagegen Root 393, Fricker (1872)
359, (1878) 384, von Bar, Bnrenkrieg 60 und Archiv 145; dagegen Schoen,
den wieder Nelson widerlegt. Bruno Schmidt 214 fg. : „Die Verletzbarkeit
des Rechts liegt notwendig im Begriffe des Rechts, das Vorhandensein von Un-
recht ist . . . geradezu Voraussetzung der Annahme von Recht".
§ 1. Einleitende Bemerkungeü 3
eigenen Auge blind gemacht, und jede der Parteien wird dieses
von der anderen behaupten, • wenn sie überhaupt auch nur das
Vorhandensein eines Splitters im eigenen Auge gesteht. Ein
solches Zugeständnis ist von keiner Kriegspartei erklärt worden,
bis auf die bekannten Erklärungen des deutschen Reichskanzlers
über den Einmarsch in Belgien. Es fragt sich freilich, ob nicht
in der Behauptung einer Fortbildung des Völkerrechts, in der
stets wiederkehrenden Verweisung auf die veränderten Verhält-
nisse des modernen Krieges stillschweigend ein Widerspruch des
verteidigten Tuns mit den anerkannten, bis dahin geltenden Regeln
des Völkerrechts ausgesprochen und damit zugleich auch deren
Verletzung angenommen wird. Die Entscheidung dieser Frage
wird sicherlich von offenen oder geheimen Interessengesichtspunkten
bestimmt werden, wenn auch der Entscheidende sich darüber viel-
leicht selbst nicht klar wird.
Aber der im folgenden gelegene wichtige objektive Gesichts-
punkt ist doch bei der Entscheidung zu beachten : Es ist das tra-
gische Schicksal des Rechts, dass es immer den Tatsachen nachhinkt.
Jede Rechtssatzung kann immer nur den im Augenblick der Rechts-
schaffung gegebenen und aufgegebenen Sachverhalt regeln ; sie will
nur dieses und kann gar nichts anderes wollen, weil kein Gesetz-
geber die Zukunft vollständig vorwegnehmen kann. Machen neue
Verhältnisse neue Satzungen nötig, so mögen und können solche
gefordert und auf dem früheren Wege erlassen w^erden. Die alte
Satzung ist so lange auch im Widerspruch zu den neuen Verhält-
nissen Rechtens, als sie nicht in ordnungs massig er Weise einer
neuen Platz gemacht hat. Völkerrecht entsteht aber nur durch
übereinstimmenden Verkehr der Staaten untereinander (Staaten-
praxis) und formelle Abmachungen. Beide zusammen sind Aus-
fluss einer bestimmten Rechtsüberzeugung, die bei Stellungnahme
zu Auslegungs fragen und staatlichen Verhaltungsweisen von Be-
deutung ist, insbesondere w-enn Zeugnisse dieser Rechtsüberzeugung
aus einer Zeit vorhanden sind, aus der noch kein besonderes In-
teresse eine bestimmte Antwort erheischte. Als derartige Zeug-
nisse kommen insbesondere die Lehrmeinungen der Rechtsgelehrten
des betreft'enden Landes, seine Gerichtsentscheidungen und die
Äusserungen seiner diplomatischen Vertreter aus der genannten
Zeit in Betracht.
1*
4 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche Völkerrechtssätze?
Wird vorläufig einmal unterstellt, dass sich durch Benutzung
dieser objektiven Zeugnisse als zweifelsfrei allgemein anzu-
erkennende Völkerrechtssätze feststellen Hessen, so ist indessen
noch zu beachten, dass es auch ausserrechtliche Handlungen
der kriegführenden Staaten gibt, die überhaupt in Rechtssätze nicht
eingeordnet werden können. Die Besetzung eines Landes ist eine
Kriegshandlung, seine Annexionserklärung und die Annexion sind
Rechtshandlungen, durch die völkerrechtliche Vertragsverpflich-
tungen verletzt werden können. Das Verbot der Ausfuhr nach
neutralen Ländern kann ein unfreundlicher politischer und un-
menschlicher Akt sein und als politisches Druckmittel benutzt
werden, völkerrechtswidrig wird es erst, wenn es bestimmten
Vertragspflichten zuwiderhandelt. Die Staaten der Völkerrechts-
gemeinschaft sind wie die Individuen zum Rechtsverkehr nicht
verpflichtet, wenn nicht besondere Verbindlichkeiten nach dieser
Richtung übernommen sind, wie dies zumeist in den Handels-
verträgen geschehen sein wird.
Die Entscheidung der Frage, ob bestimmte völkerrechtliche
Rechtssätze eigentlich in den vielen Rechtskonflikten des Welt-
krieges gelten, wekhe dies sind, und wie sie in den einzelnen
Konflikts fällen auszulegen sind, wird entsprechend der Stellung-
nahme zu den vorstehenden Ausführungen verschieden ausfallen.
Die folgenden Darlegungen bauen sich auf den vorgenannten
Zeugnissen auf und erwarten Zustimmung nur von denen, die
einen nach Objektivität strebenden Ausgangspunkt für gerecht-
fertigt erachten.
§ 2
Die massgebenden YölkeiTOchtssatzungen.
Als massgebende Völkerrechtssatzungen kommen die Haager
Abkommen, die Londoner und die Pariser Deklaration in Betracht.
a) Haag er "Ab kommen. Eine vollständige Übereinstimmung
aller Signatarmächte ist nicht erzielt: es gibt kaum einen Ver-
trag, zu dem nicht ein Vertragsstaat einen Vorbehalt erklärt hat,
und nicht einen, in dem sich nicht die Allbeteiligungsklausel ^)
*) „Die Bestimmungen dieses Abkommens sind nur unter den vertrag-
schliessenden Mächten anwendbar und nur dann , wenn alle Kriegfniirenden
sämtlich Vertragsparteien sind". Vgl. hierzu Anm. 18.
§ 2. Die massgebenden Völkerrechtssatzungen 5
findet, die zur Ungültigkeit der Konvention füliren müsste, weil
die Kriegführenden nicht sämtlich Vertragsparteien sind. Aber
wenn selbst die formelle Uuverbindlichkeit aller Haager Abkommen
von 1907 angenommen würde, die ja vielfach in der Literatur
imd in diplomatischen Schriftstücken der kriegführenden Staaten
vertreten wird, die Haager Vereinbarungen haben, über die Frage
ihrer formellen Verbindlichkeit liinaus, eine viel weitertragende
Bedeutung. Sie sind der Ausdruck der allgemeinen Rechtsüber-
zeugung unserer Kulturstaaten; die Berufung auf sie ist der
Appell an die erklärte Rechtsüberzeugung der Kulturstaaten und
erübrigt den Nachweis des geltend gemachten Rechtssatzes aus
der Staatenpraxis. Wenn deshalb auch die kriegführenden Staaten
je nach dem Interesse, das sie vertreten, die Unverbindlichkeit
der Haager Abkommen oder des gerade in Betracht kommenden
Vertrages ausdrücklich hervorheben oder auch nur zaghaft an-
deuten oder ganz dahin gestellt sein lassen, so hindert sie das
nicht, sich auf die Haager Abkommen zu berufen, wenn sie ein
bestrittenes Recht verteidigen oder die Rechtsverletzungen des
Gegners beweisen wollen, wie auch die neutralen Staaten grund-
sätzlich unangefochten die Bestimmungen der Haager Ab-
kommen zur Rechtfertigung ihres Standpunktes anführen. Die
Haager Abkommen sind also die öffentliche Meinung der Regierungen
und somit Völkerrecht, wenn anders die Begriffsbestimmung
Hollands richtig ist, nach der Völkerrecht ist
„die allgemeine Überzeugung der Regierungen der zivilisierten Welt von den
Rechten, durch die jeder Staat gerechtfertigt sein würde, der zu ihrem
Schutze seine Zuflucht zu den Waffen nähme" *).
Diese Sach- und doch auch Rechtslage bringen die Einleitungs-
worte der meisten Haager Konventionen zum klaren Ausdruck.
') Studies 194. Vgl. auch Westlake 3, II 145 und Lawrence, Principles
665, ebenso Phillipson, Great War 351 und Effect of war 5, Eysinga
(1915) 67, (1916) 96, Stier-Souilo 125. Für unsere Betrachtungen genügt
schliesslich auch die als solche recht zweifelhafte Begriftsbestimmung Woodrow
Wilsons 455: „Das Völkerrecht ist ein Recht, das auf den ungeschriebenen
Grundsätzen des Rechttuns, der Gerechtigkeit und der Rücksichtnahme beruht,
die eine so allgemeine Zustimmung im Gewissen der Völker und eine 'so all-
gemeine Annahme in den Moralbegriffeu der Menschen überall gefunden haben,
dass man sie als Naturgesetz bezeichnen kann, die jedoch ethischen Grund-
sätzen viel näher stehen, als dem wirklichen Recht". Das Entscheidende ist,
dass diese Grundsätze allgemciu anerkannt werden, und dass Zuwiderhandluugeu
gegen sie als Rechtsverletzung empfunden und bezeichnet werden.
6 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche Völkerrechtssätze?
Nach diesen soll nicht neues Recht geschaffen, sondern es sollen
anerkannte Bestimmungen und Gewohnheiten enger umschrieben
und klarer ausgedrückt werden. Wenn also später Bestimmungen
der Haager Abkommen bei der Beurteilung völkerrechtlich erheb-
licher Massnahmen der Ententestaaten zugrunde gelegt werden,
so kann ganz dahin gestellt bleiben, ob diese Bestimmungen for-
mell verbindlich sind. Ihre Anwendung als Bcurteilungsmassstab
hat bei Annahme ihrer formellen Unverbindlichkeit alsdann die
Bedeutung, dass sie Übereinstimmung mit oder Abweichung von
der allgemein anerkannten Rechtsüberzeugung erkennen lassen. Im
Verkehr der Staaten untereinander ist dies vielleicht wichtiger,
als ein formell gültiger Rechtssatz, dessen Inhalt und Tragweite
von dem interessierten Staate bestritten werden kann und wird,
wie dies beim Artikel 23 h geschehen ist. (Siehe unten § 5.)
b) Londoner Deklaration. Die vorstehenden Ausführungen
gelten entsprechend auch für die Londoner Deklaration, obgleich
sie mangels Ratifikation formell überhaupt völkerrechtlich un-
gültig ist^).
In der Note von Sir Edward Grey an den schwedischen
Gesandten Grafen Wrangel vom 31. Januar 1916^) heisst es
wohl unter Nr. 7:
„Ich lasse als gänzlich unerheblich das Argument beiseite, das sich auf
die Londoner Deklaration gründet" . . .
Aber in der Erwiderung vom 11. Februar 1916 wird geltend
gemacht :
„Was die Londoner Deklaration anlangt, so wird genügen, daran zu
erinnern, dass sie zu London unterzeichnet ist, und zwar auf die Initiative
Grossbritannieus hin, und in den Eingangsworten bestätigte, „dass die darin
enthaltenen Regeln im wesentlichen den allgemein anerkannten Grundsätzen
des internationalen Rechts entsprechen". Diese Behauptung, welche die Re-
gierung Seiner Britannischen Majestät gewiss nicht in Abrede stellen wird, ist
als Regel bekanntlich unbestreitbar".
c) Pariser Deklaration. Die Rechtsgültigkeit der Pariser
Deklaration steht ausser Zweifel, obgleich sie von England nicht
ratifiziert worden ist und sich dort wirklich ein politischer Schrift-
') Vgl. statt vieler Stier-Somlo 127 ff.
6) Mise. Nr. 28 (1916) Cd. 8322, 10 und 13 (vgl. auch 9 und 13 in bezug
auf die Geltung der XI. Haager Konvention). Siehe auch Nr. 9 Memorandum
vom 12. 10. 16, Mise. Nr. 2 (1917) Cd. 8438.
§ 2. Die massgebenden Völkerrechtssatzungen 7
steiler') gefunden hat, der deshalb ihre völkerrechtliche Unver-
bindlichkeit behauptet hat. Es genügt, T.E.Holland zu zitieren,
der sagt:
„Es kann nun kaum zweifelhaft sein, dass die Bestimmungen, die in
der Pariser Deklaration von 1856 getroffen sind, — möglicherweise mit Aus-
nahme des Verbots der Kaperei — durch die allgemeine Annahme während
60 Jahren, verstärkt durch ausdrücklichen Beitritt so vieler Regierungen,
ein Teil des internationalen Rechts und daher auch für Grossbritannien, trotz-
dem die Ratifikation der Deklaration unterlassen wurde, bindend geworden
sind Bei diesem frülieren Versuche der Gesetzgebung für die Krieg-
führung scheint es für ausreichend erachtet worden zu sein, dass die Abschlüsse,
zu denen die amtlichen Delegierten gelangt sind, veröffentlicht wurden, ohne
in einen Vertrag aufgenommen zu sein" ®).
Warum das Verbot der Kaperei möglicherweise ausgenommen
sein soll, begründet Holland nicht weiter. Er kann es wohl
auch nicht ''). w^eil hier, wie so häufig, der Wunsch der Vater des
Gedankens ist, und die als solche erkannte Möglichkeit, im gegen-
wärtigen Kj"ieg eine von der Regel abweichende Handlung be-
gehen und verteidigen zu sollen, zur Erweckerin des Zweifels an
der Geltung einer solchen lästigen Regel geworden sein dürfte.
Man braucht ja nur die englische Deklaration vom 29. März 1854
und die an den entscheidenden Stellen gleichlautende noch gültige
Order in Coimcil vom 15. April 1854 ^°) und die französische De-
klaration vom 29. März 1854, welche zur Pariser Deklaration
') Bowles, Declaration, besonders Ch. XII.
*) Supplement, Brief vom 13. August 1916, p. 33, und schon 1905 in Neu-
tral Duties p. 9 und 10 unter Aufgabe des noch in Nr. 142 des Manual ver-
tretenen, die Rechtsverbindlicbkeit der Pariser Deklaration erheblich einschrän-
kenden Staudpunktes.
') Siehe Ti verton 5, Latifi 90ff., Ben t wich, Private property 15,
Lushington. Introduction X, Scott, Cases 900, Cobbett vol. I 10, vol.
II 393. Holland denkt vielleicht an sec. 39 der Naval Prize Act 1864:
„Jedes Schiff oder Gut, das als Prise durch die Offiziere und Mannschaften
eines anderen Schiffes als das eines Kriegsschiffs Ihrer Majestät ge-
nommen ist, soll . . .". Doch damit ist über die völkerrechtliche Zulässigkeit
der Kaperei nichts gesagt. Wegen ihrer Unzulässigkfeit ist denn auch sec. 39
nicht praktisch geworden. Sec. 39 ist nur das Ueberbleibsel einer alten unan-
wendbar gewordenen Regel, wie sie schon die Proklamation Karls I. 1625
(bei Snow 463) enthält.
*") Supplement to the London Gazette 8. March 1854. Vgl. Niemeyer
Teil II 65, abgedruckt auch bei Holland, Manual 119 im Anschluss an Nr. 142.
Holland hat anscheinend die Fortgeltung dieser Order nicht beachtet, die
Lord Evans im Fall Möwe (Prize Gases 71) annimmt, und die eine formelle
Ratifikation der Deklaration erübrigte, da seine Bestimmungen durch die Order
bereits Landesrecht geworden waren.
8 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche Völkerrcchtssätze?
führt, zu beachten, um zu erkennen, dass ihre berühmten vier
Regeln insgesamt nicht angezweifelt werden dürfen. In der grund-
legenden englischen Deklaration vom 28. März 1854 heisst es :
„. . . . sie (Ihre Majestät) imiss das Recht des Kriegführenden aufrecht
erhalten, Neutrale daran zu hindern, jede effektive Blockade zn brechen,
welche mit einer ausreichenden Macht gegen des Feindes
Festungen, Häfen oder Küsten aufrecht erhalten wird.
Aber Ihre Majestät will das Recht aufgeben, feindliches Gut in
Beschlag zu nehmen, das sich an Bord neutraler Schiffe befindet,
mit Ausnahme von Kriegskouterbande.
Es ist nicht Ihrer Majestät Absicht, mit Ausnahme von Kriegskonterbande
die Konfiskation neutralen Gutes in Anspruch zu nehmen, das
sich auf feindlichen Schiffen befindet; und ferner erklärt Ihre Ma-
jestät, dass ... es ihre Absicht gegenwärtig nicht ist, Kap erb riefe aus-
zustellen".
Der amerikanische Gesandte in London, Mr. Page, sagt in
seiner Note vom 5. November 1915 unter Nr. 19^'):
„Die Deklaration von Paris aus dem Jahre 1856, welche allgemein als
eine zutreffende Fassung des internationalen Rechtes über Blockade anerkannt
worden ist ..."
ein Ausspruch, der in der eingehenden Erwiderung des Memoran-
dums vom 24. April 1916 unter Nr. 35 als solcher nicht zurück-
gewiesen, sondern als zutreffend unterstellt worden und damit
nach der gründlichen Art" des diplomatischen Schriftwechsels an-
erkannt worden ist.
Schliesslich mag hier auch noch die diplomatische Antwort
Greys auf die Frage Ton Lord Beresford Platz finden, die dieser
am 8. Dezember 1915 im House of Commons stellte,
„ob er bemerkt habe, dass Seiner Majestät Regierung beliauptet habe, die
Order in Council vom 11. März 1915 berühre nicht die Geltung der Pariser
Deklaration von 1856, der Londoner Deklaration von 1908, der 14 Haager
Abkommen von 1907 und alle die juristischen Feinheiten, die sich
auf Konterbande und das Recht der Kaperei zur See beziehen ; oder ob er be-
merkt habe, dass gemäss dieser Behauptung Seiner Majestät Regierung erklärte,
die Deklaration von London habe keine internationale Geltung, und ob er
dem Hause auseinander setzen wolle, welche der erwähnten Deklarationen etc.
gültig, und welche ungültig seien?"
Grey erwiderte:
„Die Geltung oder Ungültigkeit der erwähnten Urkunden hängt von den
Vorschriften der Urkunden selbst ab, auf die ich den edlen Lord wegen der
") Mise. Nr. 15 (1916) Cd. 8234, Nr. 1 und 2.
§ 3. Rcchtslehrer, Gerichte, Diplomatie 9
Informationen verweisen nuiss, die er wünscht. Ihre Geltung ist, Avas
sie immer gewesen ist. Die Deklaration von London hat niemals als
eine Konvention irgendeine Geltung gehabt , weil Artikel 67 die Ratifikation
vorsieht, und die Deklaration niemals ratifiziert wurde" ^^).
Man muss doch aus dem Gegensatz der beiden letzten Sätze
schliessen, dass die in der Frage genannten völkerrechtlichen Ab-
machungen mit Ausnahme der Londoner Deklaration von Grey
als gültig anerkannt sind, wenn auch nicht verkannt werden kann,
dass Grey seine sehr vorsichtigen Worte noch dahin auslegen
kann, auch die übrigen Abkommen oder doch einzelne von ihnen
seien nicht immer für gültig gehalten worden, und insoweit und
deshalb habe er ihre Geltung auch nicht anerkannt.
Wie nach den wiedergegebenen Äusserungen an der Geltimg
aller Bestimmungen der Pariser Deklaration kein Zweifel bestehen
kann, so werden auch die Ausführungen zu a und b durch die
Ansichten bestätigt, welche die Rechtslehrer, die Gerichts-
entscheidungen und diplomatische Schriftstücke der Ententestaaten
und der Neutralen vortragen.
§ 3
Die Ansichten der Reebtsl ehrer: (Gerichtsentscheidungen und
diplomatische SchriftstUclie.
a) Die Ansichten in den diplomatischen Schriftstücken.
In Nr. 9 des wichtigen an die Vereinigten Staaten gerichteten
3Iemorandums Frankreichs und Englands vom 12. Oktober 1916
— Mise: 2 (1917) Cd. 8438 — -wird erklärt,
„. . . dass -durch diese verschiedenen Gründe (6 kriegführende Mächte
haben nicht gezeichnet und ratifiziert, Deutschland habe unter Bezugnahme
auf Art. V die Verbindlichkeit der Bestimmungen verneint) das Abkommen
(U. Haager Abkommen von 1907), um die Wahrheit zu sagen, nur einen ziem-
lich zweifelhaften gesetzlichen Wert darstellt. Trotz alledem sind die
verbündeten Regierungen von den Absichten erfüllt, welche bei
den Verhandlungen zu Haag geäussert und in den Eingangs-
worten des Abkommens 11 anerkannt wurden. . . . Die verbündeten
Regierungen haben sich zurzeit nicht geweigert, die vernünftig ausgelegten
Bestimmungen des Abkommens zu beobachten, aber sie haben nicht anerkannt
und würden nicht anerkennen . dass in ihm eine endgültige gesetzliche Ver-
pflichtung gelegen sei, der sie sich nicht entziehen dürften. Die verbündeten
^) Times doc. bist. 400,
10 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche Vöikerrechtssätze?
Regierungen behielten sicii ausdrücklich die Freiheit, es zu tun, für
den Fall vor, dass die Missbräuche und Betrügereien des Feindes,
seine Verstellungs- oder seine Täuschungskünste diese Mass-
nahmen notwendig machen würden'^).
Es ist zu beachten, dass es sich um eine Parteierklärung
handelt, deren berechtigter Kern oben allgemein ausgesprochen
ist und ihre im Druck hervorgehobenen Bedingungen als unbe-
gründet ergibt. Derartige Vorbehalte sind in jedem ernsten Streite
üblich, um nicht die Unrechtraässigkeit des eigenen Tuns bekennen
zu müssen, und um die Berechtigung der eigenen Handlungsweise
nach aussen vertreten zu können. Es kommt auch vor, dass eine
Partei von einem derartig vorbehaltenen Rechtsstandpunkt schliess-
lich selbst überzeugt ist und ihn gegen eine Welt von Gegnern
und gegen die überzeugende Kraft von Gerichtsurteilen verteidigt,
ohne dadurch irre zu werden, dass sie selbst in anderem Zusammen-
hange grundsätzlich einen entgegengesetzten Standpunkt mit gleicher
Überzeugungskraft vertreten hat. Die hervorgehobenen Vorbehalte
besagen, dass die verbündeten Regierungen sich mit Rücksicht
auf die Eingangsworte der XI. Haager Konvention nach dieser
richten wollen, als wenn sie verbindlich wäre, vorausgesetzt, dass
sie vernünftig ausgelegt wird — nicht vernünftig ist natürlich,
was dem eigenen Bedürfnis widerspricht — , und dass nicht ein
Abgehen von diesen Bestimmungen durch Missbräuche und Betrugs-
handlungen des Feindes notwendig würde, dass also durch
ausserordentliche Umstände auch ausserordentliche Massnahmen
gerechtfertigt würden. In der Note der englischen Gesandtschaft
an den schwedischen Minister für auswärtige Angelegenheiten
vom 14. Oktober 1916^*), also genau um dieselbe Zeit, wie
die, zu der die vorhin erwähnte Note abgefasst ist,
heisst es nun gegen die Rechtfertigung der Kogrundsperre durch
die schwedische Regierung:
„Die schwedische Note vom 9. September betrachtet es als „unzulässig",
dass die Vereinbarungen eines Vertrages zu Kriegszeiten die vertragschliessenden
Mächte hindern könnten, die Ausnahmemassregeln zu treifen, welche durch
") Vergleiche die selbstverständliche Unterstellung der Anwendbarkeit der
Londoner Deklaration in der holländisch-deutschen Korrespondenz vom April des
Jahres 1915 in Overzicht 1914/15 S. 1 ff . ixnd ebendoit 1915/16 S. 11, siehe auch
Mededeelingen S. Uff.
") Mise. Nr. 8 (1917) Cd. 8478 S. 7 Nr. 2 Abs. 4.
§ 3. Kechtslclirer, (Berichte, Diplomatie H
die Uinstäiidc iiotweiulig geworden sind. Aber das ist eine Lelire, die von
der Regierung eines neutralen Staates angerufen zu sehen unerwartet ist, und
die nur unter den ausdrücklichsten Vorbehalten von der Regierung Seiner
Britannischen Majestät zugelassen werden würde '*)".
b) Die Ansichten In den Gerichtsentscheidungen.
Lord Evans sagt nicht gerade ermutigend in dem am 9. No-
vember 1914 von ihm entschiedenen Falle „Möwe" (Prize Cases 73):
„Wann immer ein ausw<ärtiger Feind sich denkt, dass er unter einem der
Haager Abkommen von 1907 zu irgendeinem Schutze oder zu einer Unter-
stützung berechtigt sei, so soll er berechtigt sein, als Kläger zu erscheinen
und seinen Anspruch vor dem Gerichtshof auseinander zu setzen. In Artikel 3
des 6. Haager Abkommens, dem Deutschland nicht zustimmte, und von dem
seine Bürger keinen Nutzen ziehen können . . .",
ein Gesiclitspunkt, den auch der französisclie Prisengerichtshof im
Falle des „Zaren Nikolaus 11."^^) in gleicher Anerkennung der
Anwendbarkeit dieser Haager Konvention geltend macht, und der
Evans nicht hindert, darzulegen, aus welchen Gründen nach seiner
Meinung Artikel 3 nicht gegeben sei. Wenn dieser hervorragende
Jurist an anderer Stelle der gleichen Entscheidung vorsichtig
ausführt :
„Es würde kaum wünschenswert scheinen, dass die Nichtratifikation
durch diese Mächte (Montenegro und Serbien) die Anwendbarkeit der See-
abkonimen aufheben würde",
und den Rat hinzufügt:
„Es mag sein, dass die Ratgeber, welche die Verantwortlichkeit für die
Beratung der Krone haben, es richtig finden, zu raten, dass durch Proklamation
oder anderweitig unser Land erklären sollte, es wolle den Abkommen, ob sie
nun nach ihrem Wortlaut wirklich bindend seien oder nicht,
Folge geben",
^^) Auf den Unterschied des Tons in den an die Vereinigten Staaten ge-
richteten Noten von den an Schweden gerichteten mag hier nur nebenher hin-
gewiesen werden ; dort verbindlich und entgegenkommend, hier scharf, hoch-
fahrend bis zur Grobheit, herausfordernd bis zur Drohung.
'®) D^cisions 12. Beide Entscheidungen beachten freilich bei diesem Ge-
sichtspunkte nicht, dass die Wirksamkeit eines derartigen Vorbehaltes von dem
Verhältnis des Völkerrechts zum Landesrecht abhängig ist, und zu prüfen ge-
wesen wäre, ob denn der völkerrechtlich erklärte Vorbehalt auch landesrechtlich
wirksam gewesen wäre, wenn dieses die Konvention vorbehaltlos eingeführt
hätte. Das gilt auch für die Entscheidungen in den interessanten drei gleich-
artigen Entscheidungen des englischen Prisengerichtshofes zu Alexandria,
Gutenfels, Barenfels f und Marquis ßacquehem (Prize Cases 102, 122, 130), in
denen auch die Gültigkeit der Haager Konventionen anerkannt wird.
12 Erstes Kapitel: Cübt es verbindliche Völkerrechtssätze?
SO kann und muss aus dem Vergleich dieser grundsätzlichen Vor-
behalte mit der darauffolgenden wirklichen Anwendung der Be-
stimmungen geschlossen werden, dass Lord Evans, wie die eng-
lische und französische Regierung (vgl. § 3 a), auf dem hier dar-
gelegten Standpunkt steht, jedenfalls noch zur Zeit der Entscheidung
im November 1914. Dass sich im Laufe der Kriegsentwicklung
die Ansichten ändern und den neu auftretenden Bedürfnissen folgen,
ist eine Erscheinung-, der wir häufiger begegnen werden, die aber
an der ursprünglichen Rechtslage nichts ändern kann.
c) Die Ansichten der Völlterrechtslehrer.
Der ausgezeichnete Völkerrechtslelirer John Westlake sagt
in dem von Oppenheim herausgegebenen Werke ^'):
„Da ist in der Tat (über die Einleituugsklausel zur Londoner Dekla-
ration) keine wirkliche Meinungsverschiedenheit, denn wenn die Bestimmungen,
welche in der Deklaration enthalten sind, von den Unterzeichnern nicht
als solche des internationalen Rechts angesehen worden wären, so könnten
sie nicht von ihnen als eine Vorschrift angesehen werden, wie sie
Artikel 7 der Konvention erfordert. Die Deklaration ist deshalb ein feier-
licher Ausdruck dessen, was die zehn Mächte in diesem Jahr 1910 über
die in ihr geregelten Punkte als internationales Recht angenommen
haben, und insoweit wird sie durch keine Kündigung abge-
schwächt oder berührt. Eine Kündigung wird den Vertrag insoweit
aufheben, aber die Deklaration wird als eine historische Tatsache,
anführbar selbst gegen den Kündigenden, bestehen bleiben".
In gleich bestimmter Weise sagt T. E. Holland ^^) über die
IV. Haager Konvention (Landkriegsordnung):
„Dieses Abkommen mit seinem angefügten Reglement mitbestimmten
andern diplomatischen, alsbald zu erwähnenden'Akten, auf die es sich bezieht,
zusammengenommen, darf wohl als eine annähernd vollständige Fest-
stellung des internationalen Landkriegsrechts angesehen werden.
Es dürfte vielleicht nicht unpassend als der „Haager Landkriegs-Kodex" be-
zeichnet werden".
") Westlake, Collected papers 646. Siehe auch Borchard 256 ff', und
Norman Bentwich, Declaration 26 und 41.
^*) Laws of War, p.3; ebenso Phillipson, Great War, p. 158: „. . . wenn
wir uns erinnern, dass fast alle (Haager) Abkommen in einer mehr systema-
tischen Form Regeln und Gewohnheiten des Kriegs zusammenfassen, die lange
vor den Haager Verhandlungen bindende Kraft besassen, müssen
wir ohne Zögern das Argument der deutschen Verteidiger der Unverbindlichkeit
der Abkommen wegen der Allbeteiligungsklausel zurückweisen als ein Mittel
und eine unwirksame Entschuldigung, um gesetzwidriges Verhalten zu decken".
§ 4. Grundsätzliche Einwendungeü 13
§ 4
(xruiidsätzliehe Eiinveiidiiiigeu gegen die Anwendbarkeit
verbindliclier ViUkerreclitssätze.
Aus einem Teil der vorstellenden Zitate treten gegen die
Anwendbarkeit verbindlicher Rechtssätze grundsätzliche Einwände
hervor, die eine besondere Rolle im Seekriegsrecht spielen, aber
auch von ganz allgemeiner Bedeutung sind.
a) Vergeltungsmassnahmen der kriegführenden Staaten und die Rechte
der Neutralen.
Es handelt sich um die grundlegende Frage, ob und inwie-
weit die Vergeltungsmassregeln der kriegführenden Staaten in die
Rechte der neutralen Mächte eingreifen dürfen, also um die Ab-
grenzung der beiderseitigen Rechte. Eine allgemein gültige Lösung
dürfte nicht möglich sein. Aber bei Stellungnahme zu dieser
Frage, die eine vorzügliche, klare antithetische Behandlung in
Nr. 33 und Nr. 37,38^^) der in Anm. 11 genannten Noten gefunden
'") Nr. 87. Bevor die Frage uach der Gültigkeit der Massnahmen ver-
lassen wird, die Frankreich und Grossbritannien gegen den feindlichen Handel
getroffen haben, niiiss Stellung genommen werden zu der Auffassung im 3.3. Pa-
ragraphen in der Note der Vereinigten Staaten, dass „die Beschneidung der
Rechte der Neutraleu durch diese Massnahmen, die geständlich Ver-
geltungsmassnahmen und deshalb ungesetzlich sind, . . . nicht zu-
gestanden werden kann". Seiner Majestät Regierung ist ganz ausserstande,
den Grundsatz zuzugestehen, dass diese Massnahmen in der Ausdehnung wie
sie zur Vergeltung dienen, ungesetzlicli sind. Tatsächlich sind diese Mass-
nahmen durch die, ungesetzliche und unverantwortliche Proklamation verur-
sacht und erzwungen, welche die deutsche Regierung am 4. Februar 1915
erlassen hat, und die die Gewässer um Grossbritannien einschliesslich des ganzen
englischen Kanals als „Kriegszone" bestimmt, in die neutrale Schiffe auf ihre
Gefahr eindringen würden, und in der sIq es sich selbst zuzuschreiben hätten,
wenn sie dort bei Sicht zum Sinken gebracht würden. Diese Proklamation
Avar begleitet von einem Memorandum, in dem ausgeführt wird, dass die Ver-
letzung des internationalen Rechts durch Grossbritannien die Vergeltungs-
massnahmen der deutscheu Regierung rechtfertige, die der Beruhigung der
Neutralen gegen das Vorgehen unseres Landes dienen sollten. Die Berechtigung
des Gebrauches von Vergeltungsmassnahmen war ganz durch die Deutschen zu-
gestanden, obgleich Seiner Majestät Regierung und ihre Verbündeten bestininit
die Tatsachen bestritten, auf denen ihre Aigumente gegründet waren. Aber
obgleich diese Massnahmen durch die gesetzwidrige Führung des Feindes her-
vorgerufen sein mögen, sie verletzen in Wirklichkeit keinen allgemeinen Grund-
satz des Völkerrechts, der Menschlichkeit oder der Zivilisation. Sie werden
unter Berücksichtigung der Interessen neutraler Länder durchgeführt und sind
deshalb juristisch gesund und gültig. [Fortsetzung S, 14]
14 JErstes Kapitel: Gibt es verbindliche Völkerreclitssatze?
hat, sind in jedem einzelnen Falle die treffenden Worte West-
lakes (Collected Papers 257)^'") als Auslegungsregeln im Auge
zu behalten:
„Es gilt zu zeigen, um wievid melir das Verhalten der Neutralen einer
unwirksamen Blockade gegenüber von politischen als rechtlichen Gesiclitspunkten
abhängt, und eine Blockade-Erklärung britischer Häfen, wenn Neutrale irgend-
wie dahin geführt werden koniiteii, sie zu achten, würde den Vorteil haben,
dass unsere Zufuhren ebenso unter neutraler Flagge wie unter unserer eigenen
angegriffen würden. Ich habe deshalb kaum einen Zweifel, dass man den
Versuch machen und dass das Verhalten der Neutraleu demgegenüber
hauptsächlich von ihren politischen Sympathien abhängen würde, oder dass,
wenn er nicht gemacht würde, es aus dem Grunde nicht geschähe, weil die
Überlegenheit Englands zur See so überragend wäre, dass unser Handel von
irgendeinem Rechtszustand wenig zu fürchten hätte. Aber solch eine An-
wendung — oder auch Missbrauch — der Blockade würde ernstlich die
Beweggründe dafür abschwächen, Schiffe unter neutrale Flaggen zu stellen ;
und dies ist für mich ein weiterer Grund, dass ich zögere, an den Ruin zu
Nr. 38. Die mehr abstrakte Frage nach der Rechtmässigkeit von Ver-
geltungsmassnahmen, die von einem Kriegführenden gegen seine Gegner an-
gewandt werden, aber auch auf Neutrale einwirken, ist eine solche, dass die
Erörterung nach Meinung Seiner Majestät Regierung wohl verschoben werden
könnte. Sie ist ein Gegenstand von erlieblicher Schwierigkeit und Verwicklung,
jedoch ist Seiner Majestät Regierung überrascht, zu bemerken, dass die Staaten-
regierung alle solche Vergeltungsmassnahmen im Kriege als gesetzwidrig zu
betrachten scheint, wenn sie zufällig den Neutralen Schaden zufügen. Der
Vorteil, den ein solcher Grundsatz dem entschlossenen Rechtsbrecher geben
würde, wäre so gross, dass Seiner Majestät Regierung sich nicht denken kann,
dass er vor dem Gewissen der Menschheit empfehlenswert wäre. Ein ein-
faches Beispiel zu nehmen, man unterstelle, dass ein Kriegführender Minen auf
den Handelsweg streut, um den Handel seines Feindes zu verhindern oder
zu zerstören — eine Handlungsweise, welche unrechtmässig und bestimmt
ist , den Neutralen ebenso wie dem anderen Kriegführenden Schaden zu-
zufügen — , was darf dieser Kriegführende tunV Darf er diesem gesetz-
losen Angriff auf ihn durcli seinen Feind in keiner Weise entgegentreten?
Seiner Majestät Regierung kann nicht denken, dass er anf dem Vergeltungs-
wege nicht berechtigt wäre, seinerseits Minen zu streuen, auch selbst dann,
wenn er durch ein solches Tun in neutrale Rechte eingreift. Oder aber man
unterstelle einen noch extremeren Fall, nämlich, dass ein Neutraler sein Ziel
nicht erreichte und den anderen Kriegführenden nicht daran hinderte, in
gleicher Weise zu verfahren. Es möchte scheinen, dass nach der richtigen
Ansicht jeder Kriegführende berechtigt ist, darauf zu bestehen ,
dass ihm erlaubt sei, seinem Feinde unter den Bedingungen
gleicher Handlungsfreiheit zu begegnen. Wenn einem von ihnen
erlaubt ist, einen Angriff auf den andern ohne Rücksicht auf
neutrale Rechte zu machen, muss seinem Gegner in der Auswahl
von Kampfmitteln gleicher Spielraum gewährt werden, auch dürfte
. er in diesem Falle nicht auf die Annahme von Massnahmen beschränkt sein,
die genau die gleichen sind wie die seines Gegners.
•^") Aehnlich Bold in lf>4, 184, siehe auch 83, 237 und Anm. 95.
§ 4. Grundsätzliche Einwendungen 15
glauben, den unser näclister grosser Krieg über den britischen Handel bringen
soll, wenn das geltende Recht aufrecht erhalten wird".
Und weiter S. 258 :
. „Und die richtige Schlussfolgerung dürfte sein, dass der einzige hin-
reichende Beweggrund für die Aufrechterhaltung der gegen-
wärtigen Praxis in dem etwa wirklich massgeblichen Gesichtspunkte be-
steht, dass die Anhaltung der feindlichen Seeleute und Schiffe wünschenswert
ist, um die Landung oder den Verlust unserer Überlegenheit zur See zu
verhindern".
Und S. 615 heisst es dann^i):
„Nichts als die blinde Gewohnheit hindert nun an der Einsicht, dass
Handelsblockaden, die sich von der Belagerung befestiger Häfen unter-
scheiden, ein Krieg sind, der gegen Neutrale geführt wird, aber wenn
es sich bloss darum handelt, das Gefühl durch Beschränkung des Kriegs auf die
Handeis flagge des Feindes zu befriedigen, so ist der Krieg gegen
Neutrale fortzusetzen, mit der Gewissheit, dass Handelsblockaden , wenn
sie die einzigen Mittel zur Bekämpfung des feindlichen Seehandels geworden
sind, in ihrer Anwendung soweit durchzuführen sind, als die Kühnheit
wagen kann, die geltenden Bestimmungen zu spannen oder zu
verletzen".
Und schliesslich sagt Westlake S. 635:
„Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war es üblich, die Welt in bezug
auf das Seekriegsrecht in zwei grosse Klassen von Kriegführenden und Neu-
tralen zu teilen, und es als ein Axiom anzuwenden, dass die Interessen Gross-
britanniens solche der Klasse der Kriegführenden seien. Das war das natürliche
Ergebnis des ungeheueren Übergewichts der britischen Seemacht über jede
eines anderen Staates, und der Tatsache, dass die Skandinavischen Königreiche,
zu schwach, um vielleicht Teilnehmer an den Kriegen der grösseren Staaten
zu sein, zu den bedeutendsten Ursprungsländern der Haupterfordernisse der
Schiffsausrüstung — Bauholz, Teer mit seinen verwandten Produkten und
Hanf — gehörten. Die Szene hat sich in diesen beiden Richtungen geändert.
Die Seemacht Grossbritanniens ist keineswegs unvergleichlich
viel grösser als diejenige, welche eine mögliche Kombination
gegen sie vereinigen könnte, und seine Politik hat friedlicheren
Charakter angenommen".
Diese klar ausgesprochenen Ansichten ^2) , welche in der
Kriegspolitik der verbündeten Staaten ihre Verwirklichung und
in ihren diplomatischen Noten den Versuch ihrer Rechtfertigung
gefunden haben, lassen deutlich erkennen, dass stets auf den Unter-
schied politischer und rechtlicher Argumentation genau geachtet
*•) Aus dem Beitrag zu Latifi 147.
") Sie sind auch der Leitgedanke Loreburns,
16 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche Völkerrechtssätze?
werden muss, dass Rechtsverletzungen politisch gefordert werden
mögen, die Meinung ihrer politischen Notwendigkeit aber selbst
keinen Rechtstitel abzugeben vermag. Diese Ansicliten führen
aber weiter zu einem Problem, dessen Lösung die Entscheidung
der Einwände gegen die Geltung der hier erörterten völkerrecht-
lichen Rechtssatzungen enthält: Ist diese geschichtliche Ent-
wicklung des Völkerrechts durch Rechtsverletzungen möglich?
oder in welcher Weise sonst? Die Antwort ist durch die oben
(S. 5) mitgeteilte Hollandsche Definition des Völkerrechts gegeben:
Es muss der Überzeugung jeden Staats von dem Recht, das in
Anspruch genommen werden soll, als auch für ihn verbindlich
entsprechen. Es muss gefragt werden können, ob die betreffende
Rechtsregel für alle Staaten der Völkerrechtsgeraeinschaft Geltung
haben kann und soll, und ob der kriegführende Staat sich selbst
der Regel unterwerfen würde oder sie anerkennen müsste, wenn
er neutral wäre. Mit dieser Fragestellung ist aber zugleich
die Grundlage der Entwicklung des Völkerrechts gegeben, dass
sie sich nämlich rechtmässig nur durch gegenseitige Überein-
stimmung der souveränen Staaten vollziehen kann -^). Eine solche
Übereinstimmung ist in den Haager Abkommen, der Londoner und
Pariser Deklaration niedergelegt; wer von ihren Regeln abgehen
will und abgeht, verletzt sie, wenn er dies ohne Zustimmung oder
gar gegen den Widerspruch der davon betroffenen und beteiligten
Staaten tut, mag er nach seiner Meinung noch so berechtigte
Vergeltungs- oder kriegspolitische Zwecke verfolgen. Alle seine
darauf gegründeten Argumente sind solche de lege ferenda. Was
die Vereinigten Staaten, Schweden, die Niederlande in ihren Pro-
testnoten nach dieser Richtung ausgeführt haben, ist rechtlich un-
anfechtbar, während die Gegenausführungen der Ententestaaten
bei genauer Untersuchung in der Tat sich als rechtspolitische
Forderungen einer interessierten Partei herausstellen^*).
■^*) Siehe liierzu Joliu Macdonell 102.
") Schwedische Note vom 11. Februar 1916 (p. 12 Mise. 28 von 1916), Od.
8322: „Wenn man die britisclien Massnahmen unter dem Gesichtspunkte von
Eepressalien betrachten wollte, zu denen die deutschen Massnalimen berech-
tigten, so fehlt dieser Rechtfertigung der Sinn gegenüber den Neutralen. Die
Repressalien dürften aus diesen selben Gründen nur gegen einen Gegner gerichtet
werden, die Rechte der Neutralen dürften durch eine behauptete Kriegsnot-
wendigkeit nicht, verringert werden".
Amerikanisdie Note vom 5. November 1915 (p. 9 Nr. :?3 Mise. 15 von 1916,
§ 4. Grundsätzliche Einwendungen 17
Hieran ändert nichts die an die Schulstube erinnernde Be-
«
gründung, wie sie regelmässig in den diplomatischen Schriftstücken
der Ententestaaten gefunden wird, dass der Gegner angefangen
habe, völkerrechtliches Unrecht zu tun, eine Begründung, die stets
eine Untersuchung darüber vermissen lässt, ob denn dieses ver-
meintliche Unrecht nicht auf vorher begangenes eigenes Unrecht
zurückzuführen ist, und von der Gegenpartei auf dieser Grundlage
angefochten werden wird. Denn der unbeteiligte Neutrale wird
mit Recht einwenden, dass die Verletzung seiner Rechtslage durch
die eine Kriegspartei doch nicht der anderen das Recht geben
könne, auch ihrerseits in seine Rechtssphäre einzugreifen, und dass
alsdann wieder der erste Rechtsverletzer weitere rechtswidrige
Eingriffe vornehmen dürfe, und so fort, wie es das berühmte
Mittel der Kontinentalsperre lehrt ^^), von der Phillimore"^^) sagt:
„Es mag eine gewisse Beschönigung sein, dass die Massnahmen (die
englischen Orders) Vergeltungsmassnahmen waren, aher das ist nach den Regeln
des ewigen Eechts und der Gerechtigkeit keine Rechtfertigung. Die Wahrheit
ist, dass Frankreich der erste Übeltäter, Grossbritannien der zweite war".
Cd. 8234) : „Ich glaube, es ist zwingend dargelegt worden, dass die Methoden
nicht gerechtfertigt sind, welche Grossbritanuien anzuwenden trachtet, um Be-
weise von der feindlichen Bestimmung der Schiffsladungen zu erlangen und zu
benutzen, welche nach neutralen Häfen fahren, und um solchen Schifi'sladungen
Konterbandecbarakter beizulegen; dass die Blockade, auf welcLe diese Methoden
zum Teil gegründet werden, nicht effektiv, gesetzwidrig und unhaltbar ist;
dass das Gerichtsverfabren, das als ein Mittel zur Wiedergutmachung inter-
nationalen Unrechts dargeboten wird, nach seiner Eigenart für den Zweck
mangelhaft ist ; und dass in vielen Fällen behauptet wird, die Rechtsprechung
verletze das Völkerrecht. Die Vereinigten Staaten können sich deshalb der Be-
schneidung ihrer neutralen Rechte durch diese Massnahmen nicht unterwerfen,
die geständlich Vergeltungszwecken dienen und deshalb (vgl. oben Anm. 19) in
Theorie und Praxis gesetzlich unhaltbar und bestimmt sind, die Feinde Gross-
britanniens für die von ihnen angeblich begangenen Gesetzwidrigkeiten zu be-
strafen. Die Vereinigten Staaten sind nicht in der Lage, dem entgegenzutreten,
wenn ihre Interessen und die aller Neutralen dadurch nicht berührt würden,
aber wenn sie berührt werden, so kann es nicht unwidersprochen geduldet
werden, dass ihre Rechte und Interessen mit der Begründung weiter beeinträch-
tigt werden, dass die geographische Ausnahmestellung der Feinde Grossbritauniens
unterdrückende und gesetzwidrige Gegenmassnahmen erfordert und rechtfertigt".
Für die Niederlande siehe die in Anm. 13 angezogene Stelle und Recueil
und van Eysinga an den zitierten Stelleu.
»5) Niemeyer 35—47.
-«) Commeutaries 312 und 654. Ebenso Wheaton, Captures 51, der in
bezug auf die Orders von einer räuberischen Strenge spricht, „welche die ge-
sunde Vernunft der zivilisierten Menschheit immer verdammen wird, und welche
die bessere Vernunft Englands in anderen Tagen auch verdammt hat". Vgl.
auch die interessante historische Darstellung über die Kriegführung gegen den
Handel 1793-1806 und 1806—1812 bei Maiian. lufluence II, Cap.XVII u. XVIII.
Bendix, VölUerrecbtsverletzuiigeu 2
18 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche VölkerrcchtssätzeV
Dagegen wird von englischer Seite der autoritative Ausspruch
des berühmten Richters Lord Stow eil im Fox-Falle (1811)
geltend gemacht, welcher lautet:
„Das Gericht hat niemals gehurt, dass die Begründung aufrecht erlialteii
■wird, die Verordnungen seien als Vergeltnngsgesetze mit dem Grundsatz
nicht vereinhar, denn es sind, wie sie sind, Vergeltungsgesetze. Sie sind so in
der eigenen Sprache der Regierung erklärt, die sie erlassen hat. Ich hahe
keine Bedenken, zu sagen, dass sie aufhören, gesetzmässig zu sein , wenn sie
aufhören, Vergeltungsgesetze zu sein" ^').
Baty-^) bemerkt hierzu kurz und schlagend:
„Es ist schwer einzusehen, wie ein Kriegführender Vergeltung an Neu-
tralen üben kann, und Phillimore meint, dass die Verordnungen (London 1807)
das Gesetz verletzen".
b) Schluss von der politischen Notwendigkeit und Tauglichkeit der angewandten
Mittel auf ihre Rechtmässigkeit.
Eine mit gleicher Parteinaivität überzeugt vorgetragene Be-
gründung als völkerrechtswidrig angefochtener Massnahmen kehrt
in den diplomatischen Schriftstücken der Ententestaaten regel-
mässig wieder: Die Schlussfolgerung von den kriegspolitischen
Zielen "^) auf das Recht des Kriegführenden oder, anders ausge-
") Bei Cobhett, vol. II 188.
28) Baty-Morgan 360.
29) Sie treten mit einer unverhüllten Deutlichkeit in Mise. Nr. 2 (191G), Cd.
8145, hervor, in dem es unter der Ueherschrift „Conclusion" in XI Nr. 30 heisst:
„Um die Politik zusammenzufas.sen , welche angenommen worden ist. um
die Blockade Deutschlands zu erzwingen, sei folgendes dargelegt:
I. Der deutsche Exporthandel nach überseeischen Ländern, ist fast voll-
ständig unterdrückt. Die Ausnahmen, welche; gemacht worden sind, betreffen
Fälle, in denen die Weigerung der Erlaubnis des Exports von Gütern den
betreffenden Neutralen getroffen hätte, ohne Deutschland Schaden zuzufügen.
IL Alle Schiffsladungen zu neutralen Ländern an Deutschlands Grenzen
sind sorgfältig daraufiiin geprüft worden, eine verborgene feindliche Bestimmung
zu entdecken. Wo immer ein vernünftiger Grund für den Verdacht solcher
Bestimmung war, wurden die Güter vor das Prisengericht gebracht. Zweifel-
hafte Sendungen werden einbehalten, bis befriedigende Garan-
tien beigebracht werden.
III. Laut Vereinbarung, die mit den Körperschaften der Handelsvertretungen
in mehreren an Deutschland grenzenden neutralen Ländern abgeschlossen sind,
werden strenge Garantien von den Importeuren gefordert, und soweit wie
möglich wird jeder Handel zwischen dem neutralen Lande und Deutschland,
ob er aus Übersee stammt oder aus dem neutralen Lande selbst, eingeschränkt.
IV. Nach Vereinbarung mit Schiffahrtslinien und durch eine kräftige An-
Wendung des Rechtes, Bunkerkohle zu verweigern, ist ein grosser Teil der
neutralen Handelsmarine, die zwischen Skandinavien und Holland Handel
treibt, dahin gebracht worden, Bedingungen zuzustimmen, die den Zweck
§ 4. Grundsätzliche Einwendungen l9
drückt, die selbstverständliche Unterstellung, dass die Mittel,
welche notwendig sind, um die verfolgten Kriegsziele zu erreichen,
aucli völkerrechtlich erlaubt sein müssten und seien, dass aus ihrer
Tauglichkeit zu dem beabsichtigten Erfolge die Rechtmässigkeit
folge 30).
verfolgen, zu verhindern, dass Güter, die in diesen Schiffen gebracht werden,
den Feind erreichen.
V. Jede Anstrengung ist gemacht worden, -ein Rationierungssystem ein-
zuführen, welches erzwingen will, dass die betreffenden neutralen Länder nur
solche Mengen namentlich aufgefülirter Artikel einführen, die sie normalerweise
früher für ihren eigenen Verbrauch eingeführt haben.
Es verdient auch, das Ergebnis dieser Praxis festgehalten zu werden.
Nr. ^9 in X — Eesults — lautet :
„Was das Ergebnis der in diesem Memorandum beschriebenen Politik
anlangt, so sind alle ihre Wirkungen nicht zu übersehen. Aber einige Dinge
siml klar. Es ist schon dargelegt worden, dass der deutsche Handel im
Avesentlichen zerstört ist. Was die Einfuhrgüter anlangt, so ist anzunehmen,
dass einige der bedeutendsten, wie Baumwolle, Wolle und Gummi
seit vielen Monaten Deutschland nicht erreicht haben. Andere,
wie Fette und Öle und Milchprodukte, können dort nur, wenn überhaupt, zu
Wucherpreisen erworben werden. Alle amtlichen und nichtamtlichen Nachrichten,
welche Seiner Majestät Reoierungf zukommen, stimmen in der Feststellung
überein, dass eine beträchtliche Unzufriedenheit in Teilen der deutschen Be-
völkerung besteht, und in einigen der grösseren Städte scheinen
auch Hungerrevolten vorgekommen zu sein. Dass unsere Blok-
•kade jede Ware verhindert, Deutschland zu erreichen, trifft
nic'ht zu und kann auch unter den geographischen Verhältnissen
nicht zutreffen. Aber sie ist ziemlich erfolgreich bis zu einem Grade,
den gute Beobachter hier und in Deutschland für absolut unmöglich hielten,
und ihre Wirkung wächst von Tag zu Tag. Es muss hinzugefügt
werden, dass diese Ergebnisse ohne einen ernsten Zusammen-
stoss mit einer neutralen Regierung erreicht sind. Es gibt augen-
fällige Bedenken, ob der für uns so wichtige gute Wille der
neutralen Nationen fortdauern wird; aber jeder, der die geographische,
militärische und kommerzielle Lage der verschiedenen Länder betrachtet,
wird sicherlich nicht den Wert dieser Betrachtung unterschätzen. Es besteht
grosse Gefahr, bei Beliandlung internationaler Fragen die Aufmerksamkeit
zu ausschliesslich auf einen Paukt allein zu richten, selbst wenn dieser Punkt
von so vitaler Bedeutung ist, wie unzweifelhaft die Blockade Deutschlands".
^°) Ein Musterbeispiel dieser Art Beweisführung bietet Mise. Nr. 6 (1917)
Cd. 8469, in dem es unter 1. Nature and Scope of Enquiry heisst:
„Neutrale Schüfe sind unter der Order in Council vom 11. März 1915 in
britische Häfen gebracht worden, damit der Kriegführende sich von dem
Charakter, Eigentum, Ursprung oder der Bestimmung der Ladung, die sie
führen, überzeuge. Ob ein Aufenthalt, der durch die Methoden verursacht
wird, die bei der Behandlung der so eingebrachten Schiffe und Ladungen ange-
wandt werden, verraeidbar ist oder nicht ist, muss nach dem Aufenthalt beurteilt
werden, der mit der vollständigen Ausübung dieses Rechtes untrennbar ver-
bunden ist. Dass seine Ausübung einigen Aufenthalt mit sich bringt, ist klar.
Das würde auch zutreffen, wenn der Kriegführende sich entschlösse, sich aus-
schliesslich auf die ältere Praxis der Durchsuchung zur See zu
verlassen. Aber unser Verfahren erscheint in Anbetracht der
Tatsache gerechtfertigt, dass die A ufrech t erhaltung dieser Praxis
2*
20 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche Völkerrechtssätze!-'
So wird denn schliesslich als Recht des Kriegführenden hin-
gestellt, was seinem Interesse dienlich ist, und dieses Recht dann
in dem Masse erweitert, als es die Kriegsnotwendigkeit erheischt
und, wie Westlake richtig vorausgesehen hat, die Rücksicht auf
die Stärke und den Kriegswillen der Neutralen zulässt. Es han-
delt sich hier um eine Argumentation, wie sie uns ähnlich im
bürgerlichen Rechtsverkehr begegnet; Die Staaten treten als
Kriegsparteien nicht anders auf wie Privatpersonen, sie setzen
als selbstverständlich voraus, dass das Recht billige, was ihr In-
teresse als Recht für sich in Anspruch nimmt. Bei England
kommt aber eine besondere, man darf wohl sagen, nationale Eigen-
tümlichkeit hinzu: Die englische Diplomatie kennt keine theore-
tischen Erwägungen grundsätzlicher Art, sie kann in einem Atem
unvereinbare Gründe aussprechen, ohne ihren offensichtlichen Wider-
spruch zu bemerken (vgl. S. 10 u. unten § 17): dies ist nur möglich
bei einer Geistesverfassung, in der das Bewusstsein vollständig
von dem eigenen Vorteil und Interesse ausgefüllt wird, und so
bei der wachsenden Beschlagnahme von Schiffen weder möglich
ist, noch bei dem Vorgehen der feindlichen Unterseeboote im In-
teresse des Lebens und Eigentums der Neutralen wünschenswert.
Aber mehr als das: die Ausübung des Rechtes nur 'mit den
Mitteln der älteren Praxis würde offenbar eine vollständige
Aufgabe des Rechts selbst sein. Die Zeit ist vorbei, dass die Scliiffs-
papiere einen zwingenden oder notwendigerweise nur Vermutungsbeweis des
wahren Charakters, Eigentums oder der Bestimmung der Ladung gewähren.
Das erbebliche Anwachsen von verschiedenen Möglichkeiten, die Güter auf
dem Wege nach oder von dem feindlichen Lande zu senden, und das Vor-
handensein von anderen und leichteren Mitteilungsmitteln zwischen den Händlern,
als es das Schiff ist, das die Güter trägt, verschaffen fast unendliche Gelegen-
heiten des Verheimlichens. Die Papiere, weiche die wahre Natur des Geschäfts
offenbaren würden, die Verträge, Korrespondenzen und Telegramme können
ihren eigenen Weg gehen. Wenn der Neutrale deshalb nicht mit besseren,
die wahre Natur der Geschäfte enthaltenden Urkunden versehen werden soll,
als die Papiere sind, welche sich auf dem Schiffe befinden, so muss der Krieg-
führende darauf bedacht sein, den Beweis der wahren Tatsachen aus
Quellen ausserhalb des Schiffes zu erfahren.
So ist eine geAvisse Änderung, nicht des Grundsatzes, aber
der Praxis notwendig geworden; und die Einzelheiten, mit denen
die Order in Council vom 11. März 1915 zur Durchführung ge-
langte, sind das moderne Gegenstück zu den älteren Metiioden.
Um zu bestimmen, ob die Verzögerungen, die sich aus den moderneu Methoden
ergeben, verringert oder vermieden werden können, haben wir es für unsere
Pflicht gehalten, Punkt für Punkt alle Einzelheiten dieses Mechanismus zu
untersuchen, und haben bei allen in Betracht kommenden Amtsstellen Er-
mittlungen angestellt". (Vgl. Dicey, Lecture.s 282 A. 3.)
Ebenso argumentieren Piggott und Pyke, siehe unten Aum. 95.
§ 4. Gnindsiltzliche Einwendungen 21
arbeitet, class alle dem widersprechenden Gesichtspunkte völlig-
verdrängt werden. Die Schrankenlosigkeit der Wahrnehmung-
eigener Interessen wird mit einer wunderbaren Selbstverständlich-
keit praktisch und theoretisch durchgesetzt, wogegen es liier
nicht interessiert, dass sie sich häufig in wunderlicher Weise mit
einer selbst als echt empfundenen sittlichen Entrüstung über ein
vermeintlich gleiches Tun des Gegner^ vereinigt findet. Ein gutes
Beispiel für diese methodisch und logisch unhaltbare, aber prak-
tisch-politisch nicht unwirksame Art findet sich in dem auch
sonst bedeutsamen Memorandum der englischen und französischen
Regierung an die Vereinigten Staaten vom 12. Oktober 1916'^')
unter Nr. 32 :
31) MLsc. Nr. 2 (^1917) Cd. 8438, Der Geist dieses Meuioraudums ist eng-
liscli, Aveun auch die Spradie französiscli ist. Ein anderes Beispiel siehe in
:Misc. Nr. 32 (1916) Cd. 8348, p. 16, 21, 26, wo es als Völkerrecht in Anspruch
genommen wird, die Zivilbevölkerung Deutschlands auszuhungern und Vorsorge
zu treffen, dass keine Lebensmittel aus den besetzten Gebieten nach Deutschland
gelangen. Vgl. auch Mise. Nr. 24 (1916) Cd. 8295.
Schliesslich gehört hierher die recht bedenkliche Art, im Leser einen Irr-
tum zu erregen oder zu unterhalten, indem es offenbar für seine Sache gehalten
wird, den Dingen auf den Grund zu gehen, und als Eecht in Anspruch genommen
wird, die bekannte Wahrheit zu verschAveigen und die Unwahriieit nicht un-
mittelbar, sondern mittelbar, sozusagen durch Benutzung der Unkenntnis des
andern vom wahren Sachverhalt zu verbreiten. In Nr. 75 des belgischen Grau-
buches heisst es: t i i iq a <• iqi^
London, den 13. August 1914.
Sehr geehrter Herr Minister..
In Beantwortung Ihrer Depesche vom 7. August habe ich die Ehre, zu
Ihrer Kenntnis zu bringen, dass die britische Begierung sich nicht dem bel-
gischen Vorschlag anscliliessen kann, der sich darauf bezieht, die Neutralität
der Besitzungen zu wahren, welche die kriegführenden Mächte im konven-
tionellen Kongobecken haben.
Die deutschen Truppen von Deutsch-Ostafrika haben schon gegen das
englische Protektorat von Zentralafrika die Offensive ergriffen. Andererseits
haben britische Truppen schon den deutschen Hafen von Daressalani ange-
griffen, wo sie die Station der Funkentelegraphie zerstört haben.
Unter diesen Umständen kann die englische Regierung den belgischen
Vorschlag nicht annehmen, selbst wenn sie von seiner politischen und stra-
tegischen Nützlichkeit überzeugt wäre.
Die Regierung zu London glaubt, dass die Streitkräfte, welche
sie nach Afrika schickt, genügen werden, um jeden Widerstand
zu beseitigen. Sie wird alles ihr Mögliche tun, um Erhebungen in der
Eingeborenen-Bevölkerung zu verhindern.
Frankreich ist der gleichen Ansicht wie England, mit Rücksicht auf die
Tätigkeit der Deutschen, die in der Nähe von Bonar und Ekododo wahr-
genommen worden ist.
Gestatten Sie etc. Graf von Lalaing.
Bei jedem unbefangenen Leser müssen und sollen diese Zeilen den Eindruck
erwecken, als wenn Deutschland in Ostafrika den Krieg „angefangen" hätte.
Vgl. Alfred Zimmermanns Darstellung.
22 Erstes Kaintel: Gibt es verbindliche Völkerrechtssätze?
Das amerikanische Meninraiiiliim glaubt,, mit Bestimmtheit eriuiieni zu
sollen, (lass die Rechte der Neutralen und die Rechte der Kriegführenden in
gleicher Weise geheiligt sind und genau beachtet werden müssen. Die
Verbündeten Regierungen erkennen, was diese anlangt, diesen (ie-
Eine der ersten Regieruugshandlungen Grossbritanniens nach Kriegsausbruch
am 4. August 1914 war aber, sich der deutschen Kolonien insgesamt so schnell
wie möglich zu benicächtigen. Am 6. August 1914 telegraphiert bereits der eng-
lische Staatssekretär für die Kolonien — vgl. Correspondence on tlie subject of
the pruposed naval and military expedition against German i^outh "West Africa
(April 1915) Cd. 7875, und Corre.spopdence relating to the occupation of German
Samoa by an expeditionary force from New Zealand (September 1915) Cd. 7972.
das letzte auch abgedruckt in Times Doc. hist. 135 und 219 (Cd. 7975):
Der Staatssekretär an den Gouverneur von Neuseeland.
den 6. August 1914.
Wenn Ihre Minister wünschen und in der Lage sind, die deutsche Funken-
station zu Samoa zu nehmen, so würden wir dies für einen grossen und
nützlichen Dienst im Interesse des Reichs halten. Vergegenwärtigen Sie
sich jedenfalls, dass jedes b.esetzte Gebiet bei Kriegsende für die
Zwecke eines endgültigen Ausgleichs zur Verfügung der Reichs-
regierung sein muss. Andere Dominions sind in gleicher Weise
verständigt und auf einem ähnlichen Wege tätig, und insbesondere
ist Commonwealth im Begriffe, sich die Funkenstation zu Neu-Guinea, Yap,
Marschall-Inseln und Nauru oder Pleasant Island zum Ziele zu nehmen.
Harcourt.
Der Staatssekretär an den Generalgouverneur von Australien.
6. August 1914 (Auszug).
Wenn Ihre Minister wünschen und in der Lage sind, die deutscheu Funken-
stationen zu Neu-Guinea, Yap, auf den Marschall-Inseln und Nauru auf
Pleasant Island zu besetzen, so würden wir dies für einen grossen und drin-
genden Dienst im Interesse des Reichs halten usw. [wie vorher, jedoch zum
Schluss:] Und insbesoiulere ist Neuseeland nahegelegt worden, gegen Samoa
vorzugehen. Harcourt.
Das erste Telegramm ist bis auf die Worte „und insbesondere" usw. bis
zum Schluss am gleichen Tage an den Generalgouverneur von Südafrika abge-
sandt'worden. Die Daten sprechen für sich selbst. Am 10. August 1914 hat
bereits ein englischer Kreuzer die Funkenstation Daressalam zerstört (p. 84
der Times Doc. bist.). Es erscheint ganz ausgeschlossen, dass deutsche Truppen
vor Beginn der Ausführung dieser telegraphischen Anordnungen — es genügte
schon \»r dem Tage dieser Anordnungen! — feindliche Handlungen gegen Englisch-
Ostafrika begangen hätten. Wenn irgendein Zweifel bestände, so wird er durch
die Tatsache beseitigt, dass England das Datum dieser feindlichen Handlungen
nicht angibt, dass di«s aber zweifellos geschehen wäre, wenn eben nicht mit
unrichtigen Schlussfolgeruugen aus den unbestimmten Angaben gerechnet worden
wäre, und dass sich England vor seiner Kriegserklärung der Hilfe seiner Über-
seedominions zu Lande und zur See vergewissert hatte, deren Zusagen ihm von
Neuseeland am 31. 7. 1914 (1), Canada am 2. 8., dem australischen Staatenbund
am 3.8., Südafrica am 4.8.1914 zuging, was die Correspondence in Cd. 7607
(vgl. auch 7608 und 7646) beweist.
Es mag hier schliesslich noch eine Verfügung Platz finden, die beweist,
dass an eine dauernde Einverleibung der besetzten deutschen Kolonialgebiete
von vornherein nicht gedacht worden ist, während sich Grossbritanuien nicht
gescheut hat, unter Verletzung des Völkeriechts Aegj7)ten und Zypern formell
zu annektieren (Times Doc. hist. 137 Nr. 6):
§ 4. Giundsiltzliche Einwendungen 23
sich t.siniiikt volls täuilig an. Sie maclien auch aufrichtige Anstrengnngen,
lim zu vermeiden , dass die Ausübung ihrer Rechte als Kriegführender in
die rechtmässige Ausübung der Rechte des harmlosen neutralen Handels ein-
greift. Aber sie sind der Meinung, dass es ihr Recht als Krieg-
führender ist, auf hoher See die Aufsicht auszuüben, welche
ihnen das internationale Recht zuerkennt, uui jedem Trausport
entgegenzutreten, der bestimmt ist, ihren Feind in der Krieg-
führung und Anfrechterhaltung seines Widerstandes zu unter-
stützen. Nach ihrer Meinung darf das Recht der Vereinigten Staaten als
neutraler Staat nicht daliin führen, dass die Bundesregierung Expeditionen,
Sendungen, Korrespondenzen oder Mitteilungen ihren Schutz, in welcher Form
auch immer, verleiht, die offenbar feindlichen Charakter haben oder
verbergen und eine mittelbare oder unmittelbare feindliche
Bestimmung besitzen, welche die amerikanischen Privatleute nur auf
die Gefahr hin fördern mögen, an ihrem Vermögen oder ihrer Person Schaden zu
leiden. Das ist der Grundsatz, an den sogar ausdrücklich durch den Präsidenten
der Vereinigten Staaten in seinen Neutralitätsproklamationen erinnert worden ist.
Es wird in dieser bestimmt auftretenden Auseinandersetzung-
gar nicht bemerkt, dass die restlose Verwirklichung bestimmter
Rechte mit ihnen selbst nicht gegeben ist, dass die Rechte durch
Gegenrechte beschränkt und vielfach wirkungslos werden, dass
aber die Wirkungslosigkeit eines Rechts unter bestimmten Ein-
schränkungen eines anderen Berechtigten nicht den Schluss auf
die Nichtbeachtung dieser Einschränkungen und den Anspruch
auf das Zurücktreten des Berechtigten rechtfertigt. Die Aufgabe
der Kriegführung ist es wohl, die Kriegführung des Feindes zu
bekämpfen und seinen Widerstand zu brechen, aber die Erfüllung
dieser Aufgabe ist nicht mit allen nach der Kriegslage für not-
wendig erachteten Mitteln erlaubt, die Zulässigkeit der zu
wählenden Kriegsmittel wird durch die völkerrechtlichen Be-
stimmungen und die darauf gegründeten Rechte des Feindes,
wie der Neutralen begrenzt. Es ist gar nicht einzusehen,
warum die Rechte der Neutralen nicht den Schutz von Sendungen
Der Staatssekretär an den Gouverneur von Neuseeland.
18. August 1914.
In Verbindung der Expedition gegen Samoa soll in allen Gebieten, die
durch die Streitkräfte Seiner Majestät erfolgreich besetzt sind, die britische
Flagge gehisst werden, und passende Einrichtungen für eine vorüber-
gehende Verwaltung sollen getroffen werden: Aber keine Pro-
klamation, durch die ein solches Gebiet formell annektiert wird,
darf ohne vorherige Verbindung mit Seiner Majestät Regierung
erlassen werden. Harcourt.
24 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche Völkerrechtssätze?
feindliclien Charakters ergeben können, warum von diesem uner-
wünschten Schutz darauf geschlossen werden muss, dass die Rechte
der Neutralen insofern denen der Kriegführenden zu weichen
haben, und nicht diese jenen. Im Zweifels falle wird zu fragen
sein, wie wäre der Streit zu entscheiden, wenn derjenige Staat,
der die Zulässigkeit seiner angefochtenen Massnahme in Anspruch
nimmt, kein oder ein Gegen-Interesse an ihr hätte, wenn er z. B.
neutral wäre, da doch die etwa fragliche Rechtsregel allgemein
für alle Staaten gelten muss, wie auch immer ihre Beteiligung
am Kriege sein mag^-).
§ 5
Artikel 23 h der Laiidkriegsordmuig.
Die Geltung und Tragweite der Haager Abkommen und Lon-
doner und Pariser Deklaration in dem hier dargelegten Sinne
kann aber auch noch durch die Auslegung der einzelnen Be-
stimmungen in Frage gestellt werden. Das bekannte, an dieser
Stelle zu erörternde Beispiel ist die neuere englische Auslegung
des Artikels 23 h ^^) der vierten Haager Konvention. Die Ent-
stehungsgeschichte und die beiden in Frage stehenden Ansichten
sind in mustergültiger, fast verdächtiger Objektivität von Hig-
gins^*) dargestellt worden. In Sachen Porter /. Freudenberg gibt
das Urteil des High Court of Justice vom 19. Januar 1915, das
eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, den englischen Standpunkt
gut wieder. Nach wörtlicher Mitteilung der Artikel 22 und 23
und Hinweis auf die äussere Ordnung des Anhangs zur Konven-
tion heisst es wörtlich ^^):
^2) Vgl. die treffende Kritik Brevvers, unten S. 117 ff. übersetzt, und die
niederländische, vielfach mit der später wörtlich wiedergegebenen amerikanischen
Kritik übereinstimmende Stellungnabme des Recueil 21—54.
*') Abgesehen von den durch Sonderverträge aufgestellten Verboten ist
namentlich untersagt: (folgt a bis g und dann)
h) Die Aufhebung oder zeitweilige Ausserkraftsetzung der Rechte und For-
derungen von Angehörigen der Gegenpartei oder die Ausschliessung ihrer Klag-
barkeit. (Amtliche Uebersetzung.)
^*) Hague 263. In War S. 56 stellt sich Higgins denn auch auf den
neuen englischen Standpunkt.
^°) Uebersetzt in „Ausnahmegesetze", Urtext im Auszuge bei Phillipson,
Great war 112 (vgl. auch 105).
§ 5. Artikel 23 li der Landkriegsordnung 25
.L»ie Frage ist, ob die Wirkung dieser Bestimmung die alte Regel (die
keine Eigentümlichkeit des englischen Rechts ist, obwohl sie in England mehr
hervortritt, als anderswo), dass das Klagerecht des feindlichen Ausländers
während des Krieges ruht, ausser Kraft setzt oder nicht. Nach sorgfältiger
Erwägung der verschiedenen Ansichten hervorragender Juristen ist der Ge-
richtshof der unzweifelhaften Meinung, dass die Bestimmung keine solche
Ausserkraftsetzung bedeutet. In erster Reihe spricht der Wortlaut der Be-
stimmung selbst gegen eine derartige Ansicht. Was verboten ist, ist eine
Erklärung. „Es ist verboten, zu erklären". Das ist nicht auf ein Land an-
wendbar, in welchem, Avie in England, für eine Erklärung kein Raum ist.
Kraft des geltenden Rechtes des Landes hat die blosse Tatsache des Krieges
ipso facto die Wirkung, dass sie das Klagerecht feindlicher Ausländer aufhebt.
Ein hervorragender deutscher Jurist, Dr. Sieveking, war der Ansicht, dass
aus diesem Grunde die Bestimmung gegenüber England wirkungslos sei.
Zweitens beweist der Wortlaut, dass die Bestimmung tatsächlich aufgefasst
werden muss als Verbot einer Erklärung des militärischen Befehlshabers von
Streitkräften bei der Besetzung feindlichen Gebiets, welche die EiuAvohner
verhindern soll, sich ihrer Gerichte zur Bestätigung oder zum Schutze ihrer
bürgerlichen Rechte zu bedienen. Die Bestimmung ist in eine Gruppe der
Bestimmungen eingeschlossen, die den Artikel 23 bilden und von denen jede
andere sich nur auf das Verhalten von Streitkräften und ihrer Befehlshaber
im Felde bezieht. Das Kapitel, zu dem der Artikel gehört, ist überschrieben
„Mittel zur Schädigung des Feindes, Belagerungen und Beschiessungen" ; und
" der Abschnitt der Anlage, zu dem das Kapitel gehört, trägt die allgemeine
Überschrift „Feindseligkeiten". Die Erklärung, welciie die ganze Anlage be-
herrscht und ihre Anwendung regelt, ist im Artikel 1 zu finden: .Die Ver-
tragsraächte werden ihren Landheeren Verhaltungsmassregeln geben, welche
der dem vorliegenden Abkommen beigefügten Ordnung der Gesetze und Ge-
bräuche des Landkriegs entsprechen'. Dies war die im Jahre 1911 bekannt-
gegebene Ansicht der britischen Regierung".
Diesen Ausführungen lässt sich eine gewisse formal-juristische
Geschlossenheit -nicht abstreiten. Freilich hätte das Hohe Gericht
die Stelle der Äusserung des hervorragenden Juristen angeben sollen,
damit sie leichter hätte nachgeprüft werden können ; auch hätte es
nahegelegen, die Äusserungen anderer, nicht minder hervorragender
deutscher Juristen heranzuziehen, welche mit schwer widerleg-
baren Gründen gerade die vom Gericht aufgenommenen Argumente
zu widerlegen versucht haben ^^). Wenn aber in Anbetracht der
2«) Müller-Meiningen, Bd. II 6; Bornhak 51; Triepel, Zukunft 28;
Kohler 312; Nippold, Bd. II 26, Zeitschrift 388; Huber 581; Strupp,
Landkriegsrecht 65, in Zeitschrift für Internat. Recht Bd. 23, 118 ff. und 25, 351,
und Zeitschrift für Völkerrecht Bd. 8, 57; Deutsches W^eissbuch 7; Zitelmann
in Deutschland und der Weltkrieg 810, Versicherung und Krieg 19, 62 ff., 74.
Die Ausführungen Sievekings, die gemeint sind, finden sich p. 169 ff. und sind
26 Erstes Kapitel: Gibt es verbindliche Völkerrechtssätze?
Aiisfiiliruiigen am Schluss des § 4 eine solche theoretisch-methodische
Selbstbesinnung" und grundsätzliche Auseinandersetzung bei dem
nationalen Interesse an einer Entscheidung im Sinne des Gerichts
auch nicht g"ut erwartet werden kann, so hätten doch abweichende
Meinungsäusserungen hervorragender englischer Juristen nicht
übergangen werden dürfen. Schon Holland, dessen Autorität
nicht angezweifelt werden wird, vertritt S. 5 seines bereits zitierten
Buches „The Laws of War on Land", das 1908 erschienen ist und
den Vorzug hat, unter dem unmittelbaren Eindruck der eben ab-
geschlossenen Verhandlungen entstanden zu sein, den englischen
Standpunkt schwankend und unsicher, wenn er sagt:
2) Es ist bedauerlich, dass Bestimimuigen, die zur Anleitung der Feld-
heere dienen sollen, wie es in den meisten dieser Abniacliungen der Fall ist, mit
Bestimmungen vermischt sind, die sich auf die Pflichten der kriegführenden
Regierungen in der Heimat beziehen. Als Beispiele dieses Irrtums sei Ar-
tikel 23 h des Haager Eeglements angeführt, Avelcher die unterzeichnenden
Staaten aufzufordern scheint, Gesetze zu erlassen zur Abschaffung der Un-
fähigkeit des Feindes, vor Gericht aufzutreten. Artikel 23, 27 und 28 der
Genfer Konvention schaffen eine ähnliche Pflicht zur Gesetzgebung ,
und viele der Artikel des V. Haager Abkommens handeln von den Ver-
pflichtungen der Staaten im Gegensatz zu denen der Individuen.
3) Die Mächte hätten es übernehmen sollen , das Reglement im Wortlaut
zu verkünden, eher als, wie es jetzt vorgesehen ist, Anweisungen in Über-
einstimmung mit ihm zu erlassen.
.4) Ein Blangel an logisclier Methode ist ausserdem dem Haager Reglement
selbst vorzuwerfen. Zum Beispiel hätte in Artikel 23 die Klausel f über den
Misshrauch der Flaggen und Abzeichen dem Artikel 24 folgen sollen, der
von den Kriegslisten handelt; und die Klausel h über das Klagerecht des
Feindes ist, wenn sie überhaupt hierher gehört, in dem Artikel, in dem
sie steht, gar nicht an ihrem Platze. Viele der Bestimmungen, welche offenbar
nur in bezug auf „besetzte Gebiete" aufgestellt sind, werden auch unter
andern Umständen gebraucht.
Die später S. 44 ausgesprochenen Bedenken erhöhen den Ein-
druck der -Unsicherheit Hollands ^^) und werden durch andere
englische, amerikanische und französische Schriftsteller^'') ebenso
in der eben zitierten deutschen Literatur z. T. schon vorweg widerlegt, ohne dass
der Vortrag Sievekings überhaupt erwähnt wurde. Ihn auszugraben, war dem
englischen Gericht vorbehalten.
"') Siehe freilich seine klare Stellungnahme im englischen Sinne in the
Law^ Quarterly Review; dagegen hat sich Lawrence, Principles 358—360
ganz auf den deutschen Staudpunkt gestellt, ebenso Bord well 210 und 2(J4.
Und schon im Jahre 1880 Wheaton, International Law 358 § 300. Ebenso
§ 5. Artikel 23 li der Landkriegsordnung 27
juristisch widerlegt, wie durch die ausführlicheren Darlegungen
Strupps, auf die ich hier verweisen muss. Wenn demgegenüber
der englische Gerichtshof das Wort ,.declarer" presst und ganz wört-
lich nimmt, so ist es unverständlich und unbegründet, warum mit
Artikel 23 h gemeint sein soll, dass eine derartige Deklaration
in futuro verboten sein soll, und dieses Verbot nicht auch auf die
Vergangenheit sich erstrecken soll. Das Verbot, zu erklären,
ist doch gegen den Rechtszustand gerichtet, den eine,
solche Erklärung, mag sie nun bereits nach bestehenden Ge-
setzen vorhanden sein oder durch neue Gesetze eingeführt werden,
zur Folge haben würde. In beiden Fällen ist der verbotene
Rechtszustand verpönt. Wenn ein Vertragsstaat die Aufhebung,
zeitweilige Ausserkraftsetzung und Ausschliessung der Klagbarkeit
von Rechten und Forderungen der Angehörigen der Gegenpartei
aufrechterhält, so erklärt er doch nach seinem Landesrecht
für Recht, was Artikel 23 h verbieten will und verboten hat, und
verletzt damit diese Bestimmung. Dass aber Artikel 23 h kein
Verbot an die militärischen Befehlshaber aussprechen will, folgt
aus den eigenen Darlegungen des Urteils über das Wort „declarer".
Diese haben völkerrechtlich doch nur dann einen rechten Sinn,
wenn der Adressat des Verbots der Vertragsstaat selber und nicht
sein militärischer Befehlshaber ist. Dass dieser die fragliche Er-
klärung nicht erlassen darf, folgt ja aus dem dritten Abschnitt
über die militärische Gewalt auf besetztem feindlichem Gebiet
(Artikel 43, 46, 53, 55) und bedurfte keiner besonderen Regelung.
Beide Entscheidungsgründe des Urteils sind miteinander unver-
träglich: wenn das Wort „declarer" mit der dort ausgeführten
Einschränkung gelesen werden müsste, dann kann das Verbot
nicht an die Militärbefehlshaber gerichtet sein; wenn es aber an
sie gerichtet wäre, dann ist die Einschränkung unhaltbar, dann
hat das Wort eine viel weitere, hier vertretene Tragweite, dass
es, wie so häufig, den Weg der Gesetzgebung in allgemeiner
Wendung in gleicher Bedeutung mit dem Gesetz gebraucht, das
Erklären mit dem Erklärten gleichgesetzt hat. Nun wird,
was bisher nicht erkannt worden ist, klar, warum die Bestimmung h
Latifi 40; Phillipson. Effects 45 unten, 46 oben und 73; Hershe}', Essen-
tials 395 A. 56; HuU 235; Scott, Hague Bd. I 536; ß.onfils Nr. 1065;
Politis, Bustamante Nr. 224. Zweifehid Spaight 140,
28 Erstes Kapitel: (übt es verbindliche Vülkcrrcchtssätze?
in den Zusammenhang der anderen Vorschriften des Artikels 23
gehingt ist und dort auch insofern seinen richtigen Platz hat:
alle Bestimmungen von a— h des Artikels 23 sind sinnlos, wenn
man sie wörtlich nimmt, wie es die englische Entscheidung tut,
und zu eng, wenn man sie ausschliesslich im Zusammenhang mit
Artikel 1 der Konvention liest. Holland hat schon in der oben
wiedergegebenen Stelle auf diesen Mangel an Logik und Methode
in der Randnotiz („Eine logischere Methode hätte angewendet werden
sollen") hingewiesen^^). Dieser Mangel verschwindet oder tritt doch
ganz erheblich zurück, wenn, wie erforderlich, Artikel 1 der Kon-
vention von dem darin erwähnten Reglement logisch gesondert und
Konvention und Reglement als zwei nebeneinander bestehende Ord-
nungen für sich betrachtet werden. Alsdann wird klar, dass der
leitende Gedanke des Reglement die selbständige Koditizierung
der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs ist, und dass es in
seiner Fassung unabhängig von der Konvention selbst verstanden
sein will. Nach dieser Klarstellung ist ersichtlich, dass Abschnitt II
die allgemeinen Grundsätze von den Feindseligkeiten ausspricht
und Artikel 23 nicht die Tätigkeit der dort in verbaler
Form aufgezählten Handlungen treffen, sondern den
Rechtszustand schaffen will, der besteht, wenn die ver-
botenen Handlungen entfallen. Er arbeitet also mit einer
gewissen indirekten Methode. Sein leitender und alle Fälle
zusammenfassender Gedanke ist nicht die Tat des Rechtsbrechers
und seine Rechtsstellung, sondern die Rechtslage des Ver-
letzten und sein Anspruch auf üiiterlassung. Der in seiner
Lage durch Artikel 23 a — h Geschützte kann von seinem Gegner
verlangen, dass er alle dort verbotenen Handlungen nicht begehe.
Die Ansprüche auf Unterlassung bestimmter feindlicher
Akte durch den Gegner sollen geregelt werden und da-
mit ein von den Feindseligkeiten unberührbarer, trotz
^^1 Neuerdings durch von Liszt, Völkerrecht 298 Anni. 8. zu Unreclit
wiederholt. Oppenheim, Zukunft Ififi ff., führt den Art. 23 h als Bei-spiel einer
leichtfertigen gesetzgeberischen Methode an, entscheidet sich weder für die eng-
lische noch für die deutsche Auffassung und setzt schliesslich 134 ff. und 198
an die Stelle des hier gegebenen Versuchs einer den Avahren und letzten Sinn
der Gesetzesworte erfassenden Auslegung sehr heaclitenswerte Ausfüiirungf^n
über die verschiedene Denkweise (Methode) der kontinentalen und der auylo-
ainerikanischeu Juristen.
§ 5, Artikel 23 Ii der Landkriegsordnung 29
ihnen fortbestehender Friedenszustancl umschrieben
werden. In diesem Zusammenhang gesehen, gehört auch die
Aufrechterhaltuiig und Klagbarkeit der Rechte und Forderungen
von Angehörigen der Gegenpartei zu dem Friedens wer li, das
trotz der Feindseligkeiten durch das erste Kapitel des zweiten
Abschnitts der Landkriegsordnung geschaffen werden sollte. Hierin
dürfte die letzte Begründung für die richtige Meinung gelegen
sein, dass Artikel 1 der Konvention nicht das Reglement ein-
schränken kann, sondern nur insoweit gilt, als dieses überhaupt
Bestimmungen enthält, welche für Anweisungen an die Streit-
kräfte in Betracht kommen ■'^).
Zweites Kapitel
Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht
(als Mittel zur Nichterfüllung völkerrechtlicher Verbindlichkeiten).
„Weun die Neutralen während der Kriegsdauer festzustellen
liätten, wo das gute Recht wäre, so würde ihnen die Lösung der
Aufgabe leicht gemacht. Sie fänden dieses gute Recht als eine
unabänderliche Tatsache auf der Seite der stärksten Kriegs-
führenden-. Gustave Leßon, 29i.
, . . . wenn dem Handel der Neutralen kein Schaden zugefügt
worden wäre, würde die britische Kriegsflotte ohnmächtig sein,
dem wirtschaftlichen Leben Deutschlands mehr als Unbeciuem-
licbkeiten zuzufügen^ H. Sidebotham, 77.
Mit Annahme der Geltung bestimmter völkerrechtlicher Rechts-
sätze auf Grund der Ausführungen im ersten Kapitel ist über die
Art und Natur ihrer Geltung und die Erfüllung ihrer Verbindlich-
keiten noch nichts gesagt. Verpflichtungen aus Staatsverträgen oder
Staatsgewohnheiten, um die es sich bei den Haager Abkommen,
der Pariser und Londoner Deklaration und anderen in Betracht
kommenden Abmachungen handelt, können zu gleicher Zeit Teil
einer völkerrechtlichen und einer staatsrechtlichen Ordnung sein.
Das Verhältnis dieser beiden Ordnungen zueinander kann nach
dem Staatsrecht jedes einzelnen Landes verschieden sein. Es sind
die folgenden ]\Iöglichkeiten zu unterscheiden : Die völkerrechtliclie
^') Zitelmaiin hat ganz reclit, wenn er S. 810 liervorliebt. dass Frank-
reich unter keinem Gesichtspunkte die englischen Gründe sich zu eigen niaclien
durfte und def^halb völlig widerrechtlich sich über Artikel 23 h hinweggesetzt hat.
30 Jiweites Kapitel: Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht
Verbindliclikeit bedarf zu ilirer Erfüllung bestimmter staatsrecht-
licher (Gesetzgebungs-, Verwaltungs-) Akte, erschöpft sich in diesen,
oder sie steht als solche den Landesgesetzen unmittelbar gleich
und drängt entgegengesetzte landesgesetzliche Bestimmungen un-
mittelbar zurück, macht sie unwirksam, wird aber auch durch
spätere Landesgesetze als landesgesetzliche Norm selbst unwirk-
sam gemacht. Der Unterschied besteht darin, dass in dem ersten
Falle die völkerrechtliche Rechtssatzung von der staatsrechtlichen
streng getrennt bleibt, im zweiten die völkerrechtliche Rechts-
ordnung selbst innerstaatliches Gesetz ist. Die dritte Möglichkeit
bestellt darin, dass die Völkerrechtsordnung eine Art höherer,
übergeordneter Rechtssatzung darstellt, welche widersprechende
innerstaatliche Bestimmungen ungültig macht. Die hier auf-
tauchenden Fragen sind für das deutsche Staatsrecht und das der
Vereinigten Staaten an anderer Stelle ^°) eingehend erörtert worden.
Hier ist der englische Standpunkt kurz darzustellen, weil er einen
interessanten Einblick in die englische Kriegspolitik und zugleich
einen Beleg für die Ausführungen in § 4 b bietet, aber auch be-
reits erkennen lässt, in welcher Weise Völkerrechtsverletzungen
möglich sind, für welche die Regierung des betreffenden Staates
die Verantwortung abzulehnen berechtigt scheint, wie durch ge-
schickte Benutzung des Verhältnisses ' von Völker- und Landesrecht
die Erfüllung der völkerrechtlichen Verbindlichkeit mit dem Schein
der Rechtmässigkeit wirkungslos gemacht werden kann und wird.
Der Standpunkt der englischen ßeelitslehre und -praxis.
a) Die ältere englische Rechtslehre.
Phillimore (a.a.O. 614 ff.) gibt die häufig zitierten Ent-
scheidungsgründe des berührnten Richters Stowell aus dem An-
fang des 19. Jahrhunderts im Fox-Falle und gleiche Meinungs-
äusserungen der angesehenen Richter Sir James M'ackintosh und
Lord Mansfield wieder und stellt sich selbst auf den darin ver-
tretenen Standpunkt,
*«) Siehe Ludwig Bendix, Falinenflncht 137 if. Vgl. Triepel, 1899,
111 ff. und 253 ff.
§ 6. Der Standpunkt der cngliscLen Rechtslehre und -praxis 31
„dass es niemals die Ansicht der britisciien Prisengerichte gewesen ist, die
Krone habe das Recht, ihnen, weil sie die Autorität der Krone verkörpern,
Bestimmungen vorzuschreiben, die das internationale Recht verletzen".
Lord Manst'ield hatte erklärt,
„dass eine Parlamentsakte das Völkerrecht nicht ändern würde, und dass
die ganze Welt an einer Entscheidung eines Adtairalitätsgericlites. das ein
Prisengericht ist, teil hat. Maekintosh war im Falle solcher gesetzwidrigen
Anweisungen überzeugt, dass englische Admiralitätsgerichte ebenso
wie englische Gerichte des gemeinen Rechts ihre Unabhängig-
keit von willkürlichen Aufträgen behaupten würden . . ., aber
er würde sicher den Standpunkt vertreten haben, dass es in einem solchen
vorgestellten Falle Pflicht des Richters sei, die Anweisungen zu
III i s s a c h t e n und nur das W e 1 1 r e c h t zu Rate zu ziehen, dem a n e r -
kanntermassen alle zivilisierten Fürsten und Staaten sich unter-
worfen haben, und über das keiner von ihnen die Herrschaft
beanspruchen kann".
Diese Meinung wird auch noch neuerdings während des
Krieges von Baty-Morgan (a.a.O. 362) vertreten mit den
Worten :
„Das Prisengericht gleicht, kurz gesagt, wie Dr. T. A. Waker bemerkt
hat (Wissenschaft vom Internationalen Recht S. 46), einer Abteilung eines
grossen internationalen Gerichtshofes, die in einem einzelnen Lande ihren
Sitz hat. Es mag und soll, wenn es in zweifelhaften Punkten die Anwei-
sung und Anleitung von dem örtlichen Souveiän erhält, aber es mnss nicht
ihre Widersprüche zu anerkannten Grundsätzen zur Geltung
bringen".
b) Die jüngere englische Rechtslehre.
Holland*^) dagegen zitiert spätere Entscheidungen des
gleichen Richters Lord Stowell und des Richters Dr. Lushington.
welche schon einen etwas vorsichtigeren und einschränkenderen
Standpunkt einnehmen, und vertritt selbst die Meinung,
..das Völkerrecht ist zweifellos dem gemeinen Recht einverleibt, das die
Gerichte dieses Landes bindet . . . Wenn es (das Völkerrecht) nur dadurch
Anerkennung beanspruchen kann, dass es in dem gemeinen Recht des Reiches
einverleibt ist, so sollten wir erwarten , zu finden , dass es, wie jeder andere
Teil des gemeinen Rechts, von unseren Richtern nicht beachtet wird,
wenn es in Widerspruch gerät mit einer ausdrücklichen gesetz-
lichen Vorschrift".
Diese Meinung fasst Holland zum Schluss (S. 199) noch ein-
*') Studies 195.
32 Zweites Kapitel: Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht
mal zusammen; er verleiht ihr später^-) (im März 1909) nocli
entschiedeneren Ausdruck, wenn er sagt:
„Tatsache ist, dass, welch hochberedte Sprache Lord Stowell als
Richter auch immer in einem entgegengesetzten Sinne gesprochen haben mag,
heute kaum geleugnet werden wird, dass ein Prisengericht auf Grund nationaler,
nicht internationaler Ermächtigung sitzt und gehalten ist, die Ansicht des-
jenigen internationalen Rechtes anzunehmen, welches, wenn über-
haupt, ihnen durch den verfassungsmässig ausgedrückten Willen
seiner eigenen Regierung vorgeschrieben ist".
Die gleiche Meinung vertritt Oppenheim mit den Worten *^) :
„Fernerhin können Landesgerichte bei Ausübung der Rechtsprechung
keine Bestimmung des internationalen Rechts anwenden, wenn
und soweit diese Bestimmung nicht in ihr Landesrecht aufge-
nommen ist, sei es durch besonderen Gesetzgebungsakt oder durch Gewohnheit
oder durch stillschweigende Anerkennung. Wenn Laudesgerichte finden, dass eine
bestimmte Vorschrift des internationalen Rechts in dieser Weise nicht auf-
genommen ist, können sie sie nicht anwenden; und wenn sie finden, dass ihr
Landesrecht eine Regel enthält, die unzweifelhaft mit einer Regel des inter-
nationalen Rechts unvereinbar ist, so müssen sie die letzte unbeachtet
lassen und die erste anwenden".
In diesem Sinne ist denn auch der Fall Mortensen v. Peters
— 14. Scot. L T, R. 227 (1906) 8 Fräser 93 — abgedruckt bei
Bentwich, Gases 14, entschieden; hier wird unter vollständiger
Abweichung von der früheren Rechtsprechung ausgeführt:
„Für uns ist eine Parlamentsakte, die verfassungsmässig die Lords und
Gemeinen passiert und die Zustimmung des Königs gefunden hat, das oberste
Gesetz, und wir sind gezwungen, seine Bestimmungen zur Geltung
zu bringen" ").
Bentwich meint in seiner Anmerkung zu dieser Entscheidung,
dass die Entscheidung des Gerichtshofes nicht vollstreckt würde,
wenn die davon betroffenen Mächte gegen die Ausdehnung der
nationalen Souveränität protestieren, und bringt damit einen Ge-
sichtspunkt zum Ausdruck, der in den englischen Noten zur Recht-
fertigung der angefochtenen Kriegsmassnahmen und Prisengerichts-
entscheidungen häufig wiederkehrt.
") Letters to ,The Times" 1914, S. 183.
*') In der Introductory Note S. VIII bei Norman Bentwich, Leading
Gases, ebenso Pyke 216, Scott, Gases 1. Die neuere Auffassung der eng-
lischen Rechtslelire hat Zitelmann S. 806 anscheinend nicht beachtet.
**) Das ist auch der Standpunkt der deutschen Prisengerichte im jetzigen
Kriege in den Fällen Ellida, Batavier V, Zaanstroom.
§ 6. Der Standpunkt der englischen Rechtslehre und -praxis 33
c) Der Standpunkt der englischen Gerichte im Kriege.
Dagegen hat Lord Evans in dem schnell berühmt g-ewordenen
Zamora-Fain^) am 21. Juni 1915 unter breiter Darlegung von
Literatur und Rechtsprechung mit dem ihm eigenen politischen
Instinkt sich auf den Standpunkt Lord Stowells gestellt, dessen
Entscheidung er ausser der oben mitgeteilten Stelle ausführlich
wiedergibt. Evans sagt:
„Wenn diese Frage (ob dieses Gericht gezwungen ist, einer Order in
Council zu gehorchen, die zu dem anerkannten Völkerrecht in Widerspruch
steht) sich erheben sollte, so begnüge ich mich, in aller Bescheidenheit, den
Standpunkt des Lord Stowell im Falle Fox uneingeschränkt anzunehmen;
in ihm hatte er mit den Orders in Council zu tun , welche als Vergeltungs-
massnahmen nach den berühmten Berliner und Mailänder Dekreten Napoleons
erlassen wurden, und er drückte seine Ansicht von der Pflicht des Prisen-
gerichts in bezng auf das Völkerrecht aus ..."
und nimmt dann später noch ausdrücklich selbst Stellung zu den
vorigen :
„Ich bin so külin, die Hoffnung und den Glauben auszusprechen, dass
die Weltnationen nicht besorgt zu sein brauchen, dass Orders in Council
, von der Regierung dieses Landes unter derartiger Verletzung des anerkannten
Völkerrechts erlassen werden, dass es verständlich wird, wenn unsere Prisen-
gerichtshöfe sich veranlasst fühlten, aus Achtung vor dem Völkerrecht die Vor-
schriften solcher Orders zu vernachlässigen und ihnen den Ge-
horsam zu verweigern"").
*^) Prize Cases 309 if. (siehe hier ausführliche Angaben der Literatur und
Rechtsprechung zur Frage), insbesondere 327 und 331. Nach der Order XXIX
der Prize Court rulcs in neuer Fassung (Pulling Manual Snppl. 3 p. 510 in Ver-
bindung mit Order I 2 (The Prize Court rules 1914 und Pulling, ebendort vol. I
p. 262) können Scliiff und Ladung vor der endgültigen Prisengerichtsentscheidung
auf Antrag der Krone requiriert werden. Das schwedische Schiff Zamora ist
auf seiner Fahrt von New York nach Stockholm auf hoher See angehalten, in
einen englischen Hafen gebracht und vor ein Prisengericht gestellt worden:
seine Ladung von 400 Tonnen Kupfer ist nach der genannten Order requiriert
worden. Der Richter konnte aus „historischen und anderen Gründen" keine
Verletzung des internationalen Rechtes durch die Order erkennen, er hat die
Veränderung der Rechtslage durch die Verbringung in einen englischen Hafen
für unerheblich erachtet oder nicht bemerkt, wenn er die Verbringung selbst
und die Veränderung der Rechtslage durch die damit geschaffene englische Ge-
richtsgewalt stillschweigend für gutes englisches Recht gehalten hat.
*''') Uebereinstimmend The Westrand Central Gold Älining Company Ltd.
V. Rex bei Cobbett vol. I 15 und die amerikanische Gerichtspraxis (Myer
VII, § 3187 ff., p. 729) im Gegensatz zum Fall Maisonnaire v. Keating (Prize
Cases 329), in dem entschieden ist, dass Landesrecht dem Völkerrecht vorgeht.
ßendix, Völkerreclit.sverletzuiigei) 3
54 Zweites Kapitel: Verhältnis von Völkerrecht und Landesreclit
§ 7
Der Standpunkt der englischen Regierung.
Die englische Regierung hatte danach in der englischen Lite-
ratur und Rechtsprechung die beiden entgegengesetzten Ansichten
vorgefunden. Da ist es nicht ohne Interesse, zu sehen, wie sie sich
jeweilig auf diejenige berief, die ihren kriegspolitischen Zwecken
diente und die Erfüllung der völkerrechtlichen Verbindlichkeit
von der dafür verantwortlichen Regierung auf die dafür nicht
verantwortliche Rechtsprechung abwälzte.
a) Die Auseinandersetzung mit der Regierung der Vereinigten Staaten über die
Verbringung neutraler Schiffe in englische Häfen.
Die Vereinigten Staaten hatten schon in ihrer Note vom
28. Dezember 1914 die Frage nach dem Verhältnis von Völker-
und Landesrecht gestreift, als sie gegen die Verbringung ihrer
Schiffe in die englischen Häfen mit den folgenden Worten Protest
erhoben :
„Die Regierung der Vereinigten Staaten erkennt bereitwillig die volle
Berechtigung des Krieglühreudeu an, auf holier See die Schiffe der ameri-
kanischen Bürger oder neutrale Schiffe amerikanischer Bürger oder neutrale
Schiffe mit amerikanischen Gütern anzuhalten und zu durchsuchen und sie,
wenn genügender Beweis die Annahme rechtfertigt, dass Konter -
handeartikel unter ihrer Ladung sind, festzuhalten (im Original
gesperrt), aber Seiner Majestät Regierung mnss nach ihren eigenen Erfahrungen
in der Vergangenheit sich gegenwärtig halten, dass die Staaten-Regierung nicht
ohne Protest zulassen kann, dass amerikanische Schiffe oder amerikanische
Ladungen in britische Häfen gebracht und dort in den meisten Fällen zu dem
Zwecke festgehalten werden, sie auf Konterbande zu durchsuchen, oder auf
Vermutungen hin, die durch besondere Landesgesetze geschaffen
worden sind, welche offenbar mit Recht und Praxis der Völker
im Widerspruch stehen"*').
*') Mise. Nr. 6 (1915) Cd. 7816 Nr. 1 p. 3 stimmt überein mit p. 58 Supple-
ment to the American Journal of International Law, Juli 1915 (Band 9).
In diesem Parlameutspapier werden ohne weitere Quellenangabe Blatt 15
und 26 Aeusserungen des Fürsten Bismarck aus dem Jahre 1885 und des
Grafen Caprivi aus der Reichstagssitzung vom 4. März 1892 wörtlich für den
englischen Standpunkt angeführt. Die Aeusserung Bismarcks ist offenbar
übernommen aus Mise. Nr. 8 (1911) Cd. 5718, wo sich unter Nr. 1 die Ueber-
setznng der Bismarckschen, in der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung vom
8. April 1885 veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der Kieler Handels-
kammer ohne jeden weiteren Kommentar befindet. Dem Verfasser hat das Aus-
wärtige Amt eiklärt, dass seine Akten zur Sache ausser der Anfrage und der
§ 7. Der Standpunkt der englischen Regierung 35
Diese vorsichtig in einen Relativsatz eingekleidete Verwahrung
wird dann später durch eine ausdrückliche Stellungnahme in der
Note vom 16. Juli 1915 grundsätzlich zum vollen Protest erhoben.
Der amerikanische Gesandte schreibt an Sir Edward Grey^^):
„Die Regierung der Vereinigten Staaten wünscht in Anbetracht der
Meinungsverschiedenheit, weiche zwischen den beiden Ländern über die auf
Prisengerichtsfälle anwendbaren Grundsätze besteht, Seiner Majestät Re-
gierung klar zu machen, dass die Regierung der Vereinigten Staaten, insofern
die Interessen der amerikanischen Bürger betroffen werden, sich gezwungen
sieht, auf den Rechten ihrer Bürger zu bestehen, die unter den
bisher festgesetzten Grundsätzen und Regeln für den neutralen
Handel in Kriegszeiten gelten, ohne Änderungen oder Beschrän-
kungen durch Orders in Council oder andere landesgesetzliche
Massnahmen der Regierung Grossbritanniens.
Ich bin angewiesen, hinzuzufügen, dass die Regierung der Vereinigten
Staaten die Rechtswirksamkeit eines Verfahrens der Prisengerichte
Seiner Majestät nicht anerkennen kann, das Beschränkungen
bekannten, auch an die Flensburger Handelskammer gegangenen Antwort
nichts enthielten, was auf eine grundsätzliche Stellungnahme von allgemeiner
Bedeutung .schliessen lasse. Die Veröffentlichung ist offenbar aus politischen
. Gründen erfolgt, um dem diplomatischen Vorgehen Englands gegen China im
französisch-chinesischen Kriege (siehe § 11, a) eine Warnung auszusprechen, und
fusst auf der Rechtfertigung Prankreichs, der entgegenzutreten kein politisches
Interesse bestand, dass der Reis Tribut für die chinesische Regierung und für
ihre Soldaten an Stelle der Löhnung bestimmt sei (vgl. Pyke 181). Es han-
delt sich übrigens auch gar nicht um eine völkerrechtlich erhebliche Erklärung
von Staat zu Staat, sondern um die Aeusserung einer innerstaatlich gegebenen
Rechtsansicht, die von der Münchener Allgemeinen Zeitung vom 16. März 1885
in ihrem Artikel „Ist Reis Kriegskonterbande?" mit Recht zurückgewiesen wurde.
Die Aeusserung Caprivis stammt ersichtlich nicht aus den Stenographischen Be-
richten des Deutschen Reichstages VIII. Legislaturperiode Bd. 120 (1890 — 1892)
S.4Ö57 u. 4558, weil dann das Zitat unterblieben wäre. Denn Caprivi antwortet
unter rein politischen, nicht rechtlichen Gesichtspunkten auf den freisinnigen
Antrag Nr. 718, nach dem „bei dem gegenwärtigen friedlichen Einvernehmen
mit den auswärtigen Mächten Verhandlungen eingeleitet werden sollen, welche
zum Zwecke haben, durch Uebereinkunft von Staat zu Staat die Freiheit des
Privateigentums zur See in Kriegszeiten zu einem vertragsmässig anerkannten
Grundsatz des Völkerrechts zu erheben". Diesen Antrag lehnt Caprivi ab,
weil er nach seiner Ansicht aussichtslos sei. Seine wiedergegebenen Aeusserungen
entlialten eine rein politische Begründung dieser seiner Ansicht, die englische
Wiedergabe fusst otfenbar auf der zweiten Quellenangabe des in Anm.36 erwähnten
Vortrages von Dr. Sieveking p. 172 und 173, oder auf der Times vom 5. März
1892, die Latifi 126 zitiert.
Es ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass die Unter-
lassung der Quellenangabe einer besonderen, durchsichtigen Taktik der britischen
Diplomaten entspringt.
*8) Mise. Nr. 14 (1916) Cd. 823.3 p. 10. Die letzten drei Worte fehlen hier,
finden sich aber p. 154 der Anm. 47 genannten amerikanischen Veröffentlichung.
Siehe auch unten Anm. 73.
3*
36 Zweites Kapitel: Verhältnis von Vülkeriecht und Landesrecht
anwendet, die durch die L a u d e s g- e s e t z g e b u n g G r o s s h r i t a n n i e n s
auferlegt werden und die völke rrecii tlich begründeten Rechte
amerikanischer Bürger beeinträchtigen".
Durch die Fortlassung- der drei Worte in der englischen
Veröffentlichung- („under international law" = „völkerrechtlich be-
gründet") wird der Anscliein erweckt, als wenn es sich bloss um
einen Gegensatz der nationalen Rechte handle, wobei es hier nicht
interessiert, ob etwa die Worte zu diesem Zwecke absichtlich
weggelassen worden sind.
Die englische Regierung konnte nicht ausweichen, sie musste
sich entscheiden. Entschied sie sich für die neuere Ansicht der
englischen Rechtslehre, wie sie modernen Rechtsanschauungen ent-
sprechen dürfte*''} und in neueren englischen Gerichtsentscheidungen
auch vertreten worden ist, so wäre die unmittelbare logische
Folge gewesen, dass sie sich sofort auf diplomatische Auseinander-
setzungen hätte einlassen und die Verantwortung ohne weiteres
hätte übernehmen müssen. Denn alsdann wäre es ihre Aufgabe
gewesen, das Landesrecht so zu gestalten, dass die Recht-
sprechung es im Einklang mit dem internationalen Recht aus-
schliesslich anwenden musste oder, anders ausgedrückt, dass das
internationale Recht als Landesrecht Anwendung finde. Entschied
sie sich für die ältere Ansicht der englischen Rechtsprechung und
Literatur, dann gewann sie Zeit, konnte auf den ordentlichen
Rechtsweg und die in ihrer allgemeinen Geltung doch vielleicht
sehr anfechtbare Regel verweisen, dass die gerichtlichen Ent-
scheidungen abzuwarten seien. Die Wahl konnte nicht zweifel-
haft sein, weil die Regierung bei dem Ausfall der Entscheidungen
ihrer Gerichte und insbesondere mit Rücksicht auf die wirklich
nationale Rechtsprechung der Prisengerichte wusste, dass sie keine
Gefahr lief, von ihren Gerichten ins Unrecht gesetzt zu werden, deren
Rechtsprechung in wunderbarer Weise dem nationalen Interesse
entsprach. Grey antwortete in seiner Note vom 31. Juli 1915^"),
nachdem er die bekannte Stelle aus dem Urteil des Lord Stow eil
im Fox-Falle (S. 18) und die oben mitgeteilte Stelle aus dem
Zamora-Falle wiedergegeben hatte, unter Nr. 6 und 7:
") Vgl. Triepel, 1899. 438 ff.
^°) p. 16 der in Anni. 48 bezeichneten englischen und p. 163 der dort an-
geführten amerikanischen Veröffentlichung.
§ 7. Der Standpunkt der englischen Regierung 37
6. In der Note, welche ich Eurer Exzellenz am 23. Juli aushändigte,
bemühte ich mich, die Regierung der Vereinigten Staaten zu überzeugen,
und ich vertraue darauf, dass die Massnahmen, zu deren Annahme wir uns
durch zahlreiche Taten gezwungen gesehen haben, die von unseren Feinden
unter Verletzung des Kriegsrechts uod der Forderungen der Menschlichkeit
begangen worden sind, mit den Grundsätzen des internationalen Rechts über-
einstimmen. Die Gesetzmässigkeit dieser Massnahmen ist noch nicht Gegen-
stand einer Prisengerichtsentscheidung geworden; aber ich möchte diese Ge-
legenheit wahrnehmen, um Eure Exzellenz daran zu erinnern, dass jedem Bürger
der Vereinigten Staaten, dessen Ansprach das Prisengericht prüft, freisteht,
geltend zu machen, dass eiue Order in Council, welche seinen An-
spruch betreffe, mit den Grundsätzen des internationalen Rechts
unvereinbar und deshalb für das Gericht nicht bindend sei^').
Wenn das Prisengericht ablehnt, seine Ansicht anzunehmen, und wenn nach-
her eine solche Entscheidung auf die Berufung durch das Judicial Comniittee
Seiner Majestät Privy Council bestätigt wird , und die Regierung der Ver-
einigten Staaten von Amerika meint, dass ernster Grund für die Annahme
besteht, dass die Entscheidung unrichtig sei und die Rechte ihrer Bürger
verletze, so steht es ihr frei, zu beanspruchen, dass sie einem internationalen
Gerichtsliof zur Nachprüfung vorgelegt werde.
7. Dieser Grundsatz, dass die Entscheidungen der nationalen Prisen-
gericbte, soweit sie sich dazu eignen, internationaler Nachprüfung unter-
worfen werden sollen, ist von Grossbritannien im Artikel 7 des Jay Vertrages
von 1793^^) und vou den Vereinigten Staaten von Amerika in dem Vertrage von
Washington von 1871*^) eingeräumt worden. Ihre ßxzellenz wird sich zweifel-
los erinnern, dass gewisse Fälle (insgesamt als Matamoros- Fälle") bekannt)
5') Ebenso Holland, Neutral duties 13; Pyke 216.
^■') Richtig 1794 bei Malloy, Vol. I 596; Moore, Vol. 5 § 826. Artikel 7
bestimmt, dass die Vereinigten Staaten und England ihre Staatsangehörigen
gegenseitig durch eine fünfgliedrige Kommission für unregelmässige oder un-
gesetzliche Beschlagnahmen oder Verurteilungen von Schiffen oder anderem
Eigentum entschädigen, was England 11,6 Millionen Dollar, die Union 140000
Dollar kostete.
^') Bei Fleischmann 95 und Malloy I 705.
") In dem amerikanischen Bericht von Haie 246 „Rio Grande cases" ge-
nannt. Es handelt sich um die Prisenfälie der Schiffe Sir William Peel, Dashing
Wave, Geziena Heligonda, Volant und Science, die in der Mündung des Rio
Grande lagen und ihre Ladung im mexikanischen Grenzhafen Matamoros löschten
oder empfingen. Die bekannten amerikanischen und englischen Kompendien und
Entscheidungssammlungen in Auswahl erwähnen sie bis auf wenige Ausnahmen
(Moore, International law, und StoAvell-Munro) nicht. Es werden vielmehr
die mit ihnen verwandten Fälle Bermuda, Stephen Hurt, Springbok und Peter-
hoff (siehe Snow 465, 509, Scott 852, Cobbett II 470, auch Mise. Nr. 1 [1900J
[Cd. 34] p. 24—39, 42—45, 61—65) abgehandelt. Moore VII 715 und Stowell-
Munro II 391 erörtern den Fall Peterhoff im Widersprach mit dem englischen
und amerikanischen Bericht als Hauptbeispiel der Matamorosfälle. Die Literatur
siehe bei Oppenheim II 470 Anm. 6 und 503 Anm. 1 u. 2 und bei Moore
a. a. 0., die Entscheidungen des Supreme Court über die Matamorosfälle bei
Wallace, Vol. 5, 170,178,179,517; die Lage der vier abgeurteilten Schiffe
38 Zweites Kapitel: Verhältnis vuii Völkerrecht uml Landesrecht
der Kommission vorgelegt wurden, welche gemäss Artikel 12— 17*^) des
Vertrages von Washington errichtet worden ist. In jedem dieser Fälle sind
Prisengerichtsverfahreu bei den Prisengerichten der Vereinigten Staaten vor-
ausgegangen, und in jedem dieser Fälle ist das Urteil des Höciisten Gerichts,
des Gerichts letzter Instanz in Prisenfällen, erwirkt worden. Die Vereinigten
Staaten erhoben eine Einrede, indem sie ausführten, dass die Entscheidungen
zweiter Instanz, nachdem jene Fälle durch die Prisengerichte der Vereinigten
Staaten in erster und zweiter Instanz geprüft worden sind, endgültig seien,
und kein begründeter Bechtsanspruch vor der Kommission geltend gemacht
werden könne. Die Einrede wurde bei der gerichtlichen Prüfung, der Fälle
einmütig verworfen, und der Vertreter der Vereinigten Staaten legte in seinem
Bericht über die Kommissionsverhandlungen dar, dass er persönlidi „keinen
Zweifel an der Gerichtsgewalt der Kommission als eines internationalen Gerichts-
hofes habe ^/®), die Entscheidungen der Prisengerichte der Vereinigten Staaten
nachzuprüfen, nachdem die sich beschwert fühlenden Parteien ihre Ansprüche
durch Eechtsmittel bis zum Gericht letzter Instanz verfolgt hätten. Da die
Gerichtsgewalt freilich manchmal in Frage gestellt worden ist, hielt er es
für wünschenswert, wenn die Kommission eine formelle Entscheidung über
diese Frage") erlassen würde".
Zum Scliluss lieisst es dann in Nr. 9 :
„Wenn vom Prisengericht und auf Berufung vom Judicial Committee
of Privy Council angenommen wird, dass die Orders und Anweisungen, die
von Seiner Majestät Regierung in Prisensachen erlassen sind, sich mit den
Grundsätzen des interaationalen Rechts in Einklang befinden, und die Re-
(mit Ausnahme der Geziena Helligonda) ist aus der Skizze p. 173 ersichtlich;
hier ist auch p. 1 — 28 die Quelle der Entscheidung des Spriugbok- und p. 28—62
des Peterhoff-Falles; Wallace, Vol. 3 p. 514 — 559 befindet sich der Bermuda-,
559-560 der Hurt-Fall. Moore, Arbitrations, gibt I fi83 ff. eine Darstellung
der civil war Claims im wesentlichen auf Grund des Haieschen und Howard-
scheu Berichtes und IV 3928 ff. des Springbokfalles und der Matamorosfälle.
^^) Aehnlich Avie Artikel 7 des Jay- Vertrages, jedoch umfassender. Die
Kommission von drei Mitgliedern sprach England eine Entschädigung von rund
2 Millionen Dollar in Gold zu (North Amerika 3, 1874), p. 34 und p. 837 des
Vol. 75. Ebenso Haie 229.
**) Bei Haie 88 heisst es entertaiued, nicht maintained, wie die Note
unrichtig anführt.
**') Der Bericht fährt fort: „Die Kommission nahm einstimmig ihre Gerichts-
barkeit in dieser Klasse von Fällen (es handelt sich um die Unanfechtbarkeit
letztinstanzlicher Priseugerichtsentscheidungen vor der Kommission) an, und alle
Mitglieder der Kommission vereinigten sich übrigens, in solchen Fällen gegen die
Vereinigten Staaten (die diesen formellen Einwand erhoben hatten) zu entscheiden".
Dieses Ergebnis spricht in der Tat nicht für die nationale Prisengerichts-
barkeit. Die Note verkennt übrigens, dass es sich bei jener Streitfrage airs-
schliesslich um eine Auslegung des Vertrages von Washington handelte, und
dass die Vertröstung auf ein künftiges Schiedsgerichtsverfahren das Unrecht
einer gesetzwidrigen Prisengerichtsentscheidung als solches nicht rechtfertigen
oder wieder gut machen kann, selbst wenn jenes Schiedsverfahren so günstig
verläuft, wie es in den Matamoros-Fälleu übrigens auch nur zu einem Teil zutrifft.
§ 7. Der Standpunkt der englischen Regierung 39
gierung der Vereinigten Staaten sich leider gezwungen sehen sollte, ihre
entgegengesetzte Ansicht aufrecht zu erhalten, so würde Seiner Majestät Re-
gierung bereit sein, sich mit der Staatenregierung über den besten Weg zu
verständigen, auf dem der obige Grundsatz auf die Lage anzuwenden ist, die
alsdann gegeben sein wird".
In g'leicher Schärfe wird der Standpunkt der älteren Theorie
und Praxis in Nr. 40, 41 und 44 des an die Vereinigten Staaten
gerichteten Memorandums vom 24. April 1916^^) vertreten, nach-
dem diese Regierung in ihrer Antwortnote vom 5. November 1915
in Nr. 29 und 30 rund heraus erklärt hatte, dass die Art der Recht-
sprechung- vor den Prisengerichten verbiete, ihren Spruch abzu-
warten, und dass diese überhaupt nicht autorisiert seien. Denn
„das internationale Recht allein entscheidet die Rechtmässigkeit der Ausübung
des Kriegführungsrechts zur Beschlagnahme und Festhaltung solcher Schiffe".
Und vorher wird Nr. 26 ausgeführt:
„Sie (die Fälle) ergeben sich aus Handlungen, die von den
britischen Seebehörden auf hoher See begangen werden, auf
der die Gerichtsgewalt über neutrale Schiffe allein nach inter-
nationalem Recht erlangt wird . . . wenn die Prisengerichte an die Ge-
setze und Bestimmungen gebunden sind, auf Grund deren die Festhaltungen
- und Beschlagnahmen erfolgen, und von denen die Kläger behaupten, dass sie
Übertretungen des Völkerrechts darstellen, so sind diese Gerichte machtlos,
auf den wirklichen Beschwerdegrund einzugehen oder für Unrecht dieser Art
Abhilfe zu schaffen ... wie kann ein Gerichtshof, der in seiner
Rechtsprechung und seinem Verfahren durch Landesgesetze ge-
fesselt ist, sich selbst von diesen Beschränkungen frei erklären
und innerlich frei die Bestimmungen des internationalen Rechts
anwenden? . . . "
S. 9 Nr. 29:
„Landesgesetze und Bestimmungen, welche die internationalen Rechte
anderer Nationen verletzen, können auf hoher See nicht in der Weise auf
Schiffe der letztgenannten ausgedehnt werden, dass ein kriegführendes Land
berechtigt ist, sie in seine Häfen zubringen und, nachdem es sie gesetz-
widrig in den Bereich seiner Gebietshoheit gebracht hat, sie zu
zwingen, sich den heimischen Gesetzen und Bestimmungen des
Landes zu unterwerfen".
Der Gegensatz ist klar: Der amerikanische Standpiinkt ver-
tritt die moderne Rechtsauffassung, dass das Völkerrecht eine
eigene selbständige Ordnung ist, mit der das Landesrecht und
88) Mise. Nr. 15 (1916) Cd. 8234 p. 8 und 28.
40 Zweites Kapitel: Verhältnis vun Völkenetht und Landesrecht
seine Rechtsprechung- in Einklang zu bringen unmittelbare Pflicht
des der Völkerrechtsgemeinschaft angehörigen Staates ist; danach
ist gerade dieser Einklang der eigentliche und wichtigste Gegen-
stand der Vülkerrechtsverpflichtungen des Staates. Nach dem
Standpunkt der englischen Regierung ist die Frage der Überein-
stimmung von Landesrecht mit dem Völkerrecht Aufgabe der
Rechtsprechung, ihre Sprüche sind massgebend für die Frage, ob
eine Übereinstimmung vorliegt oder nicht, und mögen mit poli-
tischen Mitteln angefochten werden, rechtlich sagen sie endgültig
aus, ob das internationale Recht durch das Landesrecht verletzt
wird oder nicht, da ja danach die Gerichtshöfe die Befugnis haben,
verletzende Landesrechtsnormen für unanwendbar zu erklären.
Hiernach hat also das Landesrecht dem internationalen Recht zu
weichen, ohne dass es einer Regierungsmassnahme bedürfe, auf
Grund richterlicher Nachprüfung^^).
Ein anderer Weg zum gleichen Ziele einer Einschränkung
der Anwendbarkeit des Völkerrechts liegt in der Richtung, dass
überhaupt geleugnet wird, die betreffende Massnahme der Landes-
gesetzgebung beträfe völkerrechtliche Gegenstände, dass also die
ausschliessliche Zuständigkeit der landesgesetzlichen Regelung
behauptet wird. Auch diesen Weg weiss die englische Regierung
zu gehen, ohne den inneren Widerspruch mit dem anderen Stand-
punkt zu bemerken oder gelten zu lassen, wenn sie ihn wirklich
bemerkt hätte. Der Widerspruch liegt aber darin, dass im ersten
Falle gesagt wird, das internationale Recht würde von den Ge-
richten als dem Landesrecht übergeordnet anerkannt und ange-
wandt, und im zweiten Falle die Meinung vertreten wird, dass
eine solche Anwendung gar nicht in Betracht komme, weil der
Gegenstand zur ausschliesslichen Zuständigkeit der Laudesgesetz-
gebung gehöre; das heisst doch letzten Endes, dass diese ihrer-
seits dem internationalen Recht übergeordnet sei.
b) Die Auseinandersetzung mit der gleichen Regierung über das Verbot des
Handels mit dem Feinde (Schwarze Listen u.a.)'").
Diesen letzten Standpunkt nimmt die englische Regierung zur
*) Uurichtig von Liszt in seinem Beitrag zum „Englischen Gesicht" 231.
") Vgl. hierzu Curti 2 ff . und die Moratorien S. 119 ff., sowie die Aus-
§ 7. Der Standpunkt der englischen Regierung 41
Verteidigung' ihrer Einführung der schwarzen Listen und in dem
wirklich gründliclien, umfassend ausgebauten System des gänz-
lichen Verbotes eines Handelsverkehrs mit den darauf gesetzten
Firmen eiu^^). In der Note vom 10. Oktober 1916 führt Grey
Mr. Page gegenüber aus:
2. ... Es ist ausschliesslich ein Stück der Laudesgesetzgehung und sieht
vor, dass Seine Majestät im Wege der Proklamation Personen im Vereinigten
Königreich verhietet, mit irgendwelchen Personen in fremden Ländern Handel
zu treiben , die etwa in solchen Proklamationen oder in folgenden Orders
näher bezeichnet werden, und es werden auch angemessene Strafen Personen
in den Vereinigten Königreichen auferlegt, welche die Vorschriften dieser
Satzungen verletzen.
3. Das ist alles. Seiner Majestät Regierung bezweckt weder noch bean-
sprucht sie, irgendwelche rechtlichen Nachteile oder Strafen neutralen Indi-
viduen oder dem neutralen Handel aufzuerlegen. Die Massnahme ist ein-
fach darauf gerichtet, diejenigen, welche Grossbritannien die
Untertanentreue . schuldig sind, zu verpflichten, die Handels-
beziehungen mit Personen aufzugeben, welche, wie festgestellt,
dem Feinde beistehen oder Dienste leisten.
4. Ich kann kaum glauben, dass die Staatenregierung beabsichtigt, das
Recht Grossbritanniens als eines souveränen Staates streitig zu machen, Ge-
setze zu erlassen, durch welche allen denen, die ihm Untertaneutreue schulden,
der Handel mit bestimmt bezeichneten Personen verboten wird, wenn ein
solches Verbot im öffentlichen Interesse für notAvendig gehalten wird. Das
Recht hierzu ist so offenbar, dass ich sicher bin, der Protest, den Eure Exzellenz
mir zustellten, beruht auf einem Missverständnis des Zweckes und der Absicht
der getroffenen Massnahmen.
5-. Diese Ansicht wird durch einige Bemerkungen bestärkt, die in der
Note gemacht worden sind. Es ist zum Beispiel dargelegt, dass diese Mass-
nahmen „die Rechte der Bürger aller nicht in den Krieg verwickelten Nationen
in unvermeidlicher und wesentlicher Weise verletzen". Die Note fährt dann
fort, auseinanderzusetzen, dass Bürger der Vereinigten Staaten völlig in ihrem
Rechte seien, wenn sie es unternehmen, „mit einer der jetzt im Kriege be-
findlichen Nationen Handel zu treiben". Seiner Majestät Regierung gibt ohne
weiteres zu, dass die Bürger jeder neutralen Nation berechtigt sind, mit
kriegführenden Ländern Handel zu treiben. Die Vereinigte Staatenregierung
wird zweifellos in gleicher Weise ohne Aveiteres zugeben, dass sie, Avenn sie
dies tun, dem Recht des andern Kriegführenden unterworfen sind, diesem
Handel mit allen Mitteln, die in seiner vom internationalen Recht anerkannten
Macht stehen, ein Ziel zu setzen, zum Beispiel durch solche Massnahmen, Avie
uahmegesetze S. 7 ff. Vgl. Zeitschr. f. Völkerrecht X (1917) S. 189—198. Die
Kenntnis dieser Werke oder der ihnen zugrunde liegenden Vorschriften Avird
vorausgesetzt.
«1) Mise. Nr. 36 (1916) Cd. 8352 p. 3.
42 Zweites Kapitel: Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht
die Beschlagnahme neutraler Güter als Konterbande oder wegen Blockade-
bruches usw. Die hier in Frage stehenden Ausnahmegesetze gehören freilich
nicht zu dieser Klasse von Massnahmen. Sie sind ausschliesslich
Landesgesetze, und zwar in Ausübung des souveränen Rechtes
eines unabhängigen Staates über seine eigenen Bürger erlassen,
und weiter nichts. Diese Tatsache hat sich, wie ich annehme, die Regierung
der Vereinigten Staaten von Amerika nicht ganz vergegenwärtigt, denn die
Note behauptet, dass die Regierung nicht einverstanden sein könne, wenn sie
sieht, dass diese Mittel und Strafen willkürlich unter Verletzung der Rechte
ihrer Bürger geändert und erweitert werden, und sagt, dass „unter den Grund-
sätzen, welche die zivilisierten Nationen der Welt zur Aufrechterhaltung der
Rechte der Nationen angenommen haben, der richtige und anerkannte Grund-
satz berühmt ist, nach dem Neutrale weder veiurteilt, noch ihre Güter ein-
gezogen werden dürfen, wenn nicht auf Grund eines einwandsfreien Richter-
spruches, und nachdem Gelegenheit gegeben worden ist, die Sache vor einem
Prisengericht oder in anderer geregelter Weise vorzutragen".
6. Wie ich oben gesagt habe, verbieten die Gesetze nur Personen in den
Vereinigten Königreichen den Handel mit bestimmt bezeichneten Individuen,
von denen wegen ihrer Nationalität oder ihrer Verbindungen festgestellt
worden ist, dass sie die Sache des Feindes unterstützen, so dass der Handel
mit ihnen dessen Sache fördert. Insoweit diese Gesetzgebung in Frage kommt,
wird kein Recht oder Eigentum dieser bestimmten Individuen betroffen; weder
sie noch ihr Eigentum werden verurteilt oder eingezogen ; sie sind so frei,
wie zuvor, ihre Geschäfte zu betreiben. Der einzige Nachteil, den sie
erleiden, ist, dass britischen Staatsangehörigen verboten ist, sie
mit britischem Kredit und britischem Eigentum zu unterstützen
und zu fördern.
In diesen interessanten Ausführungen wird die Frage ge-
flissentlich nicht untersucht, auf die alles ankommt, ob näm-
lich die formell unanfechtbaren landesgesetzlichen An-
weisungen den anerkannten völkerrechtlichen Verpflich-
tungen nicht widersprechen, wie sie sich aus den allgemein
geltenden und besonderen Staatsverträgen mit den Vereinigten
Staaten ergeben.
In dem hier erörterten Zusammenhange ist nur noch hervor-
zuheben, dass die beiden, wie dargelegt, einander widersprechenden
Begründungsversuche nicht geeignet sind, ihren Zweck zu erreichen.
Sind bestimmte Völkerrechtssätze vorhanden, so wird ihre Ver-
letzung nicht dadurch aufgehoben, dass sie durch eine
willige Rechtsprechung gebilligt oder durch eine rück-
sichtslose Landesgesetzgebung umgangen werden. Bei
dem bisher erörterten Versuch, eine solche materielle Verletzung
§ 7. Der Standpunkt der englischen Regierung 43
der Normen als rechtmässig hinzustellen, handelt es sich um die
Rechtfertigung von Massnahmen, welche den Inhalt der völker-
rechtlichen Verbindlichkeiten als solchen treffen. Es sind noch
Massnalimen zu besprechen, welche die Normen selbst unberührt
lassen, ihre Wirksamkeit aber durch prozesstechnische Bestim-
mungen aufheben. Bevor hiei-auf eingegangen wird, dürfte eine
kleine geschichtliche Abschweifung lehrreich sein.
c) Die Haltung der englischen Regierung im amerikanischen Bürgerkriege.
Die beiden Argumentationen der englischen Regierung zur
Ausdehnung der Rechte des kriegführenden Staates empfangen
durch die Haltung Englands als eines neutralen Staates ein be-
sonderes Licht. Im amerikanischen Bürgerkriege waren Abge-
sandte der Südstaaten durch ein Kriegsschiff der Nordstaaten von
dem englischen Schiff Trent heruntergeholt und gefangen gesetzt
worden. Es entspann sich darüber eine lebhafte diplomatische
Auseinandersetzung, die uns noch anderweitig (§ 9) beschäftigen
wird. .Frankreich, Russland, Österreich und Preussen nahmen
den Standpunkt Englands ein und ergriffen entschieden in diplo-
matischen Noten, von denen die französische ganz besonders
interessiert, für England Partei. Earl Russell, der englische
iMinister für auswärtige Angelegenheiten, schreibt nun am 23. Januar
1862 an den englischen Gesandten in den Vereinigten Staaten, Lord
Lyons, unter anderen völkerrechtlichen Auseinandersetzungen^-):
,Mit Rücksicht ^uf die Grundsätze, die von Herrn Seward (dem Staats-
sekretär der Nordstaaten für auswärtige Angelegenheiten) vertreten werden,
und die Folgerung-en, die sie einscbliesseu, hält es Ihrer Majestät Regierung
für notwendig, zu erklären, dass sie sich bei der Kaperuug eines britischen
Handelsschiffes unter ähnlichen Umständen, wie des Trent, nicht beruhigeu
würde, und dass die Einleitung eines prisengerichtlichen Ver-
fahrens gegen ein britisches Schiff, obgleich dadurch die Sachlage
geändert wird, selbst diese Tatsache die Schwere der dadurch be-
gangenen Zuwiderhandlung gegen das Völkerrecht nicht ver-
ringern würde".
Zum Schluss heisst es dann weiter:
„Herr Seward behauptet, dass es, ,wenn die Sicherheit der Union die
*'^) Bei Montague Bernard 222. Es ist bemerkenswert, das Vol. 10
(1916) p. 1 ff. American Journal aus Beruard den hier fraglichen Schriftwechsel
zum grössten Teil zum Abdruck bringt.
44 Drittes Kapitel: ßeweislast und Beweisvermutungen
Festualnne iler gekaperten Personen erforderte, das Recht und die PHielit
der Regierung sein würde, sie festznlialten". Er sagt weiter, dass der
Rückgang des Aufstandes und die verhältnismässig geringe Bedeutung der
gekaperten Personen selbst ihm verbieten, zu dieser Begründung seine Zuflucht
zu nehmen. Herr Se ward vertritt hier kein im internationalen Recht
begründetes, den neutralen Nationen vielleicht unbequemes und
sie verbitterndes Recht; er verliert ganz den Blick für den un-
geheuren Unterschied, der zwischen der Ausübung eines äusserst
weitgehenden Rechts und der Begehung eines fraglosen Unrechts
besteht. Sein Freimut zwingt mich, in gleicher Weise offen zu
sein und ihm mitzuteilen, dass Grossbritanuien sich der Ver-
übung dieses Unrechts nicht unterworfen haben würde, welchen
Umfang auch immer der Aufstand im Süden angenommen hätte,
und wie bedeutend auch immer die gekaperten Personen gewesen
wären".
Die Frage liegt nahe, welche Sprache Grossbritannien wohl
gefunden haben würde, wenn es in einem Kriege, wie dem gegen-
wärtigen, als neutraler Staat dasselbe hätte von einem krieg-
führenden Staate erdulden müssen, was es selbst jetzt den neu-
tralen Staaten zufügt. Für die rechtliche Beurteilung der Mass-
nahmen einer Kriegspartei ist natürlich ihre eigene Haltung in
der Stellung des neutralen Gegeninteressenten während eines Krieges
unter anderen Parteien zu deren ähnlichen Anordnungen von nicht
zu unterschätzender Bedeutung. Man wird doch sagen müssen,
dass sich eine Kriegspartei die Beurteilung gefallen lassen muss,
welche sie selbst in einem ähnlichen Konflikt in früherer Zeit
vertreten hat, und ganz besonders dann, wenn sie sich hierbei
selbst in der Lage eines neutralen Staates befand.
Drittes Kapitel
Die völkerrechtliche Bedeutung von Bestimmungen über die
Beweislast und die Einführung von Beweisvermutungen.
§ 8
Die Auffassung" der Regierungen Englands und der Vereinigten
Staaten in ilirem diplomatisclien Scliriftwechsel.
Das beste materielle Recht kann durch ein schlechtes Prozess-
recht wirkungslos gemacht werden. Zweifelsfreie Rechtsansprüche
scheitern an den Beweisschwierigkeiten oder an der einseitigen
§ 8. Auffassung Englands und der Vereinigten Staaten 45
Beweiswürdigung' des nationalen Prisenrichters. Die praktische
Durchsetzung dogmatisch gegebenen Rechts ist also schon durch
die Abhängigkeit von Menschen und Dingen grundsätzlich frag-
lich'''^), wird aber völlig unsicher, das Recht selbst wird durch
einen technischen Kunstgriff zur leeren Hülse, seiner Wirkungs-
möglichkeit beraubt, wenn gesetzliche Beweisverrautungen — von
richterlichen Beweiskonstruktiouen durch die richterliche Über-
zeugung ganz zu schweigen — die tatsächliche Grundlage für die
Verwirklichung der Ansprüche von vornherein festlegen, so dass
die formell offengelassenen Gegenbeweise praktisch nicht zu führen
sind. In dieser Richtung ist die englische Seekriegsgesetzgebung
vorbildlich. Freilich hat sie von vornherein den schärfsten Wider-
spruch von selten der Neutralen erfahren. In der Note vom
28. Dezember 1914 (Anm. 47) machen die Vereinigten Staaten
geltend :
„Die britischen Behörden unternahmen diese Beschlagnahmen
und Festhaltungen, ohne im Besitz von Tatsachen zu sein,
welche einen vernünftigen Grund dafür abgäben, dass die Ver-
schiffungen in Wirklichkeit eine feindliche Bestimmung hätten,
, wie der Ausdruck im internationalen Recht lautet, obgleich bei der Fahrt
nacli neutralem üebiet eine unschuldige Bestimmung .vermutet wird. Blosser
Verdacht ist kein BeAveis, und Zweifel sollten zugunsten des
neutralen Handels, nicht gegen ihn entschieden werden".
Und weiter heisst es :
„Es scheint auch, dass Ladungen dieser Art aus dem Grunde von den
britischen Behörden beschlagnahmt worden sind, weil sie schliesslich
das Gebiet der Feinde Grossbritanniens erreichen, wenn sie auch
von den Verladern von vornherein nicht dorthin bestimmt waren.
Doch dieser Grund verwandelt sich häufig in eine reine Furcht in Anbetracht
der Beschlagnahmen, die bei bestimmten Artikeln, aus denen sich die
Ladungen zusammensetzen, von den neutralen Bestimmungsländern angeordnet
worden sind.
Dass für Artikel, die in dem Verzeichnis bedingter Konter-
bande eingetragen sind und nach eiuem neutralen Hafen ver-
schifft werden, wieder eine gesetzliche Vermutung feindlicher
Bestimmung aufgerichtet wird, scheint im Widerspruch zustehen
mit dem Grundsatz, den Grossbritannien selbst früher vertreten
hat, und der während des südafrikanischen Krieges vom Lord Salisbury
''^) Ludwig Bendix: Problem der Eechtssicherheit , Die freie Beweis-
würdigung des Strafrichters, im Archiv für Strafrecht Band 63 S. 31 ff., siehe
auch Sächsisches Archiv 1916. 377 und Gerichtssaal Bd. 85 S. 77.
46 Drittes Kapitel: Beweislast uncl Bevveisvermutungen
wie folgt festgestellt worden ist: ^Lebensmittel "*) können, selbst wenn
sie eine feindliche Bestimmung haben, als Kriegskonterbande
nur angesehen werden, falls sie für die feindlichen Streitkräfte
bestimmt sind. Es genügt nicht, dass sie zu einem Gebrauch
durch diese geeignet sind. Es muss bewiesen werden, dass dies
in Wirklichkeit zur Zeit ihrer Beschlagnahme ihr Zweck ge-
wesen ist.
Mit dieser Feststellung des Begriffes der bedingten Konterbande stimmen
die Ansichten imserer Regierung vollständig überein, und die amerikanischen
Schiffer sind berechtigt, sich auf diese Lehre zu verlassen, welche Gross-
britannieu in der Vergangenheit ständig vertreten hat, mochte es Krieg führen
. oder neutral sein"*^).
Grey antwortet am 10. Februar 1915 (in Anm. 47 S. 10, 11,
12 und 14):
„Niemand wird in diesen Tagen den allgemein anerkannten Satz bestreiten,
dass ein Kriegführender berechtigt ist, Konterbandegüter auf ihrem Wege
ziun Feinde zu kapern; dieses Recht ist ja durch lauge Übung und allgemeine
Übereinstimmung geheiligt worden. Wenn dieses Recht auch alt ist, so
ändern und entwickeln sich die Mittel seiner Ausübung mit den
Änderungen in den Methoden und dem Mechanismus des Handels.
Vor einem Jahrhundert machten die Schwierigkeiten des Landtransportes es für
den Kriegführenden unausführbar, Zufuhren von Überseegüteru über ein benach-
bartes neutrales Land zu erlangen. Hieraus folgt, dass die Kriegshandlungen
seiner Gegner eine Nachprüfung der Warensendungen auf ihrem Wege zu einem
neutralen Hafen weder erforderten noch rechtfertigten. Dieser Grundsatz ist in
den Entscheidungen anerkannt und angewandt worden, in denen Lord Stowe 11
die Gesichtspunkte aufstellte, unter deren Beachtung solche Güter beschlag-
nahmt werden durften.
Nachdem die Dampfkraft ihren Siegeszug durch die Welt angetreten hat,
ist es für einen Kriegführenden leicht geworden, sich durch die Häfen eines
benachbarten neutralen Landes, wie durch seine eigenen zu versorgen, und
deshalb ist es für seine Gegner unmöglich geworden, sich einer Einmischung
in den für den Feind bestimmten Handel zu enthalten, nur weil er auf seinem
Wege zu einem neutralen Hafen betrieben wird.
Kein besseres Beispiel für die Notwendigkeit, neuen Kunstgriffen und
neuen Methoden der Beförderung von Konterbandegütern zum Feinde ent-
gegenzutreten und für die Anwendung des fundamentalen Grundsatzes, auch
solclie Konterbande za beschlagnahmen, kann es geben, als die Schritte, welche
die Regierung der Vereinigten Staaten während des amerikanischen Bürger-
krieges zu unternehmen für notwendig hielt.
«*) Ebenso schon im Falle Jonge Margareta (1799) [1. C. Roh. 189] bei
Tudor 981, Snow 467, Scott. Gases 762 (vgl. 766 Anm. 1). Siehe zu diesem
Falle Smitt-Sibley 229 ff.
«5; Vgl. z. B. Lushingtou Nr. 164, Holland, Manual Nr. 50 u. 142.
§ 8. Auffassung Englands und der Vereinigten Staaten 47
Die Gelegenheiten, die jetzt ein Kriegführender besitzt, um Zufuhren über
neutrale Häfen zu erlangen, sind weit grösser, als sie vor fünfzig Jahren
waren, und die geographischen Bedingungen des gegenwärtigen Krieges ge-
währen dem Feinde Aveitere Unterstützung, derartige Wareneinfuhren herein
zu bringen. Wir stehen der Aufgabe gegenüber, solche Zufuhren zu
unterbrechen, die mit Aussicht auf Erfulg unternommen werden, weil ihnen
eine ausgearbeitete Organisation zur Verfügung steht, und die Höhe der Kosten
keine Eolle spielt. Wenn unsere Kriegführungsrechte aufrecht er-
halten werden sollen, ist es für uns von höchster Bedeutung,
zwischen dem wirklich gutgläubigen für das betreffende neu-
trale Land bestimmten Handel und dem für das feindliche Land
bestimmten Handel zu unterscheiden. Durch die Organisation
dieses Handels wird jede Anstrengung gemacht, die Waren-
bestimmung zu verbergen, und wenu ein Recht besteht, den un-
schuldigen neutralen Handel von dem feindlichen Handel zu
unterscheiden, ist es un ab weislich, dass Seiner Majestät Re-
gierung berechtigt sein muss, auch bei Gefahr eines geringen
Aufenthalts für die betroffenen Personen die Bestimmung der
einzelnen Warensendungen eingehend zu untersuchen. Wenn
solche Untersuchungen nicht gemacht werden dürfen, dann
niüsste entweder die Ausübung unserer Kriegf ühruugsrechte
aufgegeben werden, was die Verlängerung dieses Krieges und
die Vermehrung der Verluste u'nd Leiden bedeuten würde, welche
der ganzen Welt auferlegt werden, oder andernfalls muss man
gegen die ununterschiedene Kaperung neutraler Güter und ihre
Festhaltung während der ganzen Zeit des sich anschliessenden
Prisengerichtsverfahrens nachsichtig sein®*^). Unter dem jetzt an-
genommenen System hat es sich als möglich herausgestellt, ohne Aufenthalt
und folglich ohne neuneuswerten Verlust für die beteiligten Personen ' alle
Güter freizulassen, deren unschuldige Bestimmung durch die Untersuchungen
sich herausgestellt hat.
Wohl mag -das System derartiger Untersuchungen bis zu einem ge-
wissen Grade eine neue Einrichtung sein, die in weit höherem Grade
als in einem früheren Kriege angewandt worden ist; wenn es aber als eine
neue Richtung beschrieben wird, so ist es eine Richtung, welche
durchaus im Interesse der Neutralen liegt, und die den Zweck verfolgt, sie
soweit wie möglich vor Verlust und Belästigung zu bewahren.
In diesen Tagen ist keine Macht imstande, während eines grossen Krieges
die Ausübung des Anhaltungs- und Durchsuchungsrechts aufzugeben. Schiffe,
''^) In einem Briefe des Foreign office vom 3. April 1862 (bei Snow 513)
dagegen heisst es richtig, dass die Regierung der Vereinigten Staaten kein
Recht habe, ein britisches Schiff in Beschlag zu nehmen, das von einem britischen
Hafen zu einem andern neutralen Hafen fahre. Ebenso The Imina (1800)
[3. Roh. 167] bei Scott, Cascs 776, und Smitt-Sibley 237, Myer 29 § 326,
Kleen, Neutralit^ I 376, Hall 109, 119 ff.
48 Drittes Kapitel : Beweishiat uiul iJcweisvennutungen
welclie offensichtlicb hannlose Kauffalirer siiul, künneii zum Transport luul
zum Legen von Minen bestimmt sein, und sind sogar geeignet, Torpedos ab-
zufeuern. Zufuhren für Unterseeboote können oline Schwierigkeit unter anderer
Ladung verborgen werden. Der einzige Schutz gegen diese Gefahren
besteht darin, jedes Schiff, das in der Operationszone erscheint, anzu-
halten und vollständig zu durchsuchen und, wenn die Umstände
derart sind, dass die Ausführung an der Stelle unmöglich ist, wo das Schiff
angetroffen wird, dann bleibt in ytler Tat nur als einzig gangbarer Weg-,
das Schiff zu diesem Zweck an einen passenderen Ort zu bringen. Wenn so
verfahren wird, so ist das nicht als die Inanspruchnahme eines neuen Krieg-
führungsrechts anzusehen, sondern als eine Anpassung des geltenden Rechts
an die modernen Handelsbedingungen. . . .
Der Grundsatz, dass die Beweisla.st stets dem Kaperer aufzuerlegen sei,
wird in der Theorie gewöhnlich angenommen. In der Praxis ist es jedocli
fast immer anders gewesen, und jeder, der die Prisengerichtsentscheidungen
der Vergangenheit oder auch moderner Kriege kennt, weiss, dass Waren selten
der Verurteilung entgehen, wenn ihr Eigentümer nicht in der Lage ist,
zu beweisen, dass sie eine unschuldige Bestimmung haben*').
Vor einigen Jahren ist in der unratif izierten Londoner Dekla-
ration ein Versuch gemacht worden, einige bestimmte Regeln
über diesen Gegenstand vorzuschreiben, aber die Zeit aliein
kann uns lehren, ob die dort aufgestellten Regeln die Proben
moderner Kriegführung bestehen werden".
Grey schliesst seine Note mit dem häufig wiederkehrenden
Gesichtspunkt, ohne zu beachten, dass allein entscheidend wäre,
wer mit den Rechtswidrigkeiten begonnen hat:
„Es ist unmöglich, dass der eine Kriegführende von Bestimmungen und
Präzedenzien abgeht, der andere dagegen an sie gebunden bleibt".
In antithetischer Schärfe treten sich dann wieder die An-
sichten der damals neutralen Vereinigten Staaten in ihrer Antwort
vom 5. November 1915 und des kriegführenden Grossbritannien in
seiner Erwiderung vom 24. April 1916 gegenüber ^^). Inder ersten
heisst es (vgl. Anm. 58 p. 2, 3, 4, 5, 8, 9) :
*^') Von den Vereinigten Staaten als kriegführenden Staaten in der Tat
ebenso gehandhabt, siehe Myer 29 §§ 1699 ff.
'^*) Vgl. auch die Korrespondenz zwischen dem britischen Gesandten in
Haag und dem holländischen Minister des Auswärtigen im Herbst 1914 in The
Times Doc. Hist. p. 69 ff. und Recueil 131.
Loudon schreibt am 7. Oktober 1914: „Aus Eurer Exzellenz Mitteilung
scheint zu folgen, dass solche Schiffe, und sogar Fischersegelboote, ohne weiteren
Beweis als mit Minenlegen beschäftigf; angesehen werden, und dass sie, Avenn
sie versuchten, durch Flucht dem Durclisuchungsrecht der britisclien Kriegsflotte
zu entgehen, versenkt und die von der Mannschaft Gefangenen als „Kriegs-
verbrecher" behandelt würden.
§ 8. Auffassung Englands und der Vereinigten Staaten 49
Nr. 8. Erstens: Die Festhaltungen von amerikanischen Schiffen und
Schiffsladungen, welche seit dem Ausbruch der Feindseligkeiten stattgefunden
haben, verfolgen vermutlich die Erzwingung der Orders in Council, welche
am 20. August und 29. Oktober 1914 und 11. März 1915 erlassen wurden und
sich auf den Konterbandeverkehr und die Unterbrechung des Handels von
und nach Deutschland und Österreich-Ungarn beziehen. In der Praxis
sind diese Festhaltungen nicht gleichmässig auf Beweise ge-
gründet worden, welche zur Zeit der Beschlagnahme vorlagen,
viele Schiffe sind vielmehr festgehalten worden, bis Nach-
forschungen nach einem Beweis des Konterbandecharakters der
Ladungen gemacht waren oder wegen einer Absicht, den verkehrs-
unterbrechenden Massnahmen Grossbritanniens auszuweichen.
Die Frage ist folglich eine Beweisfrage, wie nämlich eine Annahme oder
in vielen Fällen ein blosser Verdacht der feindlichen Bestimmung oder ge-
legentlich des feindlichen Ursprungs der betreffenden Güter begründet werden
kann. Ob dieser Beweis mittelst Durchsuchung auf See zu erbringen
ist, bevor das Schiff oder Gut in den Hafen geschafft wird, und
welcher Art Beweismittel vorliegen müssen, um die Festhaltung
zu rechtfertigen, das sind die Punkte, auf welche ich Ihre Aufmerksam-
keit lenken möchte.
Nr. 8. Was nun die Art und Rechtsgültigkeit der Beweismittel für die
Konterbandenatur der Verschiffungen anlangt , auf Grund deren die Fest-
haltung eines verdächtigen Schiffes oder Gutes zum Zwecke prisengerichtlichen
Verfahrens gerechtfertigt wird, ,so ist zu erinnern, dass Prisengerichte
bei einem zur Aburteilung eingebrachten Schiff bisher durch
eine wohlbegründete und seit langem anerkannte Praxis ge-
halten waren, in der ersten summarischen Verhandlung die
Schiffspapiere und Dokumente und die an Bord gefundenen
Güter zusammen mit den bei dem eidlich vorgenommenen Verhör
niedergeschriebenen Antworten der Offiziere und Seeleute®'^),
jedes für sich so schnell wie möglich und ohne Verbindung und Unter-
weisung durch AuAvälte zu prüfen, damit Entstellungen und Täu-
schungen möglichst vermieden werden.
Nr. 9. Die Geltendmachung weiterer Beweismittel wurde
nicht erlaubt, es sei denn, dass das Gericht weiteren Beweis
anordnete, und dann auch nur, nachdem die Sache auf Grund
der bereits bewiesenen Tatsachen vollständig verhandelt worden
war, oder wenn diese einen Grund boten, weitere Untersuchungen
Der Königin Regierung kann nicht annehmen, dass es wirklich die Absicht
der britischen Regierung ist, sich allein auf eine Kette einfacher Ver-
mutungen zu stützen, um die Schuld von Personen festzustellen, die absolut
unschuldig sein mögen", p. 72 vgl. Eysinga 1915 S. 68, 1916 S. 111.
ö^) Vgl. Lushington Nr. 120 und Holland, Manual Nr. 324, und p. 82
bis 88 bei dem ersten, p. 110—117 bei dem zweiten die umfangreichen 36 Ab-
sätze mit den einzelnen Fragen. Die amerikanische Gerichtspraxis bei Myer
Vol. 29 §§ 1660 ff.
Beudix, Völkerrechtsverletzungen 4
50 Drittes Kapitel: Bewcislast und Beweisvermutungen
anzustellen. Dies war die Praxis der Vereinigten Staaten -Gerichte während
des Kriegs von 1812, des amerikanischen Bürgerkriegs, wie dies durch die
veröffentlichten Entscheidungen dieser Gerichte bewiesen wird, und ist auch
die Praxis der britischen Prisengerichte über ein Jahrhundert
lang gewesen. Diese Praxis ist durch die britischen Prisen-
gerichtsregeln verlassen worden, welche für den gegenwärtigen
Krieg durch die Order in Council vom 5. August eingeführt
wurden. Unter diesen neuen Regeln gibt es keine „erste summa-
rische Verhandlung" auf Grund des vom Schiff hergeleiteten
Beweismaterials mehr, und das Prisengericht ist nicht mehr be-
hindert, aus fremden Quellen Beweismaterial zu verwerten, für
das in dem vorläufigen Beweismaterial keine Grundlage ent-
halten war. Das Ergebnis ist, wie oben auseinandergesetzt, dass un-
schuldige Schiffe oder Ladungen nunmehr auf blossen Verdacht
hin beschlagnahmt und so lange festgehalten werden, bis Be-
mühungen gemacht worden sind, um aus fremden Quellen Be-
weismaterial zu erhalten, durch das die Festhaltung und der
Beginn des Prisengerichtsverfahrens gerechtfertigt wird. Die
Wirkung dieses neuen Verfahrens ist, dass den Händlern Ver-
lustgefahren, Zeitversäumnisse und Aufwendungen auferlegt
werden, die so gross und lästig sind, dass dadurch ein grosser
Teil des Ausfuhrhandels der Vereinigten Staaten nach den neu-
tralen Ländern Europas vernichtet wird.
Nr. 10. Um die Verantwortung für die Zeitversäumnisse der Schiffe und
Ladungen den amerikanischen Klägern aufzuerlegen, sucht die Order in Council
vom 29. Oktober 1914, wie in der britischen Note vom 10. Februar auseinander-
gesetzt, die Beweislast für den Nichtkonterbandecharakter den
Klägern in Fällen aufzuerlegen, wo die Güter an Order adressiert
sind, und der Empfänger nicht genannt ist, oder der Empfänger
sich im feindlichen Gebiete befindet. Ohne zuzugeben, dass die
Beweislast in diesen Fällen rechtmässig dem Kläger auferlegt
werden könne, genügt es für die Zwecke dieser Note, darzulegen, dass
unter die drei Klassen von Fällen, welche in der Order in Council vom
29. Oktober angegeben werden, nur wenige der vielen Beschlagnahmen oder
Festhaltungen zu bringen sind, welche tatsächlich von britischen Behörden
vorgenommen worden sind.
Nr. 15. In Gemässheit dieser Ausführungen bleiben die Vereinigten Staaten
bei ihrem Standpunkt in dieser Sache und haben keine andere Möglich-
keit, als die Rechtmässigkeit von Schiffsbeschlagnahmen zur See
auf Mutmassungen und Verdacht hin und die Praxis zu bestreiten,
nach der sie zu dem Zweck in den Hafen gebracht werden, um
durch Durchsuchung oder sonstwie Beweismaterial zu erhalten
und so die Prisengerichtsverfahren wegen des Trausports von
Konterbandegütern oder der Zuwiderhandlung gegen die Order
in Council vom 11. März zu rechtfertigen Unter Bezugnahme auf
§ 8. Auffassung Englands und der Vereinigten Staaten 51
die Rücksicht, welche Seiner Majestät Regierung vor dem gegenwärtigen
Krieg so häufig und unabänderlich für die Grundsätze der Gerechtigkeit
an den Tag gelegt hat, erwartet die Regierung der Vereinigten Staaten, dass
die britische Regierung ihre Offiziere anweisen wird, sich dieser beunruhi-
genden und gesetzwidrigen Massnahmen zu enthalten.
Nr. 29. Es gibt noch einen anderen Grund, weshalb amerikanische Bürger
die Wiedergutmachung 'ö) des ihnen durch unzulässige Festhaltungen und Be-
schlagnahme angetanen Unrechts nicht den britischen Prisengerichten zur
Entscheidung unterbreiten können, ein Grund, den ich nicht unerwähnt lassen
kann. Es ist die Art und Weise, in der die britischen Gerichte über solche
Fälle Recht sprechen. Die Gerichtsgewalt über Kauffahrteischiffe auf hoher
See steht der Nation zu, deren Flagge sie rechtmässig führen. Dieser Grund-
satz des Völkerrechts und der Staatenpraxis folgt aus dem Grundsatz der
Meeresfreiheit. Landesbestimmungen einer kriegführenden Macht
können keine Gerichtsgewalt verleihen oder Beweisregeln auf-
stellen, durch welche die Gesetzmässigkeit der Beschlagnahmen
von Schiffen neutraler Nationalität auf hoher See bestimmt
wird. Nur internationales Recht beherrscht die Ausübung des Kriegführungs-
rechts der Beschlagnahme und Festhaltung von Schiffen. Landesgesetze
und -bestimmungen, welche die internationalen Rechte einer
anderen Nation verletzen, können nicht auf die auf hoher See
befindlichen Schiffe der letzteren ausgedehnt werden, um auf
diese Weise einer kriegführenden Nation einen Rechtfertigungs-
grund zu geben dafür, dass sie die Schiffe in ihre Häfen bringt
und sie, nachdem sie gesetzwidrig in den Bereich ihrer Gebiets-
hoheit gebracht worden sind, zwingt, sich den inländischen Ge-
setzen und Bestimmungen dieser Nation, zu unterwerfen. Diese
so erlangte Gerichtsgewalt verletzt die Grundsätze der Gerech-
tigkeit und Billigkeit, Avelche alle Nationen anerkennen sollten.
Eine solche Praxis macht j ede Verfügung eines einheimischen
Gerichts über so eingebrachtes Eigentum rechtsungültig. Die
Regierung der Vereinigten Staaten ist deshalb überrascht und befremdet durch
den Versuch der Regierung Seiner Majestät, den britischen Prisengerichten durch
diese gesetzwidrige Anwendung von Gewalt die Befugnis zur Rechtsprechung
zu verleihen, damit diese Gerichte auf Schiff und Ladungen neutraler Staats-
angehörigkeit, die auf hoher See beschlagnahmt sind, Landesgesetze und Vor-
schriften anwenden, die rechtmässig nur in den Territorialgewässern Gross-
britanniens oder gegen Schiffe britischer Staatsangehörigkeit erzwingbar sind,
wenn diese sich auf hoher See befinden.
Nr. 30. Unter diesen Umständen meinen die Vereinigten Staaten, dass
man billigerweise von ihnen nicht erwarten kann, ihren Bürgern zu raten, vor
Gerichtshöfen Hilfe zu suchen, die nach ihrer Meinung nicht berechtigt
sind, durch uneingeschränkte Anwendung des internationalen
") Vgl. ebenso den Protest der Niederlande im Recueil 36.
4*
52 Drittes Kapitel: ßeweislast und Reweisvermutinigcn
Rechtes Schadensersatz zuzusprechen, oder sie davon abzuhalten,
ihre Ansprüche unmittelbar bei der britischen Regierung auf diplomatischem
Wege geltend zu machen''^).
Grossbritannien entgegnete (vgl. Anm. 58 p. 22,25,26,27,28):
„Die Frage, an welchem Ort die Durchsuchung stattfindet, ist jedenfalls
von untergeordneter Bedeutung. Nach Ansicht der Regierung Seiner Majestät
ist das Recht eines Kriegführenden, Konterbande auf ihrem Wege
zum Feinde anzulialten, als eines seiner Hauptrechte anerkannt
und unbestreitbar, und sollte nicht auf Anhaltung solcher Kon-
terbande eingeschränkt werden, bei der an Rord des Schiffes
''^) Bemerkenswert ist auch die Zusammenstellung der verschiedenen
Gründe, aus denen Schiffe und Güter von englischen Behörden in die Häfen
gebracht und dort prisenrechtlich oder auch aussergerichtlich untersucht Avorden
sind. Diese Feststellung, betreffend die von britischen Behörden festgehaltenen
Schiffe, vom lü. September 1915, die sich Seite 11 der Mise. Nr. 15 (1916) Cd.
8234 als Appendix Nr. 2 zur Note vom 5. November befindet, enthält die fol-
genden zehn Aufzählungen :
1. Schiffe, deren Ladungen und Papiere nach ihrer ganzen Natur nur kurze
Zeit zur Prüfung erforderten, sind nach den Informationen dieser Regierung
für längere Zeiträume zurückgehalten worden, in einigen Fällen mehr als einen
Monat, und dann ohne Anordnung eines Prisengerichtsverfahrens freigelassen
worden.
2. Schiffe sind solange festgehalten worden, bis sie die Adresse ihrer Sen-
dungen an einen von der britischen Regierung bezeichneten Empfänger in einem
neutralen Lande umschrieben.
3. Festhaltungen sind ohne Beweis auf blosse Wahrscheinlichkeit hin erfolgt.
4. Schiffe sind nach den Mitteilungen der britischen Regierung wegen der
Art zurückgehalten worden, in der die Sendungen adressiert worden sind.
5. Güter sind nach den Informationen dieser Regierung von der britischen
Regierung beschlagnahmt worden, weil das Bestimmungsland ihre Ausfuhr nicht
verboten bat.
6. Die britischen Behörden haben wiederholt Artikel beschlagnahmt, die
zur Klasse der Konterbande gehörten, und Artikel, die zur Klasse der bedingten
Konterbande- wie der Nichtkonterbande-Güter gehörten und nach den skandi-
navischen Ländern, nach den Niederlanden und dem damals neutralen Italien
fuhren, obgleich die Wiederausfuhr solcher Waren von diesen Ländern verboten
worden ist.
7. Festhaltungen sind trotz der Versicherung erfolgt, dass erlaubt werden
würde, die beschlagnahmten Güter durch ein neutrales Land zu den Verbündeten
Grossbritanniens zu schaffen.
8. Von Zeit zu Zeit hat diese Regierung erfahren, dass Ladungen deshalb
beschlagnahmt worden sind, weil bekannt geworden ist, dass die Empfänger
mit dem Feinde Handel treiben, oder weil ein solcher Verdacht bestehe.
9. Schiffe sind beschlagnahmt und in den Hafen gebracht und von den
britischen Behörden aufgefordert worden, Lotsen-, Hafen-, Lösch-, Transport-,
Lager- und andere Gebühren, Kosten und Aufwendungen zu bezahlen, bevor
über die Gültigkeit der Beschlagnahme von Schiff oder Ladung richterlich ent-
schieden war.
10. Schiffe sind festgehalten worden, weil sie von europäischen Häfen kamen.
Diese Aufzählung wird illustriert und ergänzt durch Edwin J. Clapp
S. 19 (Mangel eines eidlichen Zeugnisses als „Beweisgrund" der Bestimmung für
die feindlichen Streitkräfte).
§ 8. Auffassung Enghuuls uml der Vereinigten Staaten 53
zufällig Beweismittel vorhanden sind, die zu ihrer Verurteilung
.ausreichen. Wesentlich ist allein, zu bestimmen, ob die Güter
sich auf dem Wege zum Feinde befinden oder nicht. Wenn das
zutrifft, ist ein Kriegführender berechtigt, sie festzuhalten, und die Ver-
bündeten sind in Anbetracht des Kampfes, in den sie verwickelt
sind, gezwungen, die für die Ausübung dieses Rechtes wirk-
samsten Mittel zu ergreifen.
Nr. 12. Die alte Praxis und das alte Verfahren sind in der Form ver-
altet und gehören einer Zeit an, in der die modernen Fortschritte des gericht-
lichen Verfahrens noch nicht entwickelt waren, einer Zeit, in der es zum
Beispiel nicht zulässig war, dass die beteiligten Parteien bei Klagen, die ihre
Reclite betrafen, als Zeugen auftraten. Die Änderungen in der Praxis und
den Regeln der Prisengerichte sind im Geiste dieser Fortschritte erdacht und
durchgeführt worden. Die Ziele, wegen deren die alte Praxis abgeschafft
wurde, bestanden darin, Zeitversäumnis zu verhüten, Formalitäten aliszu-
schliessen und den Parteien zu ermöglichen, alle wahren und wesentlichen
Tatsachen zu beweisen und ihren besonderen Fall dem Gericht zu unterbreiten.
Nr. 13. Überdies darf nicht vergessen werden, dass die Be-
dingungen sich vollständig geändert haben, unter denen zur See
Güter von einem Lande ins andere gebracht werden. In den
Tagen, da die alten Regeln entwickelt wurden, waren die Schiffspapiere ein
sicherer und zufriedenstellender Wegweiser, was Natur und Bestimmung der
Ladung anlangt. Wenn die Schiffspapiere nicht den wahren Gegenstand und
das richtige Ziel der Sendung angaben, würde der Empfänger im ungewissen
darüber gewesen sein, was er mit den angekommenen Gütern machen sollte,
und das Handelsgeschäft würde in LTnordnung gebracht worden sein; denn
damals gab es keine Eilpost oder Telegraphenkabel, mit deren Hilfe ergän-
zende Mitteilungen hätten gesandt werden können. Wenn keine Schiffspapiere
vorhanden waren, oder wenn sie offenbar nicht echt waren, so war dies ein
Grund zur Verurteilung. Wenn aber keine Veranlassung vorlag, sie anzu-
zweifeln, so konnte das Gericht mit Bestimmtheit annehmen, dass die Papiere
das Geschäft wahrheitsgemäss erkennen Hessen. Heute haben sich die
Bedingungen geändert. Die Papiere mögen äusserlich vollkommen echt
und vollständig sein, trotzdem sie zu dem ausgesprochenen Zweck hergestellt
sind, die wahre Natur des Geschäfts zu verbergen. Diese irreführenden Pa-
piere würden jedoch keine Schwierigkeit verursachen, mit den Gütern bei
ihrer Ankunft richtig zu verfahren, weil die notwendigen Anweisungen an
den Empfänger auf anderen Wegen befördert werden können. Folglich ist
die alte Regel nicht länger anwendbar, dass die Schiffspapiere allein
nachgeprüft werden müssen, und Beweise auf Grund anderer Quellen ausge-
schlossen seien; in der Tat würde das in der Note der Vereinigten Staaten
vertretene System, nach dem den Schiffspapieren der Charakter endgültigen
und schlüssigen Beweises zugesprochen wird, Schiffer, die Konterbande führen,
zur Fälschung der Papiere ermutigen, da sie sich dadurch absolute Beschlag-
nahraefreibeit sichern würden. In gleicher Weise ist es einer Änderung
54 Drittes Kapitel: Bcweislast und Bewoisveimutungcn
der Umstände zuzuschreiben, dass die durch den Kapitän und die
Schiffsmannschaft gebotenen Beweise in der Mehrzahl der Prisenfälle nicht
mehr von grosser Bedeutung sind ; gewöhnlich wissen sie jetzt nichts von der
wirklichen Bestimmung der von ihnen beförderten Sendung, und je geschickter
die Beförderung der Güter mit einer feindlichen Bestimmung ersonnen ist,
um so wirksamer wird diese den an Bord Befindlichen verheimlicht werden.
Nr. 23. Gegenüber den Tatsachen, wie sie hier dargelegt sind, wird die
Vereinigte Staaten-Regierung vermutlich mit Seiner Majestät Regierung darin
übereinstimmen, dass kein Kriegführender sich iif modernen Zeiten einer ihn
einschränkenden Regel fügen könnte, nach der nur Güter beschlagnahmt
werden dürften, wenn sie von Papieren begleitet würden, die ihre Bestim-
mung zu einem feindlichen Lande bestätigten, und dass alle Festhaltungen
von Schiffen und Gütern gleichmässlg auf Beweise gegründet sein müssen, die
zur Zeit der Beschlagnahmen vorliegen. Wenn aus einer solchen Theorie
alle Folgerungen gezogen werden, so führt dies zu der For-
derung, dass jeder Handel zwischen neutralen Häfen frei sein
soll, sie würde die Anwendung der Seemacht wertlos machen
und den Druck vernichten, den die Verbündeten auf Grund ihrer
Beherrschung der See ihrem Feinde auferlegen können").
Nr. 27. Es mag freilich zugestanden werden, dass die Anstrengung,
den feinlichen Handel über neutrale Länder zu unterbrechen,
Reizbarkeit und Unzufriedenheit hervorrufen muss. Seiner Maje-
stät Regierung hat daher in ihrem Bestreben, keine Bemühungen zu unter-
lassen, die Belästigungen zu mildern, welche unvermeidlich den neutralen
Händlern verursacht werden müssen, ihre Zuflucht zu der Politik genommen,
den ganzen Bedarf des betreffenden Landes zu ermitteln und
solche Einfuhren zu verhindern, von denen vermutet wird, dass
sie diesen Bedarf überschreiten, keinen Teil des normalen
Handels jenen Landes bilden und deshalb für den Feind be-
stimmt sind.
Nr. 31. Überdies: Die Tatsache, dass ein dem feindlichen Ge-
biete benachbartes Land eine abnorme Quantität an Zufuhren
und Waren importiert, von denen es gewöhnlich nur verhältnismässig
geringe Mengen einführt, an denen aber der Feind grossen Bedarf hat, und
von denen bekannt ist, dass sie über das neutrale Land zum Feinde gelangen,
diese Tatsache ist für sich selbst ein Beweisstück, auf Grund
dessen das Prisengericht berechtigt sein würde, vorzugehen, es sei denn, dass
es durch andere Beweise widerlegt würde. Da feindliche Bestimmung
eine Tatfrage ist, so würde das Gericht alle erheblichen Umstände in
'^) Als Frankreich in seinem Kriege mit China 1885 beanspruchte, Schiffe
zu beschlagnahmen, die Konterbande von einem neutralen Hafen nach dem eng-
lischen Haten Hongkong brachten, protestierte England gegen ein solches Ver-
fahren, weil neutralen Schiffen der Handel mit neutralen Häfen offenstände
(Pyke 157, der sich des unhaltbaren Widerspruchs mit der jetzt von England
geübten entgegengesetzten Praxis gar nicht bewusst wird).
§ 8. Auffassung Englands und der Vereinigten Staaten 55
Erwägung zu ziehen haben, um zu seiner Entscheidung zu kommen, und da
scheint es keinen grundsätzlichen Gesichtspunkt zu geben, nach dem die Tat-
sachen begrenzt wären, zu deren Prüfung das Gericht in einem Falle dieser
Art berechtigt wäre ") '*).
'*) In ähnlicher Weise (vgl. auch oben S. Hb) sind die Auseinandersetzungen
hin und her gegangen bei den Angriffen Schwedens (Mise. Nr. 28 [1916] Cd. 8322),
dargestellt bei Stowell-Munro Vol. II 608 f., und der Vereinigten Staaten
(betreifend Holland vgl. Eysinga. 1916, S. 107; Recueil S. 59—78) auf die
Postbeschlagnahme ( siehe Army Memorandum on the censorship Gd. 7679
London 1915 und on the Official Press Bureau Gd. 768U London 1915) und
den Rechtfertigungsversuchen der englischen und französischen Regierung (vgl.
Mise. Nr. 5 [1916] G(i. 8173, Mise. Nr. 20 [1916] Gd. 8261, Mise. Nr. 23 [1916]
Gd. 8294, und The Garoline bei Robinson Vol. 6 p 461). Hierzu siehe, in welcher
eindringlichen und zutreffenden Weise die englische und französische Regierung
den richtigen Standpunkt vertritt und die jetzt geübte Praxis als völkerrechts-
widrig selbst nachweist, Hall 131 f., Bernard a.a.O. S. 196 f. Es sei aus
dem Briefe des M. Thouvenel an M. Mercier vom 3. Dezember 1861 die auch
heute noch zutreffende Stelle hierhergesetzt :
„Die Vereinigten Staaten haben mit uns in den von beiden Ländern ab-
geschlossenen Verträgen anerkannt, dass die Freiheit der Flagge sich auf die
an Bord befindlichen Personen erstreckt, selbst wenn diese Feinde der einen
von beiden Kriegsparteien sind, ausser wenn es sich um Militärpersonen handelt,
die sich Avirklich im Dienste des Feindes befinden. Die Herren Mason und
Slidell waren also in Gemässheit dieses Grundsatzes, den wir stets ohne
Schwierigkeiten in unseren Freundschafts- und Handelsverträgen haben auf-
nehmen können, unter der neutralen Flagge Englands vollständig frei. . . . Der
Trent war nicht nach einem Hafen bestimmt, der einem der Kriegführenden
gehörte. Er beförderte seine Ladung und Passagiere in neutrales Land, und
ausserdem hatte er sie in einem neutralen Hafen an Bord genommen. Wenn
es zugestanden würde, dass unter solchen Bedingungen die neu-
trale Flagge die beförderten Personen und Waren nicht mehr
vollständig deckte, so wäre ihr Schutz nichts als ein leeres Wort:
In jedem Augenblick würde Handel und Schiffahrt dritter Mächte
in ihren unschuldigen oder gar indirekten Beziehungen zu dem
einen oder anderen der Kriegführenden zu leiden haben. Diese
letzten würden sich nicht nur im Recht befinden, wenn sie von dem Neutralen
eine vollständige Unparteilichkeit verlangten und ihm jede Einmischung in die
Feindseligkeiten untersagten, sie brächten auch für seine Handels- und
Schiffahrtsfreiheit Beschränkungen mit sich, deren Gesetzmässig-
keit das moderne internationale Recht anzuerkennen abgelehnt
hat. Man würde so mit einem Wort wieder zu den drückenden
Massnahmen kommen, gegen welche zu anderen Zeiten keine Macht
lebhafter protestiert hat, als die Vereinigten Staaten . . .
Es läge in solchem Falle auch eine Verleugnung des Grund-
satzes vor, der aus einem Schiff einenTeil des Gebiets der Nation
macht, deren Flagge es trägt, und folglich auch eine Verletzung des
Schutzes, nach dem es unzulässig ist, dass ein fremder Souverän
dort seine Gerichtsgewalt ausübt. Es ist ohne Zweifel unnötig, an die
Entschiedenheit zu erinnern, mit der die Vereinigten Staaten bei jeder Gelegen-
heit diesen Schutz und das daraus abgeleitete Asjirecht verteidigt haben".
Vgl. unten Anm. 96 und 97. Root 422 verweist auf den Trentfall als
ein nachahmenswertes Beispiel dafür, dass internationale Rechtssätze nicht bloss
von dem verletzten Staate (England), sondern auch von den andern nicht be-
teiligten Staaten (Preussen. Frankreich, üesterreich) grundsätzlich gegen deu
50 Drittes Kapitel: Bowciahist und Bevveisyenuutungcn
§ 9
Die vöIkeiTcclitlicho BcMleutiiiig' des diploinatisclieii
Schriftwechsels.
a) Der Trentfall.
Auch hier drängt sich die Frage auf, was und wie würde
Grossbritannien sprechen, wenn ihm das Scliicksal bereitet würde,
das es den neutralen Staaten aufgezwungen hat. Die Antwort
dürften die oben wiedergegebenen Äusserungen Russe 11s im
Tr entfalle ergeben und seine früheren Instruktionen an den eng-
lischen Gesandten in den Nordstaaten vom 30. November 1861,
die hier Platz finden mögen ^^) :
„Es scheint so, als wenn bestimmte Individuen gewaltsam von Bord eineis
britischen Fahrzeuges, des Schiffes einer neutralen Macht, genommen worden
verletzenden Staat (Vereinigte Staaten) zur Geltung gebracht Averden. Zu diesem
Gesichtspunkt siehe die Zusammenstellung der Literatur bei Herbert Kraus
389 Anm.
'*) Vgl. hierzu Lushington, dessen Buch für die Seeoffiziere Englands
bestimmt ist und offiziellen Charakter hat, Introduction S. XVI: „Es ist wahr,
dass ein Blockadebruch weder durch ein Schiff begangen wird, das selbst ausser-
halb der Blockadelinie Güter an Bord nimmt, die über Land (gesperrt von
Lush.) aus dem blockierten Hafen ausgeführt werden, noch durch ein Schiff,
das in einen offenen Hafen Güter bringt, die von dort über Land nach dem
blockierten weitergeleitet werden: aber in jedem dieser Fälle haben die Güter
die Blockadelinie nicht durchkreuzt, mit andern Worten, die Blockade ist nicht
durchbrochen". Wenn diese Sätze schon für die Blockade gelten, um wie viel
mehr für die ünrechtmässigkeit der Seekriegsmassnahmen gegen den Uebersee-
handel.
^") Bernard a a. 0. p. 192 und 193. Es verschlägt hier nichts, dass der
englische Gesandte, Lord Lyons, ein ruhiger Mann war und nicht so scharf
vorging, wie ihm aufgetragen wurde (p. 195), und dass die Instruktion erheblich
milder abgefasst wurde, als ursprünglich beabsichtigt war (vgl. Low 274 u. 286).
Vgl. auch Bruno Schmidt 128 und Hugh H. L. Bellet 56 f., wo es heisst:
„Friede ist, wie Professor Lawrence richtig gesagt hat, der normale Zustand
der zivilisierten Welt. Wenn die Interessen von Neutralen und Kriegführenden
gegeneinander abgewogen werden, müssen die der er.sten den Vorzug haben.
Ein Kriegführender ist nicht berechtigt, sich gegenüber einem
Neutralen auf militärische Notwendigkeit zu berufen. Durch eine
solche früher zulässige Verteidigung werden die neutralen liechte
in Stücke gerissen und wird dem internationalen Recht der Boden
ausgeschlagen. Natürlich ist es höchst nachteilig für Kussland, die Ver-
einigten Staaten und Deutschland als Kriegführende, dass sie wenige oder keine
Ueberseehäfen besitzen, das ist ihr Missgeschick, aber es ist kein gültiger Grund,
die Neutralen ihrer Eechte zu berauben. Derartige Rechte stehen über
jeder wirklichen oder eingebildeten militärischen Notwendigkeit
der Kriegführung". (Literatur zum Trentfall bei Stowell-Munro 11,463).
§ 9 VöUcerrecIitliclie Bedeutung des diplumatischen Schriftwechsels 57
seien, während das Fahrzeug eine zulässige und unschuldige Eeise verfolgte,
ein Gewaltakt, der eine Beschimpfung der britischen Flagge
und eine Verletzung des internationalen Rechts darstellt.
Denn die Regierung der Vereinigten Staaten darf keineswegs ausser acht
lassen, dass die britische Regierung solch eine Beschimpfung ihrer
nationalen Ehre ohne volle Wiedergutmachung nicht durch-
gehen lassen kann, und Ihrer Majestät Regierung will nicht glauben,
dass es die wohlüberlegte Absicht der Regierung der Vereinigten Staaten
sein könnte, zwischen den beiden Regierungen über eine Frage von so schwer-
wiegendem Charakter unnötigerweise eine Auseinandersetzung zu er-
zwingen, um so weniger, als die ganze britische Nation sicher-
lich in ihrer Beurteilung der Frage einmütig zusammenstehen
würde.
Ihrer Majestät Regierung vertraut deshalb darauf, dass die Regierung
der Vereinigten Staaten, wenn diese Sache ihr wieder zur Prüfung vorgelegt
wird, aus eigenem Antriebe der britischen Regierung solche Genug-
tuung anbieten wird, wie sie allein die britische Nation befriedigen
würde, nämlich die Freilassung der vier Herren und ihre Auslieferung
au Ihre Lordschaft, damit sie wieder unter britischen Schutz gebracht
werden, und eine angemessene Entschuldigung für das begangene
Unrecht.
Wenn Herr Seward um Aufschub bittet, damit diese ernste und pein-
liche Angelegenheit sorgfältig geprüft werden könnte, so stimmen Sie einem
Aufschub von nicht mehr als sieben Tagen zu. Wenn nach Ablauf dieser Frist keine
Antwort eingegangen ist. oder wenn eine andere Antwort eingegangen ist.
als die Einwilligung in die Forderung Ihrer Majestät Regierung, wird Eure
Lordschaft angewiesen, Washington mit allen Mitgliedern Eurer Gesandtschaft
unter Mitnahme des Gesandtschaftsarchivs zu verlassen und sich unmittelbar
nach London zu begeben.
b) Rechtliche Würdigung.
Wenn dem Staat seinem Wesen nach eine einheitliclie Ge-
saratpersonliclikeit zugesprochen wird, so zerfällt er in seinen
verschiedenen Tätigkeitsgebieten in einzelne verselbständigt zu
denkende Teile. Muss er sich mit Gegeninteressenten vor den
Gerichten auseinandersetzen, so muss dies regelmässig auf formell
gleicher Grundlage geschehen, darf er nicht von vornherein in
seiner prozessualen Lage besser gestellt werden, als seine Gegner,
um so weniger dann, wenn er, wie in Kriegszeiten, auf die be-
sondere Geneigtheit seiner nationalen Richter rechnen kann. Es
geht deshalb nicht an, dass der Staat als gesetzgebende Macht
für sich als verklagte Partei durch Regelung von Beweislast und
Aufstellung von Beweisvermutungen eine Prozesslage schafft, die
58 § 9- Völkerrechtliche Bedeutung des diplomatischen Schriftwechsels
den Ausgang der prozessualen Auseinandersetzung zu seinen Gunsten
kaum noch zweifelhaft erscheinen lässt, weil die Gegenpartei die
ihr künstlich auferlegten Beweise nicht erbringen kann. Denn
es ist nicht blosse Theorie, dass der Kaperer die Kechtmässigkeit
der Wegnahme beweisen mnss, und dass die Wegnahme völker-
rechtlich unrechtmässig ist, wenn nicht alle Voraussetzungen der
bedingten oder unbedingten Konterbande oder der feindlichen Be-
stimmung wirklich und nicht auf Grund von gesetzlich festgelegten
Beweisvermutungen bewiesen sind. Es ist anerkannter Grundsatz
des modernen Prozessrechts, dass die tatsächlichen Grundlagen
geltend gemachter Ansprüche von demjenigen zu beweisen, sind,
der sie erhebt ^'^). Wenn aber der Staat die ihm obliegende Beweis-
last auf seinen Gegner abwälzt und ihm eine zumeist unmögliche
Aufgabe stellt, dann eröffnet er ihm doch nur noch den Schein
eines geordneten Verfahrens, wenn er zulässt, dass er seine An-
sprüche vor seinen Gerichten verfechten darf; er könnte ebensogut
den Rechtsweg überhaupt versperren und nur den Verwaltungs-
weg offen halten. Mit einer solchen völkerrechtswidrigen Regelung
wird aber schliesslich erreicht, was erreicht werden soll: Die
tatsächlichen Grundlagen der für erforderlich erachteten
Beweise werden selbst unter die Kontrolle des krieg-
führenden. Staates gebracht. Die Schiffer und Ladungs-
interessenten werden gezwungen, ihren gesamten Geschäftsverkehr
unter seine Aufsicht zu stellen, weil sie ausserstande sind, auf
andere Weise im ordentlichen Prisengerichtsverfahren die auf sie
völkerrechtswidrig abgewälzte Beweislast zu erfüllen. Denn voll-
gültige Beweise sind schliesslich nur diejenigen Beweismittel,
welche der Staat,, der die Widerlegung seines gesetzlich ausge-
sprochenen Verbotes eines unerlaubten Verkehrs mit dem Feinde
fordert, selbst nach aussergerichtlicher Prüfung als solche aner-
kennt und bescheinigt").
'*) Siehe auch Tiverton p. 91.
'^) Vgl. Ch. Peyreigne p. 356 über die Frage, ob die Prisengerichtshöfe
Verwaltungsaufgaben erledigen oder richterliche oder beides. Siehe auch Edwin
M. Borchard a.a.O. p. 274 f. Der Vorsitzende der 1915 gegründeten Grotius
Society, H. Goudy, erkennt die Verletzung des Völkerrechts durch die englischen
Kriegsmassnahmen p. 13 f. an und erklärt p. 16 oft'en : „Unsere eigene Be-
schlagnahme neutraler Schiffe ohne den Beweis von Konterbande
bei der Durchsuchung ist den gleichen Einwänden ausgesetzt (wie
die Versenkung von Schiffen durch die deutschen Unterseeboote) Smith-
Viertes Kapitel: Unzulässigkeil der britischen Seekriegsmassnahmen 59
Viertes Kapitel
Die Unzulässigkeit der britischen Seel<riegsmassnahmen
in englischer Beleuchtung.
„Jedes Volk bat das Recht auf Dasein und auf ScLutz und
Erhaltung seines Daseins; aber dieses Recht schliesst weder das
Recht ein noch rechtfertigt es das Verhalten des Staates, zu
seinem Schutze oder zur Erhaltung seines Daseins ungesetzliche
Handlungen gegen unschuldige und rechtmässig handelnde Staaten
zu begehen.
Jedes Volk, dem nach dem Völkerrecht ein Recht zusteht,
kann verlangen, dass dieses Recht von allen anderen Völkern
anerkannt und beschützt wird, denn Recht und Pflicht entsprechen
sich, und es ist die Pflicht aller, das Recht des einen zu achten-.
Erklärung der Rechte und Pflichten der Völker vom
6. Januar 1916 (Recommendations p. 46\
,Aber wenn die Vereinigten Staaten dies von einem andern
verlangen können, so kann dieser andere es von ihnen verlangen,
weil internationale Verbindlichkeiten nach ihrer Xatur notwendig
gegenseitig sind. Das Recht, wenn ein solches besteht, wird durch
das Völkerrecht gewährt, und was für den einen Recht ist, d;is
ist unter denselben Umständen auch Recht für den andern. Die
"■ Vereinigten Staaten sind verpfliclitet, ein Recht, das durch das
Völkerrecht einem Staate oder seinem Volke gewährt wird, wie
die Vertreter dieses Staates zu schützen".
Hauptrichter Waite (120 United States Report 479,487}.
Zum Schliiss von § 2 ist im Anscliluss an den Trentfall darauf
hingewiesen worden, welch hohes Interesse die englische Stellung-
nahme in einem modernen Kriege habe, in dem Grossbritannien
neutrale Interessen zu vertreten gehabt hat. Die Ausführungen
der englischen Staatsmänner zur völkerrechtlichen Begründung
des englischen Standpunktes während des amerikanischen Bürger-
krieges zu Anfang der 60 er Jahre, des französisch-chinesischen
Krieges 1885, des Burenkrieges um die Wende des Jahrhunderts
und des russisch-japanischen Krieges 1904 sprechen für sich selbst
und bestätigen die im Anschluss an die Darlegungen der Ver-
einigten Staaten und Schwedens hier vertretenen völkerrechtlichen
Grundsätze '^^).
Sibley p. 228 verwerfen das Verfahren der russischen Prisengerichte, nach dem
der Eigentümer der beschlagnahmten Ladung den unmöglichen Beweis zu führen
habe, dass kein Teil davon in die Hände des Feindes komme.
•8) Vgl auch Ej^singa, Annuaire pour 1915, 67, und pour 1916, 109, und
Eecueil 21—54. Die holländischen Verwahrungen gegen England und Frank-
reich stimmen in den wichtigen Teilen wörtlich überein (Recueil S. 33 und 4U,
37 und iS), wie ja auch Frankreich und später Italien (Kecueil S. 53) dem
60 Viertes Kapitel: Unzulässigkeit der biitischen Seekricgsmassnahmen
Vorweg ist der englische Standpunkt kurz, wie folgt, zu-
sammenzufassen: Das Recht des Kriegführenden schliesst unter
anderem das Recht in sich,
1) das Land des Feindes von allen mittelbaren und unmittel-
baren Zufuhren, auch Lebensmitteln, abzuschneiden;
2) den Handel zwischen den, dem feindlichen Staate anliegenden
neutralen Staaten und anderen neutralen Staaten zu sperren und
3) die Handelsbeziehungen der Angehörigen des feindlichen
Staates auf der ganzen Welt durch landesgesetzliche Massnahmen
zu vernichten;
4) die Ansprüche der durch Seekricgsmassnahmen Beeinträch-
tigten ausschliesslich vor die nationalen Prisengerichte zu ver-
vif eisen und eine diplomatische Erledigung abzulehnen;
5) den Beeinträchtigten vor den Prisengerichten die Beweis-
last aufzubürden;
6) zur Erreichung der Kriegszwecke alle Schiffe der Neutralen
unterschiedslos auf blossen Verdacht hin zu beschlagnahmen und
in die eigenen Häfen zu bringen;
7) zu gleichem Zwecke die Post zu durchsuchen.
Für alle diese neuen Grundsätze müssen Konterbande und
Blockade in einer bisher nicht gekannten Begriffserweiterung die
formellen Rechtfertigungsgründe hergeben, wie wir dies gesehen
haben.
§ 10
Die ciigliscbe Stelluiiguahmc im Burenkriege und im
amerikiiiiisclieii Bürgerkriege.
a) Die englische Stellungnahme Im Burenkriege gegenüber Deutschland.
Der Grundsatz zu 2, der vielfach mit dem der fortgesetzten
Reise zusammenfällt, und die zu 4, 6 und 7 sind im Burenkriege
zwischen der deutschen und englischen Regierung wegen der Fest-
haltung der deutschen Dampfer Bundesrat und Herzog, die nach por-
tugiesischen Häfen in der Nähe von Transvaal fuhren, und General,
der in Aden festgehalten wurde, eingehend erörtert worden. Der
Vorbilde Englands einfach folgten und gegen sich gelten lassen
müssen, was hier von der Unzulässigkeit britischer Seekricgsmassnahmen ge-
sagt wird.
§ 10. r.urenkrieg uiul amerikaiiischer Bürgerkrieg 61
nur aus euglisclier Quelle (Africa No. 1 1900 [Cd. 33]) zugängliche
diplomatische Schriftwechsel spricht für sich selbst:
Inclosure in No. 11 Admiralty to Eear-Admiral (Telegramm 1.1.1900):
, Weder der ^Herzog" noch andere deutsche Postdampfer sollen auf blossen
Verdacht hin beschlagnahmt werden , wenn nicht offenbar ist, dass der
„Bundesrat" Konterbande führt".
Im Telegramm vom 3. Januar 1900 weist Chamberlain den
Gouverneur Sir W. Hely-Hutchinsen in Natal an, beim Prisen-
gericht die Freigabe der Post sofort zu beantragen. Am 4. Januar
1900 führt der deutsche Gesandte Graf Hatzfeldt in seinem
Schreiben an den Marquis of Salisbury aus:
,Ein Prisengerichtsverfahren ist nur in Fällen gerechtfertigt, wo die
Anwesenheit von Kriegskonterbande bewiesen ist, und, was auch immer an
Bord des „Bundesrat" gewesen sein mag, es hat keine Kriegskonterbande
sein können, da es nach den anerkannten Grundsätzen des inter-
nationalen Rechts keine Kriegskonterbande im Handel zwischen
neutralen Häfen gibt" (Nr. 16).
Zur Begründung verweist Graf Hatzfeldt auf den Spring-
bokfall, in dem England eine g'leiche Haltung* eingenommen habe,
und auf die gleiche Stellungnahme des Manual von Lushington.
Salisbury leugnet am 4. Januar 1900 den von Deutschland ver-
tretenen Grundsatz (Nr. 18); er erhält (Nr. 20) vom Berliner Ge-
sandten Englands ein Telegramm, nach dem Graf Bülow darauf
hingewiesen habe, England habe selbst stets den Grundsatz ver-
treten, dass der Verkehr neutraler Schiffe zwischen neutralen
Häfen frei sei.
Am 5. Januar 1900 (Nr. 21) verlangt Graf Hatzfeldt, die
englische Regierung solle die Befehlshaber ihrer Schilfe in den
afrikanischen Gewässern anweisen, „die Regeln des internationalen
Rechts zu achten und dem Handel zwischen Neutralen keine
weiteren Hindernisse in den Weg zu legen", eine Forderung, die
Salisbury veranlasst, dem Berliner englischen Gesandten am
T.Januar 1900 (Nr. 33) zu schreiben: „I have received two notes
from German Ambassador of a tone very unusual in diploraatic
correspondence".
Am 5. Januar 1900 (Einlage zu Nr. 33) wies die Admiralität
den Befehlshaber der Seestreitkräfte an, den ältesten Schiflfsoffizier
zu Aden zu beauftragen, dort künftig keine nach Südafrika be-
stimmten, anhaltenden oder vorbeifahrenden Schilfe zu durchsuchen,
62 Viertes Kapitel: ünzulässigkeit der liiitisclien Seekriegsmassnahmen
weil es ausserordentlich schwierig sei, in so weit von Südafrika
entfernten Häfen, wie Aden und Perim, die wahre Bestimmung
von Kriegskonterbande zu beweisen.
Der englische Gesandte in Berlin berichtete am 5. Januar 1900
an Salisbury, die deutsche Regierung bleibe dabei, dass der
Handel neutraler Schiffe zwischen neutralen Häfen frei sei, und
dass dies auch im Springbokfall England anerkannt habe.
Am 8. Januar 1900 (p. 16) ordnet die Admiralität die Frei-
gabe des „Herzog" an mit Ausnahme der an Bord befindlichen
Lebensmittel, wenn sie für die feindliche Regierung oder
deren Agenten oder für die Versorgung ihrer Truppen
bestimmt sind.
Am 9. Januar 1900 leugnet Salisbury in einer Mitteilung
an Lascelles, den englischen Gesandten in Berlin, das Recht
eines Neutralen, über einen neutralen Hafen zu einem Krieg-
führenden Konterbande zu schaffen, und setzt ihm am Tage darauf
(p. 18 Nr. 47) zur Weitergabe an die deutsche Regierung den
englischen Standpunkt auseinander, im Springbokfall habe England
den jetzigen Standpunkt vertreten, Lushington sei nicht mass-
gebend, Holland habe in der Times eine andere Meinung ver-
treten, um fortzufahren:
„Diese Meinung (dass die Bestimmung des Schiffes für die Bestimmung
der Ladung massgebend sei), kann nicht gelten für Kriegskonterbande an
Bord eines neutralen Schiffes, wenn diese Konterbande zur Zeit der Beschlag-
nahme an einen Agenten des Feindes konsigniert, oder wenn geplant war, sie
ihm auszuliefern, oder wenn sie in Wirklichkeit für Feindesland bestimmt war".
Am 14. und 16. Januar 1900 (Nr. 51 und 53) teilte dann
Salisbury Lascelles mit, dass keine deutschen Postschiffe allein
auf Verdacht hin beschlagnahmt werden sollen ^^).
b) Die angebliche und wirkliche Haltung Englands im Springbokfall.
Der Hinweis auf den Springbokfall hat die englische Regierung
bestimmt, die Korrespondenz zu ihm zur grundsätzlichen Recht-
fertigung ihrer Haltung nach rund 40 Jahren (!) ans 'Tageslicht
") Vgl. Baty, South Africa 40, der sich mit treffenden Worten für den
von Deutschland vertretenen, übrigens auch der amerikanischen Gerichtspraxis
entsprechenden (Myer 29 § .S26) Standpunkt ausspricht und missbilligt, dass
das offizielle Buch von Lushington nicht anerkannt worden ist.
§ 10. Piurenkrieg und amerikanischer Bürgerkrieg 63
hervorzuziehen (Mise. Nr. 1 [1900] Cd. 34). Schon diese Tatsache
einer so späten Veröifentlichung' muss auffallen, um so mehr,
als die englische Regierung in der kritischen Zeit der 60er Jahre
des 19. Jahrhunderts zwei umfangreiche Bände mit vielen Einzel-
Drucksachen über die diplomatischen Verhandlungen mit den Nord-
staaten veröffentlicht hat, von denen hier nur der eine (siehe Zu-
sammenstellung 1863) interessiert. Wenn man nun mit der da-
nach erforderlichen besonderen Aufmerksamkeit den schliesslich
ablehnenden, eingehend begründeten Bescheid des Foreign Office
vom 24. Juli 1868 (Nr. 33 p. 55 der Drucksache [Mise. Nr. 1, 1900]
971 des Bandes) prüft, so entdeckt man, dass die englische Re-
gierung das Gesuch von Forbes Campbell, dem Sprecher der
Springbok-Beteiligten, um diplomatische Intervention bei den
Vereinigten Staaten nur aus dem tatsächlichen Grunde ablehnt,
weil die Überzeugung des höchsten Gerichtshofes der Vereinigten
Staaten nicht zu widerlegen sei, dass gar kein Verkauf der Ladung
des Springbok in Nassau, seinem britischen Bestimmungshafen,
beabsichtigt gewesen sei, sondern ihre unmittelbare Beförderung
nach einem von den Vereinigten Staaten blockierten Hafen, wie
dies zu jener Zeit häufig stattfand, was sich aus dem übrigen
Inhalt der sich auf jene Zeit beziehenden englischen und ameri-
kanischen Parlamentspapiere in der Tat ergibt. So wird denn
auch der grundsätzliche Standpunkt des Gesuchstellers in dem ab-
lehnenden Bescheid nicht angefochten, wie er in dem mitgeteilten
Gutachten, wie folgt, von George Mellish und dem ange-
sehenen W. Vernon Harcourt treffend zum Ausdruck gebracht
ist (p. 51) : •
„Wenn die Ladung, wie die Kläger behaupten, befördert wurde, um an
die Order eines Agenten in Nassau ausgeliefert zu werden, damit sie dort an
gutgläubige Erwerber verkauft werde, so kann die Ladung nicht eingezogen
werden, selbst wenn sie Konterbandecharakter hat, und selbst wenn die Er-
werber in Nassau mit der deutlichen Absicht gekauft haben sollten, die Güter
durch die Blockade zu bringen".
Hiermit stimmt auch der Brief Earl Russells an Lord
Lyons vom 14. März 1863 (Nr. 5 p. 2 und 918) überein, in dem
es heisst:
„Ich füge Briefe bei, die ich von den an Schiff und Ladung beteiligten
Parteien erhalten habe und wegen deren ich mich an die Kronsyndizi gewandt
habe. ... Danach scheint es überhaupt keine Rechtfertigung für
64 Viertes Kapitel: Unzulässigkeit lIci- britischen Seekriegsraassnahmen
die Beschlaguahiiie dieses Schiffes und seiner Ladung zu geben.
Der Scheingrund, dass nämlich im Ladungsverzeichnis nicht aufgeführte
Artikel vorhanden waren, rechtfertigt die Beschlagnahme gewiss nicht, wozu
noch kommt, dass die Bestimmung des Schilfes neutral gewesen zu sein scheint'' .
Die Meinungsäusserung beruht oifenbar auf dem Gutachten
der Kronsyndizi, das nicht mitgeteilt ist, und das ich auch trotz
eifrigsten Suchens in den amtlich herausgegebenen Papieren, die
sich auf jene Zeit beziehen, nicht habe finden können. Aber es
dürfte nach den Daten identisch sein mit dem von Halleck-Baker
(II 342 ff.) wiedergegebenen, am 13. März 1863 erteilten Rat von
Sir William Atherton, Sir Boundell Palmer und Dr. Philli-
more (the then law offlcers of the Crown),
„dass nichts die Beschlagnahme der Bark „Springbok" und ihrer Ladung zu
rechtfertigen vermöchte, und dass Ihrer Majestät Eegierung berech-
tigt sein würde, wenn sie die unmittelbare Freigabe von Schiff
und Ladung verlangte, ohne sie der richterlichen Entscheidung
eines amerikanischen Prisengerichts zu überlassen".
In dem Brief vom Tage darauf erklärt aber im Gegensatz
zu dem letzten Gesichtspunkt seiner Rechtsberater Russell, dass
die prisengerichtliche Aburteilung abgewartet und darüber Bericht
erstattet werden soll.
Hieraus wird schon die allgemein wichtige Tatsache
klar, dass die Haltung der englischen Regierung zu der
Rechtsfrage von den jeweiligen politischen Gesichts-
punkten bestimmt wird. Das wird geradezu dadurch bewiesen,
dass nicht bloss jenes wichtige Gutachten nicht amtlich veröffent-
licht ist, jedenfalls nicht an den hier erörterten Stellen, wo es
hingehört, sondern auch dadurch, dass die von Deutschland über
die frühere englische Haltung im Springbokfall aufgestellte Be-
hauptung offiziell abgestritten wird, obgleich die zu gleicher Zeit
veröffentlichte Drucksache über den Springbokfall ausser der dar-
gelegten Stelle etwas versteckt den klaren Beweis für die Rich-
tigkeit der deutschen Behauptung liefert: p. 54 befindet sich
nämlich in einer kleingedruckten Bemerkung aus den Parlaments-
verhandlungen im Hause der Gemeinen vom 19. Mai 1863^°) die
folgende entscheidende Erörterung:
8") Hansard Parliamentary Dcbates 18G3 III Series Vol. 170 Sp. 1834.
Literatur zur Frage Oppenheim II 470 A. 6, siehe auch 477 £f.
§ 10. Bnrcnbricg- und amerikanischer Bürgerkrieg 65
Lord Derby: „. . . Ich hoffe, der edle Earl hat der amerikanischen Re-
gierung gegenüber nicht irgendwie anerkannt, dass sie unter diesen Umständen
berechtigt ist, wenn sie ein Schiff anhält, das von einem neutralen Hafen
nach einem anderen fährt, was für Zweifelsgründe über die weitere Eeise sie
auch haben mag".
Earl Russell: „Der edle Earl missverstand mich, wenn er annahm,
ich hätte sagen wollen, dass ein Schiff, welches nach Nassau
geht, um hinterher eine andere Rei.se zu machen, auf seinem
Wege dorthin gekapert werden dürfte. Worauf ich anspielte,
war ein fall vorgetäuschter Bestimmung, wie er vorliegt, wenn
ein Schiff, das behauptet, nach Nassau zu gehen, in Wirklich-
keit nach einem anderen Hafen fährf.
Lord Cranworth: „. . . Es kann kein Zweifel bestehen, . . . dass ein
neutrales Schiff, das Kriegskonterbande fährt, auf seinem Wege zu einem
neutralen Hafen gesetzlich nicht angehalten werden darf, was immer seine
weitere Bestimmung sein mag*.
Schon Baty (Anm. 79) hat sein Befremden darüber ausge-
sprochen, dass die englische Regierung in ihrer Korrespondenz
mit der deutschen über den Springbokfall diese offizielle Erklärung
ihres damaligen Vertreters, die mit der deutschen Ansicht in der
Tat übereinstimmt, verleugnen und behaupten konnte, sie habe
damals einen anderen Standpunkt eingenommen, nach dem der Ver-
kehr neutraler Schiffe zwischen neutralen Häfen nicht frei sei^^).
Dieses, wie hier bewiesen, unrichtige Bestreiten, wird noch
befremdlicher, ja ganz unbegreiflich, wenn man einen Blick auf die
sonstige Stellungnahme Englands im amerikanischen Bürgerkriege
warft. Diese Stellungnahme ist in den bisher nicht berührten
Beziehungen geradezu eine glänzende Widerlegung der zu An-
fang des Kapitels" bezeichneten Grundsätze. Ich gebe die ein-
zelnen Stellen aus den Schriftstücken, fast ausnahmslos in zeit-
licher Folge, die Ziffer am Rande bezeichnet den betreffen-
den, zu Anfang ziffernmässig aufgeführten Grundsatz.
*') Schliesslich sei auch noch auf die mit dem Text übereinstimmende
Haltung des englischen Vertreters vor dem Schiedsgericht zu Washington im
Springbokfall hingewiesen, in dem rund 50ü0 Dollar zugesprochen wurden, weil
das Schiff nicht bereits in erster Instanz freigegeben sei (Howard 138 ff.,
Haie 117j. Der ohne Gründe abgegebene Schiedsspruch selbst erkennt mit
seiner grundsätzlichen Abweisung der geltend gemachten Ansprüche offenbar
aus politischen Gesichtspunkten die Lelire von der fortgesetzten Reise an.
Ebenso Wehberg 21.
Bendix, Völkerrechtsverletzungen 5
66 Viertes Kapitel; rnzulässigkeit fJcr britischen Seekriegsmassnahnicn
c) Sonstige Stellungnahme Englands im amerikanischen Bürgerkriege.
1. North America Nr. 14 (1863). Nr. 11 (S. 19 u. 589.) Russell s»*)
an Stuart ^^^'^j, Auswärtiges Amt, den 18. Juli 1862:
Nr. 1 u. H „Jedoch ist Ihrer Majestät Regierung nicht in der Lage, zu verstehen,
wie die Verweigerung des Abfahrscheins an Schiffe, die mit gewöhnlicher
Ware beladen sind, mit der blossen Behauptung oder dem Verdacht einer
drohenden Gefahr begründet werden kann, die Ladung könne in den Besitz
der Insurgenten gelangen, wenn nicht wirklich ein vernünftiger Grund dafür
angenommen und beigebracht werden kann, dass ein Hafen der Konföderierten
die wahre Bestimmung genannter Schiffe oder ihrer Ladungen ist. Unter
einem so vagen und unbestimmten Vorwand, wie der „drohender
Gefahr des Gelangens der Ladungen in den Besitz der Insur-
genten" könnte jede Art und jeder Grad willkürlicher Beschrän-
kungen des britischen Händeis eingeführt und ausgeübt werden.
Was die Massnahmen anlangt, die von der Vereinigten Staaten-Eegicrung
anscheinend in bezug auf den Handel mit den Bahamas-Inseln getroffen sind,
so meint Ihrer Majestät Regierung, dass ein Unterschied zwischen
Verschiffungen von Kohle und anderen Artikeln doppelter Ver-
wendungsmöglichkeit (nämlich für Kriegs- und für Friedenszwecke) zu
machen sei, deren Ausfuhr wegen ihres Konterbandecharakters durch allge-
meine Verordnungen der Vereinigten Staaten-Regierung nach Plätzen inner-
halb geographisch bestimmter Grenzen verboten werden mag, und der Ver-
schiffung von Lebensmitteln und anderen Artikeln unschäd-
licher Verwendungsmöglichkeit nach den Bahamas oder einem
anderen Teil der britischen Besitzungen, die durch keine der-
artigen allgemeinen Verordnungen verboten oder für Konter-
bande erklärt werden darf.
2. North America Nr. 14 (1863). (Nr. 26 S. 42 und 612.) Earl
Russell 8ia) an Stuart^i^)^ 22. September 1862:
Nr. 1—3, 5 „Der Schluss, dass die Artikel, selbst wenn sie wirklich und gutgläubig
(Nr. G) eine britische Bestimmung haben, wahrscheinlich später für die Zwecke des
Handels zwischen Nassau und den sogenannten konföderierten Staaten ver-
wendet werden, wird, wie Zolleinnehraer Barney auseinandersetzt, gezogen
von der Grösse der Verschiffungen, von einem Vergleich zwischen
dem Umfang des Handels in gleichen, zwischen New York und
Nassau früher beförderten Artikeln und seinem Umfang während
■ des Krieges, von der offenkundigen Tatsache eines ausgedehnten
Handels zwischen den sogenannten konföderierten Staaten und
Nassau während des Krieges, von der bekannten oder vermeint-
lichen Verbindung bestimmter Kaufleute oder Handelshäuser
in England und Nassau mit diesem Handel. Die Möglichkeit
81 a) Englischer Minister des Auswärtigen.
81b) Englischer Gesandter in den Vereinigten Staaten.
§ 10. ßarenkrieg und amerikunisclier Bürgerkrieg 67 '
o<lcr AVahrscheiiilichkeit einer späteren derartigen Verwendung
dieser Artikel nach ihrer Ankunft in Nassau, so wird geschlossen,
berechtigt die Vereinigten Staaten-Regierung, sie in New York
festzuhalten.
Ihrer Majestät Regierung weicht von dieser Schlussfolgerung
ab. Der Handel z-näschen Nassau und den sogenannten konföderierten Staaten
ist den Beschränkungen unteiAvorfen, die das Völkerrecht als recht-
mässig für den Handel zwischen Grossbritannien und irgend-
einem andern Teil der Welt festgesetzt hat.
. . . Wenn aber der Handel zwischen Nassau und den sogenannten kon-
föderierten Staaten oder einem Teil von ihnen nach den Regeln des inter-
nationalen Rechts auf hoher See der Beschlagnahme ausgesetzt ist, so bleibt
das Handeln britischer Staatsangehöriger mit den Artikeln, in denen dieser
Handel besteht, innerhalb britischer Gerichtsbarkeit ebenso gesetz-
mässig und unschuldig, als wenn er jener Beschlagnahme nicht ausgesetzt
wäre ; viel weniger berechtigt dies eine kriegführende Regierung, den be-
kannten Kriegsführungsrechten der Blockade und des Kaperns in ihren
eigenen Häfen ein Embargo auf irgendeinen Teil des Handels
einer neutralen Nation mit einer ihrer kolonialen Besitzungen
hinzuzufügen, bloss weil dies möglicherweise dahin wirkt, einen
andern gesetzmässigen Handel zwischen diesem Lande und dem
Lande des an dem Kriegsführenden zu lähmen oder zu hindern" *^).
- 3. North America Nr. 4 (1863) und Nr. 14 (1863). Aus der
Note vom 25. September 1862 (S. 432 = 610 des Bandes 72):
„Der Unterzeichnete hat Anweisungen vom Hauptstaatssekretär Ihrer Nr. i_3
Britischen Majestät erhalten, an den Staatssekretär der Vereinigten Staaten
eine weitere Vorstellung über die Beschränkungen zu richten, die von den
Vereinigten Staaten dem Handel zwischen New York und den Häfen in
Britisch West-Indien auferlegt sind.
Der Unterzeichnete erklärt anweisungsgemäss, dass Ihrer Majestät Re-
gierung die Frage für sehr bedeutsam hält, und dass es ihr, wie wünschAis-
wert es auch sein mag, wegen der Schwierigkeit in der Lage der Vereinigten
Staaten weitestes Entgegenkommen zu zeigen, unmöglich ist, sich bei dem
System der Störung des rechtmässigen Handels Grossbritanniens zu beruhigen,
wie es jetzt von den Behörden der Vereinigten Staaten angewandt wird, eine
Störung, die nicht nur geltende Verträge zwischen Grossbritannien und den
*^) Im chinesisch-japanischen Krieg bestritt England sogar das Durch-
suchungsrecht für neutrale Schiffe, die zwischen neutralen Häfen verkehrten,
wie seine Haltung im Falle Gaelic beweist (Takahashi, Aeusserungen 6,
22,29, Cases 52 und der Fall Sidney ebendort 64; sein Hauptwerk: Cases on
International Law during the Chino-.Japanese war habe ich in deutschen Biblio-
theken nicht erlangen können). Auch Westlake (bei Takahashi, Cases XlXff.
[= Aeusserungen S. 22]) verwirft die Lehre von der fortgesetzten Reise, wenn
in dem neutralen Bestimmungshafen eine „neue kommcrziale Transaktion"
den Uebergang der dorthin beförderten Güter zum Feinde herbeiführen müsste.
68 Viertes Kapitel: rnzuUlssigkcit der britischen Scekriegsmassnahmeri
Vereinigten Staaten verletzt, sondern auch den feststehenden Grundsätzen
des internationalen Rechts widerspricht.
Es kommt vor, dass britische Schiffe, die rechtmässig zwischen New York
und anderwärts Handel treiben und ordnungsmässig von den Behörden der
Vereinigten Staaten in voller Kenntnis der an Bord befindlichen Artikel aus-
klariert sind, festgehalten, durchsucht und aufgefordert werden, entweder
Teile ihrer Ladung wieder an Land zu bringen oder für eine unbestimmte
Zeit eine schriftliche Verpflichtung einzugehen, dass kein Teil der Ladung
von den Feinden der Vereinigten Staaten benutzt werden soll. Es wird nun
nicht etwa behauptet, dass dieses Verfahren durch ein allgemeines Gesetz
oder eine allgemeine Handelsregel vorgeschrieben sei, sondern es wird zuge-
standen, dass es vollständig im Ermessen des Zolleiunehmers steht, das ge-
schilderte Verfahren zu erzwingen, wenn immer er den Verdacht hegt und
annimmt, dass die wirkliche mittelbare oder unmittelbare Bestimmung der
Ladung ein Hafen im Besitze der Feinde der Vereinigten Staaten ist, oder
wenn er überzeugt ist, dass „eine drohende Gefahr bestehe, das auf diesen
Schiffen geladene Hab und Gut aller Art würde in den Besitz oder unter die
Herrschaft der Insurgenten kommen". Der Zolleinnehmer legt in seinem Be-
Nr. 5 u. 6 riebt vom 12. Juni dar, dass er in Ausübung des ihm als ßegierungs-
beamten eines souveränen Volkes übertragenen Ermessens die
Verschiffung von Kohlen, Kurzwaren und Schuhen, von Chinin
und anderen Apothekerwaren, von Zinnwaren und Kriegs-
munition und verschiedenen anderen Artikeln nach Nassau und
Westindien und andern ausländischen Häfen verboten habe,
wenn er zu dem Verdachte Grund hatte, dass sie nach dem Vor-
haben der Beteiligten oder den besonderen Verträgen britischer
Staatsangehöriger bestimmt waren, unmittelbar die Lage der
Feinde der Vereinigten Staaten zu verbessern.
Der Unterzeichnete ist angewiesen, zu erklären, dass Ihrer Majestät Re-
gierung sich keines Grundsatzes der internationalen Rechtswissenschaft oder
eines vom internationalen Recht gebilligten früheren Falles erinnern kann,
durch den ein solcher Eingriff in den Handel der Neutralen gerechtfertigt würde.
Der Unterzeichnete möchte dem Kabinett zu Washington zur Erwägung
anheimstellen, dass der Handel zwischen Grossbritannien und den Vereinigten
Staaten, zum mindesten zu den Häfen und Plätzen im ungestörten Besitz der
Vereinigten Staaten, in keiner Weise durch den Kriegszustand berührt wird,
in dem sich die Vereinigten Staaten befinden, und dass überdies der
Handel zwischen Grossbritannien und einem Feinde der Ver-
einigten Staaten — um so mehr, als das erste eine strenge Neutralität
und Unparteilichkeit den kriegführenden Parteien gegenüber bewahrt —
nur in der durch das internationale Recht der Blockade vorge-
schriebenen Art und Ausdehnung berührt werden kann.
Die Vereinigte Staaten-Regierung wird zugeben, dass Verschiffungen, wie
die, welche jetzt auf ihrem Wege von New York nach Nassau und anderen
britischen Häfen der Anhaltung ausgesetzt sind, wenn sie in Friedenszeiten
§ 10. Burenkrieg und amerikanischer Bürgerkrieg 69
erfolgten, nicht verhindert werden könnten, ohne Grossbritannien offenbaren
Grund zu gerechter Beschwerde zu geben, besonders wenn solche Verschiffungen
anderen Nationen offen bleiben, die keine günstigeren Verträge mit den Ver-
einigten Staaten haben. Daraus folgt, dass das Verbot solcher Ver-
schiffungen an britische Staatsangehörige mit gleichzeitiger
Erlaubnis für die Staatsangehörigen anderer Nationen einen
Zustand der Quasi-Feindseligkeit gegenüber Grossbritannien
auf Grund der Unterstellung bedeuten würde, dass es aus geo-
graphischen oder anderen Umständen sich die Interessen des
Feindes der Vereinigten Staaten zu eigeti macht.
Die von den Behörden der Vereinigten Staaten angenommene Lehre
scheint darin zu bestehen, dass Güter, die regel- und rechtmässig
durch britische Staatsangehörige von den Vereinigten Staaten
nach bestimmten britischen Häfen in britischen Schiffen ver-
schifft werden, mit Embargo belegt werden dürfen, wenn nach
der Meinung eines unteren Beamten, nämlich des Hafenein-
nehmers, drohende Gefahr vorhanden ist, dass der Feind sie auf
ihrer Fahrt nach den britischen Häfen gesetzwidrig in Beschlag
nehmen wird, oder dass sie nach ihrer glücklichen Ankunft in
diesem Hafen mit grösserer Leichtigkeit von dort zum Feinde
ausgeführt werden, oder dass sie auf irgendeinem Wege in den
Besitz oder unter die Herrschaft ihres Feindes gelangen können.
Der Unterzeichnete ist angewiesen, zu erklären, dass Ihrer Majestät
" Regierung einer solchen Lehre nicht zustimmen kann.
Ihrer Majestät Eegierung meint, es würde einen neuen und einen
gefährlichen Grundsatz in das Völkerrecht einführen, wenn
Kriegführende, anstatt eine effektive Blockade aufrecht zu er-
halten, berechtigt wären, auf blossen, gut oder schlecht be-
gründeten Verdacht oder Glauben hin, dass bestimmte Waren
schliesslich ihren Weg in das Feindesland finden, zwischen ihren
Handelsvertragsgenossen und sich selbst jeden Handel abzu-
schneiden. Dies würde an die Stelle der effektiven, durch das
Völkerrecht anerkannten Blockade eine verhältnismässig billige
und leichte Methode der Unterbrechung des Handels der Neu-
tralensetzen".
4. North America Nr. 12 (1863). Earl RusselPi*) an Lord
Lyons ^2^), Auswärtiges Amt, 17. Dezember 1862.
I. Russell schildert zunächst die Schicksale des Schiffes
„Will 0 the Wisp", das kurz ausserhalb der neutralen mexika-
nischen Gewässer beschlagnahmt worden sei, als es gerade dabei Nr. i-
war, Waren, Schiesspulver und Munition für Matamoros, einen
neutralen Hafen, zu löschen; er führt aus, dass Verdachtsgründe
82a) Nachfolger Stuarts (siehe Anm. 81b).
70 Viertes Kapitel: rnzulässigkeit der britischen Seekricgsraassnahmen
durch die Tatsache sofort widerlegt worden seien, dass die frag-
lichen Artikel gerade auf ihrem Wege zu dem neutralen Käufer
gewesen seien, und fährt dann fort:
,Es ist auch naöh den Feststellungen des Vizekonsuls Blackers klar,
dass das Schiff von dem Kaperer auf Grund einer höchst irrigen Vor-
stellung über das auf den Fall anwendbare internationale Recht
beschlagnahmt worden ist, nämlich auf Grund der Meinung, dass
er ein Recht hätte, hinter die gegenwärtige und unniittelbare
Bestimmung der Artikel nach einem neutralen Hafen zu sehen,
und zu prüfen, was aus ihnen in ihrem weiteren und künftigen
Geschäftsgange wahrscheinlich wird, nachdem sie ihre gesetz-
mässige Bestimmung erreicht haben. ...
Nr. 4 Demgemäss weise ich Sie an, sich an Herrn Seward^sb) zu wenden und
ihm darzulegen, dass die Prisengerichtsentscheidung aus diesen Gründen un-
billig sei. Sie haben darzulegen, dass Ihrer Majestät Regierung der Meinung
ist, dass eine gerechte Entscheidung des Falles eine Verurteilung zu Schadens-
ersatz erheischt hätte ; dass aber kein begründeter Zweifel daran möglich ist,
dass die Unterlassung der Verurteilung des Kaperers zu den Kosten dieser
unberechtigten Beschlagnahme ein Versehen des Richters und ein Justizirrtum
war, der einen Anspruch gegen die Vereinigte Staaten-Regierung auf Wieder-
gutmachung begründet".
Diese Ausführungen hat der englische Gesandte in Washington,
Stuart, durch Note vom 20. Oktober 1862 wörtlich an Seward^-"^)
weitergegeben.
II. In dem Urteil des Richters Wme. Mar w in vom 16. Juni
1862 im Falle „Will o the Wisp" heisst es:
Nr. 1—3 „■ ■ ■ es wurde gekapert, weil es Pulver und Zündhütchen an Bord hatte,
und ferner hat das Gericht angenommen, dass diese Tatsache die Beschlag-
nahme und Verurteilung des genannten Schiffes oder seiner Ladung oder eines
Teiles davon insoweit nicht rechtfertigt, als es in einem Handel zwischen
neutralen Nationen oder Häfen kein solches Ding wie Kriegskonterbande geben
kann, dass vielmehr der Handel von Neutralen untereinander vom Kriege un-
berührt bleibt ; auch beanspruchen die Vereinigten Staaten nicht, den Handel
Mexikos oder eines seiner Häfen mit Neutralen unterbrechen oder stören zu
dürfen".
III. Nr. 17 S. 39 (S. 553). RusselF^^) an Lord Lyons^saj,
Auswärtiges Amt, den 3. Januar 1863 :
Nr. i „ .... Es ist wahr, dass die Vereinigte Staaten-Regierung antworten
könnte, den Eigentümern der Will o the Wisp stände die Berufung offen,
aber es soll dann entschieden betont werden, dass ihnen in Anbetracht aller
82 b) Minister des Auswärtigen der Vereinigten Staaten.
§ 10. BurenUrieg und ameiikanisclier Bürgerkrieg 7t
Umstände nicht zugemutet werden sollte, noch Aveitere Aufwendungen auf
sich zu nehmen*.
5. North America Nr. 5 (1863). Earl Russell «i») an Herrn
Stuart «i"). Auswärtiges Amt, 10. Oktober 1862:
N. 4 S. 5 (S. 453) „. . . Sie wollen (Herrn Seward) erklären, dass die Nr. i— 3
Anordnung, nach der offenbar und augenscheinlich in gesetz-
mässigem Handel fahrende Schiffe auf hoher See systematisch
ohne vorhergehende Durchsuchung oder ohne die Entdeckung
ernster Verdachtsgründe gegen sie beschlagnahmt werden, be-
deuten würde, die Handelsmarine von Neutralen einem System
der Unterdrückung und Belästigung zu unterwerfen, dessen
Duldung keine neutrale Regierung gestatten kann.
Die unrechtmässige Beschlagnahme eines neutralen Schiffes unter drin-
genden Umständen mag als eine der gelegentlichen Beschwerden angesehen
werden, die ein Kriegszustand einem Neutralen auferlegt, und wird teilweise
durch die Verurteilung des Kaperers in Kosten, oder in Kosten und Schaden
ausgeglichen; aber die ununterschiedene und allgemeine Beschlag-
nahme von Handelsschiffen ohne vorhergehende Durchsuchung
verwandelt eine gelegentliche Ausnahme in eine unerträgliche
Regel".
6. North America Nr. 14 (1863). Russell s^*) an Lord
Lyons ^2*), Auswärtiges Amt, 17. Dezember 1862:
I. S. 52 (622) „Das Ergebnis, zu dem Herr Seward S2b) im ganzen gelangt, Nr. i— 3
ist offenbar, dass er das von Hirer Majestät Regierung pflichtmässig angefoch-
tene Verfahren aus drei Gründen verteidigt : erstens, dass dieses Verfahren
♦durch ein Gesetz des Kongresses und Verordnungen der Exekutiv-Regierung
der Vereinigten Staaten autorisiert wäre, Vorschriften, die als Recht inner-
halb ihres eigenen Territoriums in Kraft getreten seien, und durch die nach
den ausdrücklichen Bestimmungen des Vertrages von 1815 der Handelsverkehr
Grossbritanniens mit den Vereinigten Staaten beaufsichtigt und geregelt
werden darf; zweitens, dass dieses Verfahren und die Gesetze und Verord-
nungen, auf denen es beruht (wenn auch durch die Erfordernisse des gegen-
wärtigen Bürgerkrieges hervorgerufen), mit der Blockade in keinerlei Zu-
sammenhang stehen, und ihre Rechtfertigung nicht von der Bejahung oder
Ausübung eines Kriegsführungsrechtes erhält, sondern von der Gebietshoheit
der Vereinigten Staaten über Personen, Ortschaften und Gegenstände inner-
halb ihrer eigenen ausschliesslichen Gerichtsbarkeit ; und schliesslich, dass die
Gesetze und Verordnungen, auf die er als Autorisation dieses Verfahrens sich
stützt, nicht in besonderer oder aussergewöhnlicher Weise gegen Gross-
britannien oder gegen eine seiner Kolonien gerichtet seien, sondern gleich-
massig und ununterschieden gegen die Schiffe und Staatsangehörigen aller
anderen Nationen".
72 Viertes Kapitel: Unzulässigkeit der britischen Seekriegsmassnahmen
Russell führt dann aus, dass der Vertrag von 1815*^'*j die
von ihm angefochtenen Massnahmen verbiete, und dass es seinem
Geiste widerspreche, ihn durch ein Gesetz praktisch wirkungslos
zu machen. Er fährt fort:
„. . . . es (der unterstellte Fall eines Handelsverbotes mit den Bahamas)
würde einfach auf Seiten des Kongresses eine Weigerung der Erfüllung der
Verbindlichkeiten des Vertrages bedeuten, ohne dass Ihre Majestät zugestimmt
hätte, nach Vorschrift der Vereinigten Staaten Gegenstände zu behandeln, die
vollständig in den Rahmen ihrer eigenen unabhängigen Souveränität fallen,
und bei denen ihr weder durch Vertrag noch durch das Völkerrecht eine Ver-
pflichtung auferlegt ist, zuzustimmen. Es ist überflüssig, hinzuzufügen, dass
es mit Treu und Glauben nicht verträglicher ist, den Versuch
zu machen, mittelbar zu tun, was unmittelbar nach Treu und
Glauben nicht getan werden darf. Wenn es eine Verletzung des Ver-
trages durch den Kongress sein würde, ein Gesetz zu erlassen, wie es hier
unterstellt wird (Handelsverbot mit den Bahamas), so ist es dies nicht weniger
für die Regierung der Vereinigten Staaten, den Weg eines in vagen und all-
gemeinen Ausdrücken durch den Kongress erlassenen Gesetzes zu praktisch
gleichen Zwecken zu beschreiten, und dies ist in Wahrheit das einzige, was
geschehen ist".
Nr. 1-3 II. S. 56 (S. 626) „ . . . Ihrer Majestät Regierung behauptet jedenfalls,
dass der Fall keineswegs ein Fall der Landesgesetzgebung ist;
es i.st vielmehr ein Fall, in dem die Formen der Landesgesetzgebung einem
Bestreben dienstbar gemacht sind, einen besonderen Zweig neutralen
Handels zu beaufsichtigen, der nicht im Gebiete der Vereinigten
Staaten betrieben wird, sondern ausschliesslich in dem Gebiete
der neutralen Macht; das bedeutet aber in der Tat ein Embargo fü#
solche britischen Güter, die auf ihrer Fahrt von Grossbritannieu nach den
Bahamas angehalten worden sind, aus Gründen, die nicht durch das inter-
nationale Recht gerechtfertigt werden; und für die unschuldige und recht-
mässige Ausfuhr von den Vereinigten Staaten eine Absage an den Handels-
verkehr, der durch Vertrag garantiert ist, unter Ausnahmebedingungen, denen
keine unabhängige fremde Nation zustimmen könnte, ohne die Rechte der
Neutralität und ihrer eigenen Souveränität innerhalb der Dominions aufs
Spiel zu setzen".
7. North America Nr. 11 (1863). Memorandum des Lord
Lyons (nach Instruktion Russells vom 24. April 1863) an Se-
ward82b) Yom 7. März«^) 1863:
Nr. 1-3 S. 1 (S. 507) „Der Handel mit Matamoros ist jedenfalls unzweifelhaft
zulässig. Er wird betrieben von New York, wie von London und Liverpool.
Die Behauptung, dass einige nach Matamoros beförderte Güter
8») Bei Malloy I 624.
8*) Druckfehler, muss richtig Mai heissen.
§ 10. Biu-(.'iikrieg uiul amerikanischer Bürgerkrieg 73
hinterher über die Grenze nach Texas geschafft werden, hebt
den rechtmässigen Charakter dieses Handels nicht auf.
Auch ist es unmöglich, von vorneherein zu sagen, dass bestimmte Güter
in Mexiko verbraucht und gewisse andere Güter nach den sogenannten kon-
föderierten Staaten befördert werden. Es kann vorkommen, dass alle von
London kommenden Güter in Mexiko gebraucht, und alle von New York ge-
sandten über Land nach Texas befördert Averden. Das ist eine Sache jenseits
des Planes und der Bestimmung der Seefahrt.
Wenn daher der. britische Handel aus Handßlseifersucht oder unberech-
tigtem Verdacht der Konterbande oder einem anderen Grunde anscheinend
absichtlich und systematisch vexatorischen Beschlagnahmen und willkürlichen
Störungen unterworfen wird, so muss selbstverständlich Grossbritannien da-
• zwischen treten und seine Flagge beschützen. Unter Annahme der
strengsten Auslegung des Völkerrechts kann es nicht erlauben,
dass unter dem Vorwande dieses Rechts Feindseligkeiten gegen
einen rechtmässigen Zweig seines Handels begangen werden.
8. Papers relating to foreign affairs 1864.
I. Part I S. 534 — Lord Lyons an Sewarcl vom 28. März
1863 — betrifft das Schiff „Labnan":
„Ihrer Majestät ßegieruiig *'') meint, dass die Angelegenlieit nach Lage Nr. 4
des Falles nur zwischen den beiden Regierungen erledigt werden kann. Denn
- Ihrer Majestät Regierung kann nicht zugeben, dass die dem Klage-;
anspruche ungünstige Entscheidung des Prisengerichts die'Re-
giernng der Vereinigten Staaten von der Verpflichtung befreien
würde, in weitestem Masse das schwere Vergehen gegen neutrale
Rechte wieder gut zu machen".
IL Part II S. 394. — Lord Lyons an Seward, 30. Oktober
1863 — (betrifft die Beschränkungen des Handels zwischen New
York und den Bahamas) :
„ . . . . sie (Ihrer Majestät Regierung) bleibt bei der Meinung, dass der Nr. i— s
wahre Gegenstand und Zweck dieser Mas.snahme darin besteht, an den fest-
stehenden Grundsätzen des internationalen Rechts eine Neuerung vorzunehmen
und die Lücken einer unzulänglichen Bloqkade durch eine Landesgesetzgebung
auszufüllen, welche die gesetzlichen Schranken unzulässig überschreitet, indem
sie die nach den Handelsverträgen bestehenden Rechte der Neutralen verletzt".
III. Part II S. 667. — Lord Lyons an Seward, 4. August
1864 — (betrift't die Auflage an britische Staatsangehörige, sich
schriftlich zu verpflichten, wie zu Nr. 3 oben wiedergegeben):
*^) Es ist bemerkenswert, dass „government" in den amerikanischen Quellen
mit einem kleinen, in den englischen mit einem grossen Anfangsbuchstaben ge-
schrieben wird.
74 Viertes Kapitel: ünzuUlssigkeit der britischen Scekricgsmassnahmen
ÜT. i n ,,l)er Versiicli, durch die üesetzgebung der Vereinigten Staaten die
Handelsfreiheit zwischen britisclien Staatsangehörigen niid den Vereinigten
Staaten von 1-^edingnngen abhängig zu machen, die nicht anf ihr Verhalten
und ihre Führung im Gebiete der Vereinigten Staaten anwendbar sind, sondern
auf ihr Verhalten und ihre Führung in ihrem eigenen Lande oder in anderen
Ländern und Plätzen, auf die sich die Gerichtsbarkeit der Vereinigten Staaten
nicht erstreckt, ist, wie Ihrer Majestät Regierung ständig behauptet hat, eine
Verletzung der vertraglichen Verpfliclitungen und ein Eingriff in die
rechtmässige Souveränität der Königin von Grossbritannien".
Sewarcl antwortet am 8. August 1864 (S. 673), ob die
Blockade effektiv sei oder nicht, sei eine Frage, die höchst
befriedigend durch eine Prüfung ihrer Ergebnisse ent-
schieden werden könne, ... er meine deshalb, dass entweder
die Blockade der Vereinigten Staaten als ausreichend anerkannt
werde oder angenommen werden müsse, dass keine gesetz-
raässige Blockade gegen Konterbande-Händler aufrecht
erhalten werden könne, die den Vorteil der modernen
Dampfschiffahrt geniessen^^).
Es finden sich in den hier ausgezogenen englischen und ame-
rikanischen Quellen noch viele ähnliche Stellen, die aus Raum-
gründen nicht wiedergegeben werden können. Die mitgeteilten
werden genügen, um zu veranschaulichen, dass es sich um
typische, sich stets wiederholende Argumentationen des
neutralen gegen den kriegführenden Staat und umge-
kehrt dieses Staates gegen jenen handelt. Es fällt ja in
die Augen, dass England als kriegführender Staat zur Recht-
fertigung seiner Massnahmen die gleichen Gründe anführt, welche
die Vereinigten Staaten für ihre Kriegführung während des Bürger-
krieges geltend gemacht hat, und dass es umgekehrt deren Un-
rechtmässigkeit mit denselben Gesichtspunkten bekämpft, welche
die Vereinigten Staaten und andere neutrale Staaten gegen seine
Kriegsmassnahmen während des Weltkriegs anführten.
Das gleiche Schauspiel wiederholt sich in anderen Kriegen
««) Vgl. richtig Kleen, De la contrebande 128. „Die Bedürfnisse der
Kriegführenden gehen die Neutralen absolut nichts an. Sie haben das absolute
Recht, so lange ausserhalb der Feindseligkeiten zu bleiben, als sie sich nicht
selbst hineinmischen". Vgl. Takahashis Rechtfertigung der japanischen Krieg-
führung an den verschiedensten Stellen seines International Law^.
§ 11. Englische Stellungnahme (französisch-chinesischer Krieg 1885) 75
und verdient gleichfalls festgehalten zu werden, weil es die
Rechtswidrigkeit der S. 60 zusammengestellten Grundsätze der
Seekriegsmassnahmen der Entente auf Grund der eigenen früheren
Proteste Englands ausser Zweifel stellt, die es in gleicher Lage
erhoben hat, in die es jetzt die Neutralen gebracht hat. Auf die
naheliegenden rechtspolitischen Folgerungen für die Notwendigkeit
einer Ausdehnung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit kann
hier nicht weiter eingegangen werden.
§ 11
Die ciiglisebc Stclluugiiahmc
im fraiizJisiscli-elnuesiselicii Kriege 1SS5, im japaniseli-
russiselicii Kriege 1904 und bei den Verhandlungen über
die Ratifikation der Londoner Delilaration.
a) Der englische Standpunkt im französisch-cliinesischen Kriege 1885.
England hat auch, als es im französisch-chinesischen Kriege
1885 neutral war, seine damaligen Interessen mit völkerrechtlich
zutreffenden Gründen zu vertreten verstanden und von dem krieg-
führenden Frankreich eine Antwort erhalten, deren fast wörtliche
Ähnlichkeit mit den jetzigen Argumenten Grossbritanniens zur
Rechtfertigung seiner Kriegsmassnahmen gegen die Proteste der
neutralen Staaten in die Augen springt.
Die betreffenden Stellen lauten^''):
Nr. 3. Earl Granville'^^) an Herrn Waddington^''^), Aus-
wärtiges Amtj, den 27. Februar 1885.
[Absatz 1 bestätigt den Empfang der Mitteilungen, dass Keis in den
chinesischen Häfen des Nordens von Kanton als Konterbande behandelt
werden soll.]
„Ich bedaure, Ihnen, Herr Gesandter, mitteilen zu müssen, dass sich Ihrer Nr. i— 3
Majestät Regierung gezwungen sieht, gegen die geplante Massnahme Ein- Nr. 5
Wendungen zu erheben, da sie nicht zugeben kann, dass es mit dem
Völkerrecht, der Staatenpraxis und den Rechten der Neutralen
übereinstimme, Lebensmittel im allgemeinen als Kriegskonter-
bande zu behandeln. Ihrer Majestät Regierung bestreitet nicht, dass
«') Mise. Nr. 2 (1911) Cd. 5520. Siehe Bismarcks Stellungnahme oben
Anm. 47. Vgl. hierzu Pyke 131 u. l.')7.
87 a) Englischer Minister des Auswärtigen.
87b) Französischer Gesandter in London,
76 Viertes Kapitel: T'nzulässigkeit der britischen Seekriegsmassnahmen
Lebensmittel unter besonderen Umständen diesen Charakter erhalten, wie zum
Beispiel, wenn sie unmittelbar an die Flotte eines Kriegführenden oder nach
einem Hafen konsigniert sind, in dem sich etwa die Flotte befindet, und
Tatsachen vorhanden sind, welche die Vermutung ergeben, dass
sie im Begriffe stehen, zur Versorgung des Feindes verwendet
zu werden. Aber Ihrer Majestät Regierang kann nicht zugeben, dass die
Lebensmittel, wenn sie nach dem Hafen eines Kriegführenden
(mag es selbst ein Hafen für Ausrüstung der Kriegsflotte sein)
konsigniert sind, deshalb notwendig als Kriegskonterbande an-
zusehen sind.
Nach Meinung Ihrer Majestät Regierung ist der entscheidende Gesichts-
punkt, ob in bezug auf eine besondere Ladung oder ihre Be-
stimmung Umstände vorliegen, welche die Vermutung zurück-
drängen, dass Artikel dieser Art dem ordentlichen Lebensbedarf
dienen®*), und augenscheinlich und unbedingt beweisen, dass sie
für militärische Zwecke bestimmt sind".
Waddington an Granville, 10. März 1885.
Nacli Rechtfertigung der französisclien Massnahmen und ge-
schichtlichen Auseinandersetzungen über die Anerkennung dieser
Massnahmen in früheren Fällen durch England und seine Schrift-
steller heisst es:
„Die eigentümlichen Umstände, unter denen die Feindseligkeiten gegen
China durchzuführen sind, haben meine Regierung bestimmt, bei passender
Gelegenheit die Entscheidung zu treffen, zu der Eure Exzellenz Vorbehalte
zu erklären sich für verpflichtet gehalten haben. Nun aber wird die Regierung
diese besonderen Umstände nicht verkennen, über welche die franzö-
Kr. 4 sischen Behörden die besten Richter sind und welche die fran-
zösischen Prisengerichtshöfe gegebenenfalls endgültig zu beur-
teilen haben werden. Die Bedeutung von Reis für die Ernährung der
Nr. 1 Bevölkerung und der chinesischen Armeen erlaubte meiner Regierung nicht,
die Beförderung nach dem Norden Chinas zu gestatten, wenn sie sich nicht
eines der wirksamsten Zwangsmittel berauben wollte, die zu ihrer Verfügung
standen. Zweifellos konnte sie durch Erklärung der Blockade über die dem
fremden Handelsverkehr offenen chinesischen Häfen dieses Ziel erreichen, ohne
die neutralen Schiffe auf hoher See anzuhalten, aber eine derartige Massregel
würde auf die Interessen der Neutralen vernichtend gewirkt haben,
und gerade dem wollte sie befreundete Mächte nicht aussetzen.
Es schien ihr vielmehr vorteilhafter für alle, die fremden Kaufleute ihren fried-
lichen Handel in den chinesischen Gewässern fortsetzen zu lassen, mit der ein-
zigen Ausnahme von Reis; und sie ist der Meinung, dass keine der Be-
stimmungen des Völkerrechts über den Gegenstand ihr verbietet,
") Anerkannt im Falle Commercen (1816) bei Scott, Gases 765 und
Myer 29 § 398 f.
§ 11. Englische Stellungnahme japanisch-russischer Krieg 19C4) 77
durch die Erklärung, dass Frankreicii den Keis als Kriegskonterbande behandeln
würde, die beiden von ihr verfolgten Zwecke zu erreichen; so
schnell wie möglich den Feind kampfunfähig zu machen und
hierbei die Interessen der Neutralen möglichst zu schonen.
Übrigens würde die endgültige Entscheidung nach der in der
Rechtswissenschaft allgemein anerkannten Ansicht dem in Paris tagenden
Prisengericht zustehen, das nicht verfehlen wird, alle die Umstände in Nr. 4
Ervyägung zu ziehen, welche zugunsten der Eigentümer von beschlagnahmten
Ladungen geltend gemacht werden können".
Granville an Waddington (am 4. April 1885) erkennt an,
,dass das Prisengericht in erster Linie über die Gesetzmässigkeit der Be-
schlagnahme zu entscheiden hat, aber jede solche Entscheidung muss, um für
neutrale Regierungen bindend zu sein, mit den Regeln und Grundsätzen des
internationalen Rechts im Einklang stehen, jedoch sieht sich Ihrer Majestät
Regierung veranlasst, ihre Rechte durch sofortigen Protest gegen Nr. i— 3
die Lehre vorzubehalten, dass es Sache des Kriegführenden sei,
ohne Rücksicht auf die wohlbegründeten Rechte der Neutralen
zu entscheiden, was Kriegskonterbande sei und was nicht. . . .
. . . Ich halte es für richtig, zu bemerken, . . . dass die Beschlagnahme
solcher Verschiffungen (von Reis, der nach China geht) unter neutraler Flagge
mit der Pariser Deklaration unvereinbar sein würde, die be-
stimmt, dass die neutrale Flagge, mit Ausnahme von Kriegskonterbande, das
feindliche Gut deckt, und dass Ihrer Majestät Regierung in allen Beziehungen
an den Ansichten festhält, die in meiner letzten Protestnote vom 27. Februar
gegen die allgemeine Behandlung von Reis als Kriegskonterbande zum Aus-
druck gebracht worden sind, und dass sie sich nicht durch die Ent- Nr. 4 u. 5
Scheidung eines Priseugerichts für gebunden erachtet, die eine
entgegengesetzte Meinung vertreten würde".
b) Der Standpunkt der englischen Regierung Im russisch-japanischen Kriege 1904.
Nach Ausbruch des russisch-japanischen Krieges und nach
Veröffentlichung der kaiserlich russischen Verordnung vom 14. Fe-
bruar 1904, betreffend die Regeln, welche die kaiserliche Regierung
während des Krieges mit Japan anwenden will, und unter denen
sich besonders wichtige Bestimmungen über die Behandlung des
neutralen Handels befinden ^^), nimmt die britische Regierung zu
ihnen und gegen sie, wie folgt, grundsätzlich Stellung^"):
»«) In Russian Gases 346.
"0) Russia Nr. 1 (1905) Cd. 2348. Vgl. Holland, Neutral duties 11 : Ta-
kahashi 495 f. ; Hershej', War 160 f.; Lawrence, War 154 f.
78 Viertes Kapitel: T'nzulässigkeit der britischen Scekriegsaiassuahmen
Lallsclo^Ync, Staatssekretär des Auswärtigen, an Hardingc,
den englischen Gesandten in Petersburg, unterm 1. Juli 1904
Nr. 16 p. 9:
[Absatz 1 referiert die Übersendung der russiscben Order.]
Absatz 3 : ^ Seiner Majestät Regierung bemerkt mit grossem Befremden, dass
Reis und Lebensmittel als unbedingte Konterbande behandelt werden sollen,
ein Schritt, den sie mit dem Völkerrecht und der Staatenpraxis
für unvereinbar hält.
Seiner Majestät Regierung bestreiten nicht, dass unter besonderen Um-
ständen Lebensmittel einen Konterbandecharakter erlangen können, wenn sie
zum Beispiel unmittelbar dem Feinde oder der Flotte eines
Kriegführenden zugesandt werden, oder nach einem Hafen, in dem
dessen Flotte liegt, und wenn Tatsachen vorliegen, welche die Vermutung .
begründen, dass sie im Begriffe sind, die Flotte des Feindes zu versorgen.
Es wird nicht geleugnet, dass in solchen Fällen der andere Kriegführende
berechtigt sein würde, die Lebensmittel als Kriegskonterbaude zu beschlag-
nahmen, weil sie zur unmittelbaren Hilfeleistung bei der Durchführung der
Kriegsoperationen bestimmt sind.
Seiner Majestät Regierung könnte jedenfalls nicht zulassen, dass Lebens-
Nr. 1—3 mittel, wenn sie für den Hafen eines Kriegführenden, mag es
selbst ein Hafen für Schiffsausrüstungen sein, bestimmt sind,
deshalb notwendigerweise als Kriegskonterbande angesehen
werden.
Nach Ansicht Seiner Majestät Regierung dürfte das ent-
scheidende Merkmal sein, ob bei einer besonderen Ladung Um-
stände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass sie für den Ge-
brauch des Landheeres oder der Kriegsflotte bestimmt ist.
Seiner Majestät Regierung vertritt die Meinung, dass die Entscheidung
Nr. 4—7 der Prisengerichte des Kaperers in solchen Sachen in Überein-
stimmung mit den anerkannten Regeln und Grundsätzen des
internationalen Rechts sein muss, um für neutrale Staaten bin-
dend zu sein. Seiner Majestät Regierung hält sich für verpflichtet, durch
Protest ihre Rechte gegen die Lehre vorzubehalten, nach der es Sache des
Kriegführenden ist, zu entscheiden, dass bestimmte Artikel oder Klassen von
Artikeln selbstverständlich und ohne Bfeziehung zu den früheren Ausführungen
in diesem Schreiben als Kriegskonterbande ohne Rücksicht auf die wohl-
begründeten Rechte der Neutralen behandelt werden; und Seiner Majestät
Regierung kann sich nicht für verpflichtet halten, die Entscheidung
eines Prisengerichts als gültig anzuerkennen, welche diese Rechte
verletzt oder auch sonst mit den anerkannten Grundsätzen des internationalen
Rechts nicht in Einklang steht.
Nr. 17 p. 10. Har dinge an Lausdowne, Petersburg,
8. Juni 1904 :
§ 11. Englische Stellungnahme fjapanisch-russischer Krieg 1904) 79
jlch bemerkte zur gleichen Zeit zu Graf Lamsdorf f wa). (]ass ich bei
iliesem Schritt nur in Übereinstimmung mit Präzedenzfällen und mit
den stets von Seiner Majestät Regierung vertretenen Ansichten
vorginge, nach denen Lebensmittel, die unter einer neutralen
Flagge nach dem Häfen eines Kriegführenden gesandt wären, Nr. i u. ü
nicht allgemein als Kriegskoiiterbande angesehen werden dürfen,
es sei denn, wenn bewiesen wird, dass sie für Kriegsmarine- oder
Militärzwecke bestimmt sind, und ich führte das Beispiel der Warnung
an. welche in gleichem Sinn von Seiner Majestät Regierung an die franzö-
sische Regierung während des französisch -chinesischen Kriegs gerichtet
worden war".
Nr. 20. Lansdowne an Har dinge, 10. August 1904:
,.. . . unter der 6ten dieser Regeln (der Kaiserlich Russischen Regierung)
wurde jede Art von Feuerung, wie Kohlen, Naphtha, Alkohol und andere
ähnliche Materialien, und allgemein alles, was für die See- oder Landkriegs-
führung bestimmt ist, ebenso wie Reis, Lebensmittel und Pferde, Lastvieh
und andere Tiere, die für einen Kriegszweck gebraucht werden können, wenn
sie auf Rechnung des Feindes befördert wurden oder für ihn bestimmt waren,
für Kriegskonterbande erklärt, und es wurde in einer gleichzeitig veröffent-
lichten offiziellen Erklärung klargestellt, dass sie als „unbedingte Konter-
bande" angesehen würden.
p. 12 ... für den gegenwärtigen Zweck genügt es, auf die Tatsache
aufmerksam zu machen, dass diese noch nicht da gewesene Ausdehnung
der Lehre von der Kriegskonterbande den grössten Teil, wenn
nicht das Ganze des ausgedehnten Handels, der jetzt zwischen
Grossbritannien und dem fernen Osten betrieben wird, den
Strafen aussetzt, deren sich alle derartige Konterbande befördernde Per-
sonen schuldig machen.
Die Wirkung dieser Einmischung in den neutralen Handel Xr. i— 3
wird für den gesetzmässigen Handelsverkehr von einem briti- '^^- ^
sehen Hafen im Vereinigten Königreich nach einem britischen
Hafen im Fernen Osten verheerend sein".
[Russland nimmt das Recht in Anspruch, neutrale Schiffe unter bestimmten
Umständen zu versenken (Maugel an Prisenmannschaft, Kohle, weite Entfernung
von den Heimatshäfen u.a.m.).]
„Die Anwendung solcher Massnahmen muss eine vollständige
Vernichtung jedes neutralen Handelsverkehrs verursachen.
Es scheint Seiner Majestät Regierung, dass die russische Regierung keine
Bemühungen unterlassen sollte, ohne Zeitverlust einem Zustande ein
Ende zu machen, der so vernichtend für den Handel dieses
Landes, so entgegengesetzt den anerkannten Grundsätzen des
internationalen Rechts und so unerträglich für alle Neutralen
ist. . . . Aber sie (Seiner Majestät Regierung) widersetzt sich und kann nicht
90 a) Russischer Minister des Auswärtigen.
80 Viertes Kapitel: Fnzulässigkcit rler hritisfhcH Seekriegsmassnahmen
ruliig sein bei tlor Einführung einer neuen Lehre, nach der die ■wolilbegründefe
Unterscheidung zwischen bedingter und unbedingter Konterbande gänzlich
fallen gelassen ist, und nach der überdies bei Entdeckung von angeblichen
Konterbandeartikeln das Schiff, das sie befördert, ohne Verfahren und trotz
seiner Neutralität Strafen unterworfen wird, die selbst gegen ein feindliches
Schiff widerstrebend vollstreckt werden".
Nr. 21 p. 13. Lansdowne an Hardinge, Foreign Office
am 2. Oktober 1904 :
[Absatz 3 zitiert die russische Order vom 14. Februar 1904, insbesondere
Sektion 8 und 10 des Artikels 6, wie in der vorhergebenden Note.]
,Es ist in unserem Lande angenommen worden, und unsere
Offiziere sind so instruiert worden, dass der Ausdruck „Kriegs-
konterbande" nur Artikel einschliesst, welche feindliche Be-
stimmung oder feindlichen Zweck haben. Solche Artikel werden in
zwei Klassen eingeteilt: 1. absolute, 2. bedingte Konterbande".
[Das wird weiter ausgeführt and dann die Note vom 1. Juli 1904 wört-
lich wiederholt.]
Nr. 1—3 p. 14: „Sie wollen hinzufügen, dass es unmöglich für uns ist, die-
neue russische Lehre anzunehmen, die der entgegengesetzt ist, welche
die russische Regierung bei früheren Gelegenheiten vertreten hat, dass näm-
lich Kohle und Feuerungsmaterial jeder Art Konterbande wäre,
unabhängig davon, ob sie für den Gebrauch der feindlichen Streit-
kräfte bestimmt sind oder nicht. Noch weniger können wir zugeben,
dass eine Macht die Kompetenz habe, mit einem Federstrich den
schon lange eingeführten Unterschied zwischen Artikeln, die
bedingt, und solchen, 'die unbedingt Kriegskonterbaude sind, zu
vernichten, und plötzlich ihre Absicht zu verkünden, in die
letzte Kategorie eine Anzahl von Artikeln selbst unschuldiger
Art aufzunehmen, und nun gar, wenn der Handel neutraler Staaten
einen grossen Umfang hat. Wir sind nicht imstande, zuzugeben, dass
Nr. G die. Beschlagnahme von Ladungen oder der sie enthaltenden Schiffe, dieser
fast bloss aus dem Grunde, weil sie derartige Artikel mit sich führen, und
ohne Beweis solcher Bestimmung im internationalen Recht begründet
ist, und Seiner Majestät Regierung wird demgemäss es für ihre Pflicht halten,
Nr. 4 die Schadensersatzansprüche entschieden zu unterstützen, welche von britischen
Staatsangehörigen geltend gemacht werden, deren Interessen durch die An-
wendung dieser Regeln beeinträchtigt worden sind. . . .
Nr. 1—3 Wir können jedenfalls nicht zugeben, dass das Recht, Vor-
sichtsraassregeln zu ergreifen, um zu verhindern, dass ein Feind
Zufuhren erhält, das weitere Recht des betreffenden Krieg-
führenden in sich schliesst, die Artikel zu bestimmen, die er in
jeder Entfernung vom Kriegsschauplatz und ohne Beweis, das.?
die in Frage stehenden Zufuhren wirklich für den Gebrauch der
feindlichen Streitkräfte bestimmt sind, als Kriegskonterbande
ansieht".
§ 11. Englische Stcllungnalime (japaiiiscli-russischer Krieg 1904) 81
Hardinge an Lansdowiie, Petersburg, 16. August 1904.
Nr. 24. Graf Lamsdorff"^^) erbittet Zeit auf die beiden letzten
Noten vom 10. August und verweist auf die Entscheidungen der
Prisengerichtshüfe. Hardinge weist dies zurück, weil diese Ge-
richte gar nicht zuständig seien, und die Vorstellungen sich gegen
die Politik der Regierung richten.
„Ich fügte hinzu, dass es kein genügender Grund sei, den Nr. 1—3
Handel der ganzen Welt mit Rücksicht auf die Kriegführenden Nr. g
zu verlegen, weil Russland und Japan sich entschlossen haben,
einander zu bekriegen".
Lansdowne an Hardinge, 25. August 1904. Nr. 25;
„Die Bemerkungen, welche Sie zum Grafen Lamsdorff über die Pflichten
der Kriegführenden gegen den neutralen Handel gemacht haben, waren höchst
angemessen".
Note von Hardinge an Lansdowne vom 27. August 1904.
Nr. 17 wiederholt die Bemerkung aus Nr. 24.
Nr. 28. Hardinge an Lansdowne, 8. September 1904, S. 19:
„Ich führte Graf Lamsdorff gegenüber aus, dass Lebensmittel, Kohlen
usw. nur als Kriegskonterbande behandelt werden dürfen, wenn sie an Streit-
kräfte des Feindes adressiert sind. Ich meine, dass in einem solchen Falle, wie er
ihn erwähnte, der Kapitän ganz schlüssigen Beweis der Bestimmung Nr. 5
der A.rtikel für Heer oder Kriegsflotte erbringen müsste".
Nr. 29. Hardinge an Lansdowne, 18. September 1904,
S. 19. Neue Instruktionen zur Anwendung von Sektion 10 Artikel 6
seien erlassen, danach sei Beschlagnahme und Einziehung zulässig,
wenn die Personen im Feindesland Agenten oder Lieferanten der
See- oder Militärbehörden sind.
„In Antwort auf meine Bemerkung, dass die Beweislast in solchem Falle
dem Kaperer obliege, bemerkte Graf Lamsdorff zustimmend, dass es im
Interesse des Eigentümers läge, den Entlastungsbeweis zu führen".
Nr. 33. Hardinge an Lansdowne, 21. Sept. 1904, S. 21:
„Ich sagte ihm (Graf Lamsdorff), Seiner Majestät Regierung könne un-
möglich zugeben, dass ein Kriegführender das Recht habe, den bri- j^j. ^_^
tischen Handel mit einem im Kriege befindlichen Lande zu ver- und g
tilgen, wenn dieser Handel friedlichen Charakters ist, oder dass
Kohle als Konterbande angesehen wird, gauz unabhängig davon, ob sie
für die Streitkräfte des Feindes bestimmt ist".
Nr. 34 S. 22. Lansdowne an Hardinge, 30. Sept. 1904:
„Wenn auch Seiner Majestät Regierung nicht behauptet, die blosse Tat-
sache, dass der Empfänger eine Privatperson ist, würde ohne weiteres die
Bendix, Völkerrechtsverletzungen 6
82 Viertes Kapitel: Unzulässigkeit der britischen Seekriegsmassnahmen
Kapenuig ausschliesseii, so meint sie docli andererseits, dass die Einbringuii g
Nr. 6 von Schiffen zur Aburteilung, bloss weil ilire Bestimmung das
Land des Feindes ist, Beunruhigung verursachen und eine un-
gerechtfertigte Einmischung in den neutralen Handel bedeuten
würde.
Um ein Schiff solchem Verfahren zu unterwerfen, müssen nach Meinung
Seiner Majestät Regierung Umstände vorliegen, die den Verdacht begründen,
Nr. 5 dass die Vorräte für Eechnung des Feindes gehen, und in solchem Falle ist
es Sache des Kaperers, zu beweisen, dass die Verdaclitsgründe hinreichend
sind, und die Tatsache der Bestimmung für die feindlichen Streitkräfte fest-
zustellen, bevor der Versuch gemacht wird, ihre Verurteilung herbeizuführen".
Nr. 24 S.24. Hardinge an Graf Lamsdorff^o^), 9. Okt. 1904:
Nr. 1-3 »Die neue Lehre, welche in vollständigem Widerspruch
zum Völkerrecht und zur Staatenpraxis steht, wie sie liurcir
internationale Übung geheiligt sind, kann unmöglich von Seiner
Majestät Regierung anerkannt werden, dass nämlich Kohlen und
Feuerungsmaterial jeder Art, unabhängig von ihrer Bestimmung,
Konterbande seien, und dass die Beschlagnahme von Ladungen
oder der sie enthaltenden Schiffe deshalb im internationalen
Recht begründet sei, weil sie solche Artikel umfassen.
Nr. c I'"'e Exzellenz wird sicherlich zugeben, dass die Tatsache des Kriegs-
zustandes zwischen den Regierungen von Russland und Japan
für sich selbst kein genügender Grund ist, um den friedlichen
Handel zwischen Grossbritannien und Handelshäusern in Japan
mit einer Strenge zu behandeln, die den Handel für beide ge-
fährlich macht und sogar verhindert".
[Es wird dann weiter verlangt, dass Baumwolle und Kohle auch be-
dingte Konterbande werden.]
c) Der Fall des englischen Schiffes Oldhamia in diesem Kriege.
Einige Jahre nach Beendigung des russisch-japanischen Krieges
hat dann die englische Regierung Gelegenheit genommen, zur
prisengerichtlichen Verurteilung des englischen Schiffes Oldhamia
den Standpunkt des neutralen Staates, wie folgt, zu vertreten ^*) :
*") Mise. Nr. 1 (1912) Cd. 6011. England ist hier gemeinschaftlicii mit den
Vei einigten Staaten vorgegangen und hat aus deren zeitlich voraufgegangenen
Noten vieles, insbesondere Zitate, übernommen (vgl. Papers relating to the Foreign
Relations of the United States 1904, S.3H2f., 730 f., 760— 777). Bemerkenswert
ist die lustruktion vom 10. Juni 1904, S. 730, 1905, S.742f., insbesondere S.746.
Auch im englischen Parlament ist die Frage der Konterbande im russisch-japa-
nischen Krieg, insbesondere der Behandlung von Lebensmitteln als solchen im
fciinne des Textes zur Sprache gekommen (The Parlamentary Debates 1904, Bd. 189
Sp. 269, 190Ö, Bd. 141 Sp. 6 und 29). Ebenso die Reden Lansdownes und
Balfours vom 12. und 26 August 1904 bei Smi th-.':^i bley 226 f.
§ 11. Englische Stellungnahme (japanisch-russischer Krieg 1904) 83
Nr. 3 S. 15. Edward Grey^^^) an A. Nicolson^^^), Auswärtiges
Amt, den 4. Januar 1910 :
„Sehr geehrter Herr! Seiner Majestät Eegierung hat Ihrer Exzellenz
Schreiben vom 9. Juni des vorigen Jahres in Erwägung gezogen, das eine
Übersetzung der Entscheidung des höchsten russischen Prisengerichts im Falle
des Dampfschiffs „Oldhamia" enthielt, welche zu dem Ergebnis gekommen
ist, dass der von den Eigentümern des Schiffs und den Ladungseigentümern
geltend gemachte Schadensersatzanspruch deshalb zurückzuweisen sei, weil
die Ladung von destilliertem Petroleum als Kriegskonterbande angesehen
werden muss, da nicht genügend bewiesen sei, dass sie für friedliche Zwecke
bestimmt sei.
Seiner Majestät Regierung kann nur ihren entschiedenen Wider-
spruch gegen die Entscheidung dieses Falles durch das höchste
russische Prisengericht zum Ausdruck bringen. In modernen
• Zeiten und unter Berücksichtigung der Bedingungen, unter
denen gegenwärtig Handel betrieben wird, würde eine Ladung,
wie sie von der „Oldhamia" befördert wurde, von einem britischen
Prisengericht als Kriegskonterbande nicht verurteilt worden
sein, weil der Kaperer den Beweis nicht geführt hat, dass das Öl
für die Eegierung des Staates bestimmt war, mit dem unser Land in dem zu
unterstellenden Falle im Kriegszustand sich befindet, oder weil es an Tat-
sachen fehlte, eine solche Vermutung klar zu begründen.
Seiner Majestät Regierung wünscht deshalb, festzustellen, dass ihre
Meinung von der durch das russische Gericht erlassenen Entscheidung ab-
weicht, und ich ersuche Eure Exzellenz, einen Ausdruck ihrer Ansichten zur
Sache an die russische Regierung gelangen zu lassen und dieses Schreiben
Herrn Iswolski^ic) vorzulesen und eine Abschrift bei ihm zurückzulassen.
Ich bin etc. E. G."
Nr. 5 S. 17. Edward Grey an O'Beirne^^''), Auswärtiges Amt,
den 22. August 1910:
„In Anbetracht aller dieser Erwägungen kann Seiner Majestät Regierung
zu keinem anderen Schlüsse kommen, als dazu, dass die Ansicht des höchsten
Gerichts, nach der die Ladung der „Oldhamia" für Kriegskonterbande zu
halten ist, in deutlichem Gegensatz steht zu dem Gewicht des Be-
weismaterials, das im Laufe der Verhandlungen beigebracht worden ist.
Aber selbst unterstellt einmal, dass die in Frage kommende Verschiffung
Konterbandecharakter haben könnte, was Seiner Majestät Regierung aus den
schon dargelegten Gründen nicht zugeben kann, so müsste schliesslich doch
festgestellt werden, dass sie für den Gebrauch der feindlichen Streitkräfte
bestimmt ist. und in dieser Beziehung ist tatsächlich keine Spur
91 a) Englischer Minister des Auswärtigen.
91b) Englischer Gesandter in Petersburg.
91 c) Russischer Minister des Auswärtigen.
91 d; Nachfolger von Nicolson (siehe Anm. 91b).
84 Viertes Kapitel: T^nzulässigtccit der britischen Seckriegsmassnahmen
eines Beweises vor dem russischen Priseiigericht beigebracht
Avorden. Aus allen diesen (! runden hält sich deshalb Seiner Majestät Re-
gierung für berechtigt, zu behaupten, dass die Verurteilung der „Uldhamia'"
in keiner Weise gerechtfertigt werden kann, und hofft ernstlich, dass die
Kaiserliche Regierung in eine erneute Prüfung eintreten, diese Ansicht an-
nehmen und den Eigentümern angemessenen Ersatz für den ernsten Verlust
zubilligen wird, den sie durch die Zerstörung ihres Schiffes erlitten haben".
[Gegebenen Falles wird schiedsgerichtliche Entscheidung des Schiedshofes
im Haag vorgeschlagen.]
S. 17. Auswärtiges Amt an die Herren Siveweight, Bacon & Co.
(die Hauptbeteiligten), den 27. August 1910:
„Sie (die von uns der russischen Regierung auseinandergesetzten Gründe)
haben dargelegt, dass der Spruch des Gerichts, soweit er sich auf den Konter-
bandecharakter des an Bord des Schiffes befindlichen Petroleums bezieht, im
Gegensatz steht zu dem Gewicht des Beweismaterials, und dass es nur für
Beleuchtungs-, nicht aber für Feuerungszwecke hat benutzt werden können,
und dass, selbst bei Brauchbarkeit für den letztgenannten Zweck, nicht be-
wiesen sei, dass es für die feindlichen Streitkräfte bestimmt war".
Die Regierung Englands in ihrer Instruktion vom 10. August
1904 sprach ihre kategorische Weigerung aus,
„einem Vertrage, einer Vereinbarung oder Erklärung irgend-
welcher Art zuzustimmen, welche die Anerkennung der Kohle
als Konterbande einsehliessen würde".
d) Der Standpunkt der englischen Regierung bei den Verhandlungen über die
Ratifikation der Londoner Deklaration mit den ihr widerstrebenden englischen
Handelskammern.
Schliesslich hat die englische Regierung, als sie die Londoner
Deklaration gegen die heftigen Angriffe im eigenen Lande zu
verteidigen hatte, zur Begründung ihres Standpunktes für die
Ratifikation der Deklaration eine Reihe von allgemeinen Gründen
geltend gemacht, die mit den jetzt von den Neutralen angeführten
Argumenten im wesentlichen übereinstimmen und mit diesen die
Unzulässigkeit der jetzt durchgeführten Kriegsmassnahmen ohne
weiteres ergeben. Die betreffenden Stellen lauten wie folgt ^-'):
»') Mise. Nr. 4 (1910) Cd. 5418. (Siehe die Fortsetzung Mise. Nr. 8 (1911)
Cd 5718. Vgl. auch Mise. Nr. 4 (1909) Cd. 45.Ö4 und Beckenkamp § 14 und
andere Stellen). Nachdem in S. 22 Nr. 7 ausgeführt worden ist. dass die Haupt-
aufgabe sei, die Meinungen und Auslegungen des anerkannten Völkerrechts mit-
einander in Einklang zu bringen, weil die meisten der geltenden Regeln aus
einer Zeit der Segelschiffahrt stammen , als Verbindungen durch elektrisclie
Telegraphen noch unbekannt waren, und weil einander widersprechende Regeln
§ 11. Englische Stellungnahme (Londoner Deklaration) 85
Nr. 1. Vorstellungen der Glasgower Handelskammer vom
10. August 1910 an Sir Edward Grey.
Nr. 2. Antwort des Foreign Oflice vom 13. Oktober 1910
verteidigt die Deklaration gegen alle Angritfe :
[Absatz 6] „Sir Edward Grey wäre in der Tat froh gewesen, wenn er
eine ausgedehntere Liste von Gütern hätte erlangen können, die nicht als
Konterbande erklärt werden durften, aber er meint, die Kammer wird mit
ihm darin übereinstimmen, dass es für die Neutralen von grossem Vorteil ist,
wenn sie unter der Ägide einer internationalen Vereinbarung es
ohne Gefahr unternehmen können, nicht nur Haushaltuugs-
gegenstände und Naturprodukte, sondern auch die Rohmateria-
lien der Grossindustrie zu befördern. Es sei zu erinnern, dass einige
Mächte bisher das Recht beansprucht und angewandt haben, einen für Kriegs-
zwecke verwendbaren Artikel als bedingte Konterbande zu erklären, dass
während des russisch-japanischen Krieges Wolle von den Russen tatsächlich
auf die Liste der Gegenstände absoluter Konterbande gesetzt worden ist.
[8] Die von der Londoner Deklaration aufgestellte Regel, dass Lebens-
mittel nur Konterbandecharakter erlangen, wenn bewiesen
wird, dass sie für die Streitkräfte oder eine Regierungsstelle
des feindlichen Staates bestimmt sind, ist keine Neuerung im
geltenden Völkerrecht. Lebensmittel, die unter Umständen verschifft
, werden, die es wahrscheinlich machen, dass sie für die Streitkräfte eines
Kriegführenden bestimmt sind, sind vor den britischen Prisengerichten, wie
denen anderer Länder, stets als Konterbande behandelt worden, während
einige unter den Grossmächten, bekanntlich Frankreich. Deutschland. Öster-
reich und Russland, sogar behauptet haben, dass Lebensmittel für absolute
Konterbande erklärt und deshalb der Kaperung unterworfen werden können,
wenn sie nur für die friedlichen Bewohner des feindlichen Landes bestimmt
sind. Dies ist ein Streit, dem sich die britischen Regierungen in
modernen Zeiten ständig widersetzt haben, weil er dem wahren
Geiste internationalen Rechts widerspricht, und seine endgültige Auf-
gabe durch alle Signatarmächte der Londoner Deklaration ist
nach Meinung Seiner Majestät Regierung einer der vielen durch
dieses Instrument gesicherten Vorteile".
praktisch bedeutungslos und unanwendbar werden, heisst es w^eiter; ,Nach
Meinung Seiner Majestät Regierung wird in solchen Fällen gefunden werden,
dass durch Rückgang auf die obersten Grundsätze oft eine Verstän-
digung erzielt werden kann, wenn unter dem Druck der sich vereinigenden Rich-
tungen, die überall am "Werke sind, um die Bedingungen gleich zu machen,
unter denen das hochentwickelte System des modernen Seehandels
und Verkehrs im Gange ist, der Widerstand früherer Lehren sich
als unbegründet herausgestellt hat, und die Uneinigkeit einer
durch Interessen und Uebung geschaffenen Einheit weicht".
86 Viertes Kapitel: Unzniässigkeit der britischen Seekriegsmassnahinen
Ebenso Nr. 6 Absatz 6 S. 18 in dem Schreiben des Foreign
Office an die Leith Ship owners Society:
S. 6 Nr; 14: „Demnach ist die Wirkung des Artikels 34 im kurzen nur,
die Beweislast in den namentlich angegebenen Fällen von dem
Kaperer auf die Eigentümer der gekaperten Güter abzuwälzen"..
Ebenso Nr. 9 der zweiten Erwiderung vom 26. November 1910
S. 12 und Absatz 7 des Schreibens vom 4. November 1910 S. 18:
Absatz 8: „. . . Es ist zu beachten, dass unter den geltenden britischen
Prisenregeln die Beweislast dem Kläger in allen Fällen qbliegt, in
denen weiterer Beweis angeordnet ist. Ohne eine solche Anordnung
ist überhaupt für keine Partei ein weiterer Beweis zugelassen, ausser dem
der Schiffspapiere und der Bekundungen der Schiffsoffiziere und -mannschaften.
In dieser Hinsicht bewirkt deshalb auch die Deklaration dadurch eine
Verbesserung der Bedingungen der neutralen Schiffahrt, dass sie als eine
allgemeine Regel die Beweislast dem Kaperer auferlegt". (Ver-
gleiche oben S. 44 f.)
S. 21. Foreign Office an Edinburger Handelskammer, 9. No-
vember 1910):
A. Wenn die Londoner Deklaration nicht ratifiziert wird, gilt folgendes:
„Beispiele sind in jüngeren Jahren vorgekommen, dass ein mächtiger
Kriegführender mit Zustimmung anderer Grossmächte Lebensmittelzufuhren
für absolute Konterbande erklärte ; und solche Beispiele können sich unter
gegenwärtigen Bedingungen in Kriegszeiten jeden Augenblick wiederholen".
B. Wenn die Deklaration ratifiziert ist:
„Lebensmittelzufuhren können niemals wieder für absolute Konterbande
erklärt werden".
Foreign Office an Naval League (Bristol Brauch) 25. November
1910, welche die Ratifikation der Londoner Deklaration bekämpft,
weil diese der Sicherheit der englischen Lebensmittelzufuhr und
dem Rohmaterial unserer Industrien in Kriegszeiten feindlich sei :
S. 23: „Sie (die Deklaration in bezug auf Lebensmittel und Feuerungs-
uiaterial) setzt der bisher von mehreren bedeutenden Seestaaten
in Anspruch genommenen Praxis ein Ende, nach der es eine gesetz-
mässige Kriegführung sein soll, als Konterbande Lebensmittel und
Feuerungsmaterial zu behandeln, die für die gewöhnliche Zivil-
bevölkerung des feindlichen Staates bestimmt sind".
e) Rechtliche Würdigung.
In der englisch-russischen Auseinandersetzung macht Gross-
britannien unter Übernahme des Hinweises aus der amerikanischen
Note (s. Anm. Ol) gelegentlich geltend, dass Russland selbst bei
§ 11. Englische Stellungnahme (Rechtliche Würdigung) 87
einer früheren Gelegenheit im Jahre 1884 den gleichen Standpunkt
vertreten habe, wie jetzt England, und erhält zur Antwort, dass
Russland mit Rücksicht auf veränderte Umstände seine Meinung
geändert habe. Ähnlich könnte und wird hier Grossbritannien
jetzt argumentieren. Dem steht freilich entgegen, dass Gross-
britannien selbst die Lehren aus dem russisch-japanischen Krieg
auf den Haager Konferenzen hat verwirklichen wollen und zum
Teil auch verwirklicht hat, was auszuführen nicht hierher ge-
hört''^). Dagegen ist entscheidend, dass in der Zeit von 1904 und
nun gar von 1910 bis 1914 wirkliche oder richtiger grundlegende
Veränderungen der Welthandelsverhältnisse nicht gut behauptet
werden können, dass aber in der ersten Zeitspanne von 1904 bis
1914 die Haager Abkommen von 1907 und die Londoner Dekla-,
ration von 1909 abgeschlossen worden sind und in den von ihnen
geregelten Gegenständen die völkerrechtlichen Beziehungen der
kriegführenden zu den neutralen Staaten in bestimmter Weise
völkerrechtlich geordnet haben. Diese vertragliche Ordnung kann
nicht einseitig aufgehoben oder geändert werden. Auch dies ist
bereits in dem Annex ^*) zum Londoner Protokoll vom 17. Januar
1871 betreffend die Abänderung des Pariser Vertrages vom
30. März 1856 anerkannt worden. Er lautet:
„Die Bevollmächtigten des Norddeutschen Bundes, Österreich-Ungarns,
Grossbritanniens, Italiens, Russlands und der Türkei erkennen, in der heutigen
Konferenz vereinigt, an, dass nach einem wichtigen Grundsatz des
Völkerrechts keine Macht sich den Verpflichtungen eines Ver-
trages entziehen oder die getroffenen Abmachungen ändern
kann, wenn sie nicht durch freundschaftliche Verständigung
die Zustimmung der Vertragsparteien erlangt".
Wenn sich also in der Zeit von 1904 und 1910 bis zu den
Kriegsmassnahmen Grossbritanniens während des jetzigen Krieges
etwas geändert hat, so ist das nicht die Rechtslage, son-
dern das Interesse gewesen. Bei einem Widerspruch beider
entscheidet über die Rechtmässigkeit natürlich nicht das einseitige
"») Vgl. Westlake, International Law, Part II p. 320.
«*) Staatsarchiv Bd. 20 S. 190. Vgl. dazu Bruno Schmidt 43, 93. 109 f.
136, ,,immer nur der verpflichtete Partner ... ist es gewesen, der sich auf
die Umgestaltung der Verhältnisse berufen und aus ihr das Erlöschen seiner
Verbindlichkeit hergeleitet hat ; dagegen zeigt sich auf der andern Seite immer
das Bild, dass der Richtigkeit dieser Argumentation scharf widersprochen, der
juristische Fortbestand des Traktats energisch verfochten wird" (S. 54).
88 Viertes Kaititel: Unzulässigkeit der britischen Seeki'icgsmassnahmen
Interesse einer Kriegspartei, sondern die vun ihr selbst in früheren
Fällen vertretene RecUtslag'e, so dass die Massnahmen, welche
allein dem Interesse des Kriegführenden ihre Entstelning verdanken
und nur insoweit Verletzungen des Völkerrechts sind, als sie der
anerkannten Rechtslage widersprechen. Die mit merkwürdiger
Bestimmtheit, leidenschaftlicher Sicherheit und Selbstverständlich-
keit vorgetragenen Ausführungen zur Verteidigung der britischen
Kriegsmassnahraen müssen doch befremdlich ersclieinen, wenn sie
aus den eigenen Darlegungen der englischen Regierung
zu gleichartigen Massnahmen der russischen Regierung
als völkerrechtswidrig sich ergeben. Das England, das sich
im Jahre 1904 mit aller Entschiedenheit grundsätzlich gegen den
^Standpunkt der russischen Regierung wendet, dass es Sache und
Recht des kriegführenden Staates sei, nach seinem Interesse zu
bestimmen, welche Gegenstände er als Konterbande behandeln
wolle, und dass er deshalb die völkerrechtlich anerkannte Unter-
scheidung von absoluter und relativer Konterbande nicht zu be-
achten brauche, das England, das demgemäss die betreffenden Be-
stimmungen der Londoner Deklaration den nach seiner Meinung
bereits bestehenden Rechtszustand festlegen lässt, nimmt den
selbst verworfenen »ussischen Standpunkt an und erklärt am
13. April 1916 9^):
»*) Mise. Nr. 12 (1916) Cd. 8226.
Es gibt auch Engländer, die während des Kriegs die Völkerrechtswidrig-
keit vieler Kriegsmassnahraen ihrer Regierung erkennen und. mehr oder weniger
vorsichtig, auch aussprechen. Vgl. insbesondere das in dieser Beziehung sehr
beachtenswerte Buch der Grotius Society S. 21 (C. Stubbs: Verhinderung der
Lebensmittelzufuhr für die Zivilbevölkerung ist niemals anerkannt worden),
S. 39 und 48 (Lawrence und Carter: In allen grossen Kriegen eine Tendenz
auf seitein der Kriegführenden, die Rechte der Neutralen zu missachten und zu
verringern, wenn ihre eigenen Kriegsziele dadurch betroffen und beschränkt
werden. Keine Seite ist ohne Tadel! Ein Verbot des Handels zwischen
Neutralen in Gütern, die nicht Konterbande sind, ist ein Bruch
des Völkerrechts), S. 98 (Macdonell: Beide — Order in Council vom
11. März 1915 und die französische gleichen Inhalts vom 12. März 191ö — sind
offensichtlich nicht im Einklang mit den Regeln des internationalen Rechts).
Siehe auch dort S. 34.
Siehe auch die Bemerkung Batys in American Journal, 52 zur Order in
Council vom 11. März 1915: „Wenn die Vorschriften etwas bedeuten, so be-
deuten sie, dass feindliche Güter nicht mehr sicher auf ein neutrales Schiff ge-
laden werden können. Es ist kein Zweifel, dass sie requiriert oder beschlag-
nahmt werden, und dass dafür wälirend der Kriegsdauer kein Entgelt gezahlt
werden wird. So folgt die Pariser Deklaration der Londoner Dekla-
ration in den Orkus der Vergangenheit, und die neutrale Flagge
deckt nicht länger feindliches Gut".
§ 11. Englisclio Stellungnalime (Rechtliche Würdigung) 89
„Die Umstände des gegenwärtigen Krieges sind so besonderer
Art, das3 Seiner Majestät Regierung meint, für praktische
Zwecke habe die Unterscheidung zwischen den beiden Klassen
von Konterbande keinen Wert mehr. Ein so grosser Teil der Ein-
wohner des feindlichen Landes ist mittelbar oder unmittelbar am Kriege be-
teiligt, dass die bewaffnete Macht und die Zivilbevölkerung in Wirklichkeit
jetzt nicht mehr unterschieden werden können. In ähnlicher Weise führt die
feindliche Regierung auf Grund einer Reihe von Erlassen und Verordnungen
die Aufsicht über so gut wie alle Artikel aus der Liste von Gegenständen
bedingter Konterbande, so da.ss sie jetzt für Regierungszwecke verfügbar
sind. Solange dieser ausserordentliche Zustand fortdauert, gilt das gleiche
für unsere Kiiegführungsrechte in bezug auf die beiden Arten von Konter-
bande, und beide müssen gleichmässig behandelt werden".
,.Lord Crewes Erklärung vom 21. Dezember 1915, die Order bedeute nur,
dass in Gemässheit der anerkannten Grundsätze des internationalen Rechts jede
denkbare Anstrengung gemacht würde, ein Gut zu verhindern, sei es nach
Deutschland herein oder aus ihm herauszukommen, und sicherlich könne niemand
sich vorstellen, dass Herr Asquith, wenn er sagte. Güter aller Art würden
von Deutschland ausgeschlossen, alle anerkannten Regeln des internationalen
Rechts in Fetzen reissen AvoUte, diese Erklärung von Lord Crewe kann bei
aller Achtung nur Verwunderung hervorrufen. . . . Wenn die Order nur als eine
nachdrückliche Bestätigung des gemeinen Rechts gewollt war, ist sicherlich
nicht damit gerechnet Avorden, dass sie auch so ausgelegt werden
würde".
Im gleichen Geiste heisst es S. 374 des in Anm. 28 genannten Werkes,
nachdem ausgeführt ist, dass der Handel mit holländischen Häfen immer der
Annahme feindlicher Bestimmung unterworfen sein kann, und holländische Schiffe,
die das unschuldigste Kargo nach ihren eigenen Häfen tragen, der Konfiskation
ausgesetzt seien, wenn von einem energischen Prisenrichter die Annahme als
bewiesen angesehen werde: „ Jede Gewissheit und Sicherheit ist dahin*.
Dies mag f ür Grossbritanuien Inder unmittelbaren Gegenwart zu-
träglich sein. Es ist nur unsere Pflicht, daraufhinzuweisen, dass es weit
über das hinausgeht, was Neutrale in vergangenen Zeiten sich
haben gefallen lassen; und mag sie vielleicht in die Arme eines
Kriegführenden treiben. ... Nachdem einmal die objektiven Merk-
male aufgegeben Avorden sind, gibt es keinen Avirklichen Schutz
für Neutrale mehr'".
Dagegen siehe den unbedingten Parteigänger der englischen Regierung,
den Late Chief justice of Hongkong Sir Francis Piggott, der S. 46 seines
Buches erklärt: „Aber in der höchsten Entfaltung der Seemacht, als Blockade
bekannt, erlangt nach unserer Meinung unvermeidlich das Recht des Krieg-
führenden die Oberhand, und das Recht des Neutralen verschwindet", und hier-
bei zur Begründung auf die französischen Sprichwörter verweist: ,Wer die
ZAvecke will, muss auch die Mittel wollen" und „Wer alles kann, kann gar
nichts", und schliesslich S. 98 mit dem Satze ,.Es wird vermutet, dass alles
ordnungsmässig geschieht" jede Kritik für unzulässig erklärt. Einen ähnlichen
Standpunkt vertritt Pyke, der die neuere Praxis Englands als solche ohne
rechtliche Nachprüfung für rechtmässig hält und die frühere Uebung ohne
weiteres als veraltet hinstellt, L. A. Atherley Jones 87 und Phillimore in
Three Genturies 120 f., 169 f., wie Piggott ein früherer hober richterlicher
Beamter (Lord justice of appeal).
90 Füiil'tcs Kapitel: Uiiziilässiokcit britischer Laiiil'kriegsriiassnalinicii
Fünftes Kapitel
Die Unzulässigkeit britischer Landkriegsmassnahmen
in englischer Beleuchtung.
„Keine Kriegsandrohung würde in l'rühereu Zeiten Gross-
britannien dahin gebracht haben , den «Schutz (her asylum)
politischer Flüchtlinge aufzugeben".
Phillimore, Three centuries, 174.
Schon oben S. 24 if. sind die Angriffe auf das feindliche
Privateigentum als Verletzungen der vertraglichen Verpflichtungen
des Artikels 23 h der Landkriegsordnung dargetan. Nicht minder
völkerrechtswidrig sind die Angriffe auf die persönliche Freiheit
der bei Kriegsausbruch im Lande befindlichen Feinde"'^) oder der
auf neutralen Schiffen reisenden feindlichen Reservisten^^). Hierauf
soll aber an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, es
mögen hier die aus den Anmerkungen ersichtlichen Verweisungen
genügen. Jedoch verdient eine britische Landkriegsmassnahme
besondere Aufmerksamkeit, weil sie einen noch nicht dagewesenen,
vor Kriegsausbruch von jedem Engländer und Nichtengländer für
unmöglich gehaltenen Bruch mit den besten, ja heiligsten Über-
0«) Siehe Spaight S. 28, Pillet S. 80, Phillipson, Effect 30, Satow
S. 1, Eysinga S. 108, Borchard S. 113 Anm. 1, Huberich S. 83 und die all-
gemeinen, hier stets als bekannt vorausgesetzten Werke über Völkerrecht; siehe
auch die nächste Anmerkung.
") Notice des Foreign Office vom 1. November 1914 (London Gazette of
Nov. 3rd, 1914, bei Pullin g, Supplement Nr. 2 S. 122): „In Anbetracht des
Verhaltens .der deutschen Streitkräfte in Belgien und Frankreich, alle militär-
pflichtigen Personen als Kriegsgefangene zu entfernen, hat Seiner Majestät
Eegierung Anweisung gegeben, alle feindlichen Reservisten auf neutralen
Schiffen zu Kriegsgefangenen zu machen". Uehereinstimmend italienische
Prisenregeln vom 15. Juli 191ö Nr. 8. Mise, Nr. 18 (1915) Cd. 8104 Nach der öster-
reichischen Sammlung von Nachweisen über Völkerrechtsverletzungen, abge-
schlossen am 31. Januar 1915 Band I S. 13, Brief vom 27. Oktober 1914 (!) des
österreichischen Gesandten in Japan an Graf Berchtold, wurden schon im
Oktober 1914 Reservisten auf neutralen Schiffen angehalten, so dass die Instruktion
vom I.November 1914 wohl nur eine etwas verspätete Rechtfertigung früher an-
gewandter Massnahmen darstellt. Diese selbst werden in allgemeiner Ueberein-
stimmung für unzulässig erklärt. Siehe Holland, Letters S. 67 und Manual
Nr.50, Lushington Nr. 164, Phillipson S. 369, Baty S. 391, Overzicht Juli
1914 bis Oktober 1915 S. 26, Recueil 133, Pohl, England S. 35ff., Prize Gases
S.350 und Bernard S. 197, 216, 223. Grundsätzlich anerkannt im Falle Friend-
ship bei Robinson, Reports and Cases. Bd. 6 S. 428- und ebendort S. 434 im
Falle Orozembo; hierzu Lushington Nr. 190 S. 39 f., Hall 131, im Falle
Nigretia bei Takahashi S. 639 (vgl. Aeusserungen, 28) und Marstrand 462,
§ 12. Hei-aiizieliung russischer Staatsangehöriger zum Heeresdienst 91
lieferungen des englischen Staatslebens darstellt. Es ist die
Heranziehung russischer Flüchtlinge zum englischen Heeresdienst.
Es heisst in Nr. 37 S. 390 Regulations pp. („Aliens Act",
1905, Cd. 2879):
„Die Vorschrift des Gesetzes ist weiter bemerkenswert, dass dem Ein-
wanderer der Aufenthalt an Land wegen Mittellosigkeit oder der Wahrschein-
lichkeit, dass er der Armenpflege zur Last fällt, nicht verweigert wird, wenn
er beweist, dass er in diesem Lande nur Zuflucht sucht, um einer Verfolgung
oder Bestrafung aus religiösen oder politischen Gründen oder wegen eines
Vergehens von politischem Charakter oder einer Verfolgung auf Grund reli-
giösen Glaubens zu entgehen, bei der Freiheits- oder Todesstrafe angedroht ist".
§ 12
Die cng:lisclieii Cresctzc über die Heraiizieliung russisclier
Staatsaiigeliöriger zum englischen Heeresdienst.
Im Widerspruch mit diesem altüberlieferten Grundsatz steht
eine Vereinbarung^**), geschlossen zwischen Seiner Majestät Re-
gierung und der provisorischen Regierung von Russland, betreffend
die gegenseitige Wehrpflicht der britischen, in Russland wohnen-
den, und der russischen, in Grossbritannien wohnenden Staats-
angehörigen :
Auf Befehl Seiner Majestät beiden Häusern des Parlaments in Verfolg
des Gesetzes 7 & 8 Geo. 5 Ch. am 26. Juli 1917 vorgelegt.
Die Kegierung Ihrer Britannischen Majestät und die Provisorische Re-
gierung Russlands, davon überzeugt, dass es zum Zwecke der besten Fort-
setzung des gegenwärtigen Krieges im Interesse ihrer Länder liegt, wenn
die britischen Staatsangehörigen, die in Russland wohnen, ebenso, wie die
russischen, die in Grossbritannien wohnen, in ihr betreffendes Land zurück-
kehren, um ihre Militärpflicht in dem Heeresverbande ihres Landes zu er-
füllen oder auch sich in dem Heere des Landes ihres Wohnsitzes einschreiben
lassen, haben die folgende Vereinbarung abgeschlossen :
1. Die Regierung Ihrer Britannischen Majestät und die Provisorische
Regierung Russlands werden gegenseitig ihre betreffenden Staatsangehörigen,
®*) Mise. 11 (1917) Cd. 8588. Ich bringe dieses und die folgenden Stücke
im Wortlaut, um einen Eindruck von der sehr charakteristischen englischen
Gesetzestechnik zu vermitteln und zu veranschaulichen, in wie peinlicher Weise
die Rechtskreise von Individuum und Staat als zwei sich zum mindesten
gleichberechtigt gegenüberstehende Parteien gegeneinander abge-
grenzt werden, wenn nicht gar angenommen wird, dass eine gewisse üeber-
ordnung des Individuums über den Staat (der Staat im Dienste des Individuums,
nicht umgekehrt, wie wir es kennen (!), als selbstverständliche gefühlsmässige
Grundlage in den wiedergegebenen Regelungen erkennbar wird. (Vgl. § 17.)
92 Fünftes Kapitel: l'nzulässigkeit britischer Liindkriegsmassnahmen
die in ßussland und Grossbritannicn wohnen und zu den in ihrem Vaterland
zu den Fahnen gerufenen Altersklassen gehören, verpflichten, sich in ihr be-
treffendes Land zu begeben.
2. Die Regierung Ihrer Britannischen Majestät übernimmt es, soweit
möglich im Laufe des Sommers 1917 die Beförderung der bezeichneten Per-
sonen auf dem Seewege zu bewirken.
'S. Diejenigen dieser Personen, die sich nach ordnungsmässiger Benach-
richtigung weigern, in ihr Vaterland auf eigene Kosten oder unter Benutzung
des in Artikel 2 dieser Vereinbarung yorgesehenen Weges zurückzukehren,
werden in dem Lande ihres Wohnsitzes zum Militärdienst ge-
zwungen.
Der Aufruf dieser Personen zu den Waffen erfolgt durch die zuständigen
Behörden ihres Wohnsitzes, die zu diesem Zweck die Bestimmungen anwenden,
die in ihren betreffenden Ländern auf die sich der Wehrpflicht Entziehenden
Bezug haben.
4. Von dem im vorigen Artikel vorgesehenen obligatorischen Aufrufe
sind die Personen ausgenommen, welche mit rrkunden versehen sind, die von
ihren diplomatischen oder konsularischen Behörden ausgestellt sind und ihre
Befreiung vom Militärdienst feststellen.
5 Diese Vereinbarung wird mit dem Ende des gegenwärtigen Krieges
rechtsunwirksam.
Urkundlich dessen haben die Unterzeichneten, der Gesandte Ihrer Bri-
tannischen Majestät und der russische Minister für Auswärtige Angelegen-
heiten, zu diesem Zwecke gehörig ermächtigt, die gegenwärtige Vereinbarung
abgeschlossen und ihre Siegel beigefügt.
Geschehen zu Petrograd, in zweifacher Ausfertigung 3./16. Juli 1917.
(Gez.) W. Buchanan.
Michel Terestchenko.
Auf diese Vereinbarung- folgte der Erlass des Military Service
(Coilventions with Allied States) Act 1917 — 7 & 8 Geo. 5
Chapt. 26 -99),
Seine Majestät im Kronrat zu ermächtigen, mit verbündeten und anderen
Staaten Staatsverträge über die wechselseitige Verpflichtung der Staatsange-
hörigen Seiner Majestät und der Staatsangehörigen der verbündeten und
anderen Staaten zum Militärdienst abzuschliesseii :
Durch des Königs Allerhöchste Majestät, durch und mit Rat und Zu-
stimmung der geistlichen und weltlichen Lords und der im gegenwärtigen
Parlament versammelten Gemeinen und auf Grund der ihnen übertragenen
Gewalt wird folgendes bestimmt.
**) Ich zitiere nach dem mir allein vorliegenden Gesetzentwurf (brought
from the Commons 26th June 1917, ordered to be printed 4 July 1917), dessen
Wortlaut aber sicher Gesetz geworden ist.
§ 12. Heranziehung rnssisclier Staatsangehöriger zum Heeresdienst 9^
1. Seine Majestät wird ermächtigt, wenn er bekanntgegeben hat, dass mit
einem verbündeten oder sonst im See- oder Landkriege mit Seiner Majestät
gegenwärtig zusammenwirkenden fremden Lande (in diesem Gesetz als das
vertragschliessende Land bezeichnet), ein Staatsvertrag abgeschlossen ist, der
eine wechselseitige Verpflichtung zum Militärdienst den britischen Staats-
angehörigen in diesem Lande und den Staatsangehörigen dieses Landes im
Vereinigten Königreich auferlegt, durch Order in Council zu verordnen, dass
dieses Gesetz gegenüber dem vertragschliessenden Lande und den Staatsange-
hörigen dieses Landes gelten soll ; und für eine so erlassene Order in Council
soll demgemäss dieses Gesetz Geltung haben, vorausgesetzt dass
a) keine derartige Order in Council erlassen werden darf, wenn nicht der
Staatsvertrag ^Seiner Majestät Gesandten oder anderen öffentlichen Mini-
stern in dem vertragschliessenden Lande das Recht gewährt, in jenem
Lande britische Staatsangehörige vom Militärdienst zu befreien, und der
Gesandte oder Minister soll in jedem Falle Befreiung bewilligen, in dem
ein britischer Staatsangehöriger beweist, dass er in dem vertragschliessen-
den Lande keinen Wohnsitz hat, und dass er vor seiner Ankunft in dem
vertragschliessenden Lande seinen ordentlichen Wohnsitz ausserhalb
Grossbritannien in einem Teil Seiner Majestät Dominions hatte;
b) keine derartige Order in Council erlassen werden darf, wenn der Staats-
vertrag keine Vorschriften dahin enthält, dass britische Staatsaugehörige
in dem vertragschliessenden Lande und Staatsangehörige des vertrag-
schliessenden Landes im Vereinigten Königreich, bevor sie zum Heeres-
' dienst herangezogen Averden, eine Gelegenheit haben, je nach dem in das
Vereinigte Königreich oder das vertragschliessende Land zurückzukehren,
wenn sie von diesem Recht Gebrauch machen wollen ;
c) eine Order in Council nicht erlassen werden darf, bevor 30 Tage nach
dem Tage verstrichen sind, an dem der Staatsvertrag dem Parlament
vorgelegt worden ist.
2. (l) Wenn dieses Gesetz gegenüber einem Lande angewandt wird,
so sollen Staatsangehörige dieses Landes zum Heeresdienst unter den Militär-
dienstgesetzen von- 1916 in gleicher Weise wie britische Staatsangehörige
herangezogen werden, wenn sie nicht innerhalb 21 Tagen, nach dem der
Staatsvertrag dem Parlament vorgelegt worden ist, in der vom Staats-
sekretär vorgeschriebenen Weise ein Gesuch gestellt haben , in das ver-
tragschliessende Land zurückzukehren, oder wenn sie, nachdem sie es ge-
stellt haben, es versäumen, die ihnen gebotene Gelegenheit zur Rückkehr zu
benutzen; und die Militärdienstgesetze von 1916 sollen demgemäss gelten,
jedoch unter folgenden Änderungen :
a)- Soweit Staatsangehörige des vertragschliessenden Landes, auf welche die
Militärdienstgesetze von 1916 und 1917 bei der Anwendung dieses Ge-
setzes auf das vertragschliessende Land anwendbar sind, betroffen werden,
wird als Datum der 30. Tag nach der das Gesetz anwendenden Order in
Council festgesetzt, und, soweit Staatsangehörige des vertragschliessenden
Landes in Betracht kommen, auf welche die Militärdienstgesetze nach
Ausführung
gegenseitiger
Abmachungen
mit verbünde-
ten Ländern
über die
Wehrpflicht
Anwendung
der Militär-
dienst-
gesetze
94 Fünftes Kapitel: ünzulässigkeit britischer Landkriegsmassnahmen
diesem Datum anwendbar werden, der 30. Tag nach dem Datum, an dem
diese Gesetze auf sie anwendbar werden, mit Ausnahme des Falles, dass
diese Gesetze auf die Staatsangehörigen anwendbar Aväreu, weil sie ver-
säumt haben, die ihnen zur Rückkehr in das vertragschliessende Land
gebotene Gelegenheit zu benutzen ; alsdann wird als Datum das Datum
dieser Säumnis festgesetzt ;
b) Ein Staatsangehöriger des vertragschliessenden Landes, der das vorbe-
zeichnete Gesuch nicht gestellt hat, in dieses Land zurückzukehren, soll
in bezug auf Befreiungen und Ausnahmen, die durch die Militärdienst-
gesetze 1916 und 1917 festgesetzt sind, nicht bloss in bezug auf die in
§ 1 des ersten Artikels '"") des ersterwähnten Gesetzes erwähnten Aus-
nahmen, die gleichen Rechte haben, wie wenn er ein britischer Staats-
angehöriger wäre, und soll, mag er nun ein Gesuch gemacht haben oder
nicht, als unter die Ausnahmen der Militärdienstgesetze 1916 und 1917
fallend angesehen werden, wenn er Inhaber eines für die fragliche Zeit
noch geltenden Befreiungszeugnisses ist, und dieses von dem Gesandten
oder einem andern ordnungsmässig bestellten öffentlichen Vertreter dieses
Landes im Vereinigten Königreich ausgestellt worden ist ;
c) Bestimmungen, die nach dem Militärdienstgesetz 1916 und 1917 zu er-
lassen sind, sollen für die Errichtung besonderer Gerichtshöfe, welche die
Gesuche oder Befreiungsansprüche der nach diesem Gesetz zum Heeres-
dienst herangezogenen Leute zu bearbeiten haben, und für die Ernennung
weiterer Mitglieder der mit den Gesuchen und Ansprüchen befassten
Gerichtshöfe Vorsorge treffen;
d) Jeder britische Staatsangehörige, der von dem vertragschliessenden Lande
in Grossbritannien nach dem Datum einer Order in Council ankommt
welche dieses Gesetz auf die Staatsangehörigen dieses Landes anwendet,
soll, wenn er seinen ordentlichen Wohnsitz in Grossbritannion nicht hat,
für die Zwecke der Militärdienstgesetze 1916 und 1917 so angesehen
werden, als wenn er von dem Tage seiner Ankunft an in Grossbritannien
seinen ordentlichen Wohnsitz hätte, wenn er nicht beweist, dass der Teil
Seiner Majestät Dominions, in dem er zuletzt wohnte, ein nicht zu Gross-
britannieu gehöriger Teil war.
(2) Für die Beschränkung der Zahl von Fremden, welche gleichzeitig in
einem Korps der regulären Streitkräfte 'dienen dürfen, wie sie in § 95 des
Heeresgesetzes"") angeordnet ist. sollen Staatsangehörige eines vertrag-
'""j Solche Ausnahmen sind nach dem ersten Zusatzariikel (Chitty 1917,
1085): 1) Vorübergehender Aufenthalt (temporary residence), 2) Heeresange-
hörigkeit iMembers of the forces), 3) Kriegs- oder Handelsmarine-Ängehörigkeit
(Men in the navy or marines), 4) Geistliche (Men in holy Orders or ministers),
5) Dienstuntauglichkeit (Men discharged from navy or army), 6) Befreiungs-
zeugnis oder Zurückgewiesensein vom Militärdienst (Men holding certificate of
exemption or who have been rejected). Weitere Bestimmungen bei Chitty
ebendort 1378, 1387 und sichernde Strafbestimmungen bei Pulling, Defence
Art. 41 A und 41 AA S. 119. 411 u. 123.
'*'^) d) Eine Person, die in der fraglichen Zeit ein Ausländer ist, darf.
§ 12. Heranziehung russischer Staatsangehöriger zum Heeresdienst 93
schliessenden Landes, die durch Anwendung dieses Gesetzes auf ihr Land
zum Heeresdienst herangezogen werden, nicht mitgerechnet werden.
(3) Für die Zwecke dieses Gesetzes schliesst der Ausdruck , Staats vertrag"
ein anderweitiges Abkommen in sich.
3. Dieses Gesetz soll als Militärdienst- (Staatsvertrag mit verbündeten Staaten)
Gesetz 1917 angeführt und soll unter die Gesetze aufgenommen werden,
welche als Militärdienstgesetze 1916 und 1917 angeführt werden.
Auf Grund dieses Gesetzes ist die Order vom 22. August 1917
— London Gazette of August 24, 1917, p. 8600 — ergangen,
welche folgenden Wortlaut hat:
„In Erwägung, dass durch das Militärdienst- (Staatsvertrag mit verbün-
deten Staaten; Gesetz 1917 bestimmt ist, dass Seine Majestät, wenn sie be-
kannt gibt, dass ein Staatsvertrag oder Abkommen mit einem verbündeten
Lande abgeschlossen ist, das britischen Staatsangehörigen in diesem Lande
und Staatsangehörigen dieses Landes im Vereinigten Königreiche eine gegen-
seitige Verpflichtung zum Heeresdienste auferlegt, ermächtigt wird, durch
Order in Council anzuordnen, dass das genannte Gesetz auf das verbündete
Land und seine Staatsangehörigen Anwendung findet, dass aber keine solche
Order in Council erlassen werden darf, ohne dass folgende Bedingungen er-
füllt sind, nämlich :
a) Ohne dass der Staatsvertrag oder das Abkommen Seiner Majestät Ge-
sandten oder anderen öffentlichen Vertretern in dem verbündeten Lande
das Recht verleibt, britischen Staatsangehörigen in diesem Lande Be-
freiungen vom Militärdienst zu bewilligen ;
bi Ohne dass der Staatsvertrag oder das Abkommen Vorschriften dahin
enthält, dass britischen Staatsangehörigen in dem verbündeten Lande und
Staatsangehörigen dieses Landes in dem Vereinigten Königreich vor ihrer
Heranziehung zum Heeresdienst eine Gelegenheit zur ßückkehr nach dem
Avenn Ihre Slajestät geruht, durch einen Staatssekretär ihre Zustimmung kund
zu tun, in Ihrer Majestät reguläre Streitmacht aufgenommen werden, freilich
nur so, dass die Zahl der in einem Korps der regulären Streitmacht gleichzeitig
dienenden Ausländer das Verhältnis eines Ausländers zu jedem fünfzigsten bri-
tischen Staatsangehörigen nicht überschreitet, und dass ein so aufgenom-
mener Ausländer keinen höheren Eang in Ihrer Majestät Armee
erreichen kann, als den eines Feldwebelleutnants oder Unteroffi-
ziers. Trotz der vorstehenden Vorschrift dieses Paragraphen wird voraus-
gesetzt, dass ein Neger oder Farbiger, selbst wenn er Ausländer ist, frei-
willig in Gemässheit dieses Teils dieses Gesetzes eintreten darf und nach seinem
Eintritt während des Dienstes in Ihrer Majestät Armee zu allen Vorrechten
eines Staatsangehörigen britischer Abstammung berechtigt sein soll. fChittys
Statutes Vol. I S. 46 des Artikels Army 44 & 45 Vict. e. 58.)
Danach stehen die in das englische Heer zwangsweise eingestellten An-
gehörigen des vertragschlie.ssenden Landes, insbesondere also Bussen, formell
jedenfalls unter dem Farbigen und Neger, sie haben nicht, wie diese und die
englischen Staatsangehörigen, den Marschallstab im Tornister, da ihre Karriere
kraft Gesetzes beim Feldwebelleutnant aufhört.
96 Fünftes Kapitel: rnzulässigkeit britisdicf Landkriegsmassnahmen
Vereinigten Königreich oder dem verbündeten Lande, wie der Fall gerade
liegen mag, erhalten, wenn sie ein solches Gesuch stellen;
und dass ferner vorgeschrieben ist, dass eine solche Order in Council
nicht erlassen werden darf vor Ablauf von 30 Tagen nach dem Datum, au
dem der Staatsvertrag oder das Abkommen dem Parlament vorgelegt ist :
und in ErAvägung, dass ein Abkommen, datiert vom 16. Tage des Juli
1917, zwischen Seiner Majestät Regierung und der Provisorischen Regierung
von Russland über die gegenseitige Wehrpflicht britischer, in Russland woh-
nender Staatsangehörigen, und russischer, in Grossbritannien Avohnender
Staatsangehörigen, abgeschlossen worden ist, und das genannte Abkommen
die vorbezeichneten Bedingungen erfüllt ;
und in Erwägung, dags das genannte Abkommen am 19. Tage des Juli
1917 dem Parlament vorgelegt Avorden ist:
geruht nunmehr Seine Majestät, mit und auf Grund des Rats seines
Privy Council kundzutun, und es wird hiermit kundgetan, dass ein solches
Abkommen, wie es in dem genannten Gesetz erwähnt ist, mit Russland ab-
geschlossen ist, und weiter geruht Seine Majestät, mit und auf Grund des
gleichen Rats zu bestimmen, und es wird hiermit bestimmt, dass das genannte
Gesetz auf Russland und russische Staatsangehörige Anwendung findet'"*).
Albert Fitz Roy".
§ 13
Der überlieferte englisclie Stnii(1i)iiiikt über die iiiiyerletzliclie
Keelitsstellung der eingewanderten Fremden.
a) Die Bedeutung der in § 12 wiedergegebenen einschneidenden
Bestimmungen wird aus wenigen geschichtlichen und literarischen
Gegenüberstellungen klar:
„Artikel 42 der magna Charta (1215) verspricht, dass .... wenn sie
(Kaufleute) aus dem Lande sind, das mit uns im Kriegszustand ist, und
wenn solche Leute bei Kriegsbeginn sich in unserem Lande befinden sollten,
so sollen sie ohne Schaden für ihre Person und ihr Eigentum fest-
genommen werden, bis durch uns oder unsere Justizverwaltung festgestellt
^°^) Frankreich ist dem Vorbilde Englands alsbald gefolgt durch Gesetz
vom 9. November 1917 sur les obligations militaires des nationaux des pays
alliös r^sidant en France (bei Dalloz 21. u. 22. Bd. 8.478, Journal officiel vom
10. November 1917, Nr. 305) mit dem einzigen Artikel: „Die Regierung wird
ermächtigt, nach Vertragsschluss mit den verbündeten Regierungen die in
Frankreich wohnhaften Angehörigen der verbündeten Länder in das Heer ein-
zureihen, Avelche den militärischen Verpflichtungen ihres Heimatlandes unter-
worfen sind, und diese Verpflichtungen noch nicht erfüllt haben".
Auch Italien hat am 11. Dezember 1917 mit England einen Kriegsdienst-
vertrag geschlossen und durch Dekret des ReichsverAvesers vom 20. Dezember 1917
Nr. 2Uo7 ausgeführt (Amtsblatt vom 27. Dezember 1917, Lex 1917 S. 1354 ff.).
Diese Daten verdanke ich Herrn Dr. Ed. Thema.
, § 13. Unverletzliche Rechtsstellung der eingewanderten Fremden 97
ist. wie denn unsere Kaufleute in dem mit uns im Kriege befindlichen Lande
behandelt werden, und werden die unsrigen dort nichts auszustehen haben,
sollen die andern hier auch nichts auszustehen haben".
Diese Vorschrift wurde später von Fremden, die ihren Wohn-
>itz in England haben, auf solche ausgedehnt, die sich nur dort
aufhalten ^°=^).
b) Aus der kleinen Schrift von N. W. Sibley und Alfred
Elias, Appendix II S. 125 ff., seien die folgenden Stellen hier
wiedergegeben :
Sir Erskine May^°*):
,, England ist stolz auf die Auszeichnung, Personen jeden Ranges und
Standes ein unverletzliches Asyl zu bieten, die an seinen Küsten vor Ver-
folgung und Gefahr Zuflucht suchen, die ihnen in ihrem eigenen Lande drohen
. alle aus ihrem eigenen Lande Verbannten — ob sie nun vor Despotismus
oder Demokratie flohen, oder ob sie entkrönte Könige oder geringe, in Ge-
fahren befindliche Bürger waren — haben sich nach England als ihrer
Heimat hingewandt".
Die Verfasser selbst:
,, Ereignisse vom Anfang des 19. Jahrhunderts haben bewiesen, dass das
Asylrecht eine mit feurigen Buchstaben auf den Tafeln unserer
Verfassung eingebrannte Schrift ist^
S. 128. May:
„Es genügt nicht, dass die Ge<jen\vart oder die Handlungen eines Fremden
einer fremden Macht missfallen. Wenn diese Regel angenommen wiirde, wo
würde das Asylrecht bleiben? Der Flüchtling würde von der Rache seiner
eigenen Regierung verfolgt und aus der in einem freien Lande gewählten
Heimat vertrieben werden. In diesem Ehrenpunkt sind die Engländer
empfindlich. Wenn sie einmal den Schutz des Fremden übernommen haben,
nehmen sie jede Drohung gegen ihn als eine ihnen selbst zugefügte Beleidigung
übel. Unzufriedenheit mit den Regierenden seines eigenen Landes ist bei
einem Flüchtling natürlich: seine Verbannung beweist es. Polen hassen
Russland. Ungarn und Italiener sind Österreich feindlich. Französische Roya-
listen schimpfen auf die Republik und das erste Kaiserreich . . . Aber alle
sind sicher unter dem breiten Schild Englands".
»03) Latifi 43.
»o*j Chapter XI Liberty of the subject Vol. III der fifth edition 1875 p 49 f.,
Vol. II p. 124: insbesondere 156 der Ausgabe von Holland, 1912, und der
deutschen Uebersetzung Bd. II S. 257. 262 Vgl, Dicey, Introduction 202 ff.,
Lectures 298. Hatschek, Verfas.sungsgeschichte 505.563.625. Staatsrecht 11
533 ff. Siehe auch die wirtschaftsgeschichtlichen Aufklärungen des Einwan-
derungsproblems bei Hermann Levy S. 44 ff.
Bendis. Völkerrechtsverletzungen '
Ö8 Fünftes Kapitel: tlnzulässigkeit britischer Landkriegsmassnalimell
S. 130. Die Verfasser:
„Und jedenfalls musste die Zahl der Emigranten von 1792 weit hinter
der der Hunderttausende von Russen und Polen bleiben, die während der
Jahre 1901 bis 1904 das V^ereinigte Königreich betreten haben. Es ist wahrr
scheinlich die bedeutendste Eigentümlichkeit des Frenidengesetzes ... dass
es die umfassendste Erklärung des Asylrechts enthält, welche
in dem ganzen Umkreis der Landesgesetzgebuug nicht bloss in
der Geschichte unseres Landes, sondern Inder zivilisierten Welt
überhaupt gefunden werden kann".
S. 134. Lord Campbell im Falle R. v. Bernard, vielleicht
dem einzigen Gerichtsfall, in dem das Asylrecht erörtert worden
ist, belehrte die Jury,
„sie sollte sich nicht von ihrer Pflicht, freizusprechen, durch die Besorgnis
abschrecken lassen, dass ihr Spruch dem A.syl widerstreitet, dessen Ge-
währung an verfolgte Ausländer der Kuhm unseres Landes ist.
Das ist ein Ruhm, der, wie ich hoffe, immer diesem Lande zu-
kommen wird. Dieses Asyl, denken Sie daran, besteht jedenfalls darin, dass
Ausländer berechtigt sind, nach ihrem Willen und Belieben in dieses Land
zu kommen und es zu verlassen, und dass sie hieran, solange sie unseren
Gesetzen gehorchen, von der Regierung unseres Landes nicht gehindert werden
dürfen«. (1858!)
c) Eine schärfere Kritik, als der Abfall von diesen besten
Zeiten der englischen Geschichte durch Heranziehung- der Russen,
die in England ihre Zuflucht gesucht und durch die Überlieferungen
des Landes und die Versprechungen seiner Regierungen dort eine
neue Heimat zugesichert erhalten hatten, ist unmöglich. Mag man
hier über die Völkerrechtmässigkeit der Heranziehung denken,
wie man will, mag selbst unterstellt werden, dass die Souveränität
des Staates das Recht gewährt, durch neue gesetzliche Erlasse
Versprechungen zu brechen, die einmal den einzelnen gegeben
worden sind, und mag sogar das Reclit der einzelnen auf Grund«
solcher Versprechungen grundsätzlich verneint werden, weil das
Völkerrecht nur Beziehungen zwischen Staaten regelt, so tritt doch
hier eine Selbstbeschränkung der Souveränität des Staates zu-
gunsten bestimmter Individuen zutage, deren willkürliches Aufgeben
nicht bloss das Vertrauen derer erschüttert, die sich darauf ver-
lassen haben, sondern aller, die von der Willkürlichkeit erfahren.
Es gibt auch einen Ehrenkodex für das Verhalten der
Staaten und ihre Machtausübung. Es wäre sehr interessant,
zu erfahren, wie die englische Regierung die Heranziehung russi-
Sechstes Kapitel: § 14. Die- Vergewaltigung Griechenlands 99
scher Flüchtlinge zum Keeresclienste gegenüber dem eigenen, seit
Jahrhunderten mit vielfach bewundernswertem Pathos vertretenen
Standpunkt, wie er in den von Sibley und Elias wiedergegebenen
Äusserungen zum Ausdruck kommt, rechtfertigen will. Oder sollte
hier das Aufgeben des Grundsatzes der persönlichen Freiheit, wie
es durch die gesamte englische Kriegsgesetzgebung hindurchgeht,
der Beginn eines neuen Staatslebens für das englische Volk be-
deuten? Muss die englische Regierung in der Wahrnehmung
britischer Interessen vielleicht bis zu den äussersten, vor Kriegs-
beginn für ganz ausgeschlossen gehaltenen Möglichkeiten gehen,
um in einer dadurch hervorgerufenen allgemeinen Entrüstung und
Vertrauensanfsage die Notwendigkeit einer Selbstbeschränkung
auch bei der Interessenwahrnehmung zu erfahren und die Gebunden-
heit an völkerrechtliche und andere Verpflichtungen zu erleben?
Sollte in einer in dieser Richtung sich bewegenden Wandlung des
ethischen Bewusstseins vielleicht eine weltgeschichtliche Bedeutung
des Krieges für das englische Volk bestehen?
Sechstes Kapitel
Die Vergewaltigung Griechenlands und der Einmarsch in
Belgien.
Die Vergewaltigung Grieclieiilaii(ls.^°*^)
Der erschütternde Notenwechsel zwischen den verbündeten
'Regierungen und -Griechenland aus dem Juni 1916 spricht für sich
selbst. Welch ein Gegensatz ! Bei den Verbündeten mit Drohungen
verbundene Forderungen, ihre Begründung aus den inneren Ver-
hältnissen Griechenlands und sich wiederholende, damit unvereinbare
Versicherungen der besten Absicht und der Wahrnehmung griechi-
scher Interessen! In Griechenland schweigsame Unterwerfung, in
der sich ohnmächtige Erbitterung unter der moralisch vernichten-
den Wiederholung jener als Hohn empfundenen Versicherungen in
geradezu tragisch wirkender Weise zu verbergen weiss.
104a) AVähiencl der Drucklegung ist erschienen: Strupp, La Situation
internationale de la Giece il821 — 1917), Recueil de documents choisis et t^dit^s
avec une introdnction historique et dogmatique, Zürich 1918. Siehe auch Sphyris.
100 Sechstes Kapitel: Vergewaltigung Griechenlands u. Einmarsch in Belgien
Die an die griechische Regierung gerichtete gemeinsame Note
der französischen, britischen und russischen Minister und die Ant-
wort der griechischen Regierung (Mise. Nr. 27 (1916) Cd. 8298).
Nr. 1. Die unterzeicliueten Minister und Vertreter Fraukreiclis, Grüs.s-
britauniens und RussUmds, der Garaiitiemächte Griechenlands, haben die Ehre,
im Auftrage ihrer Regierungen der hellenischen Regierung die folgende Er-
klärung abzugeben, welche sie nach ihrer Anweisung in gleicher Weise
zur Kenntnis des griechischen Volkes bringen;
Wie die drei Garantiemächte Griechenlands schon feierlich und schriftlicii
erklärt haben, verlangen sie nicht, das.s Griechenland aus seiner Neutralität
heraustritt. Sie beweisen dies deutlich dadurch, dass sie die Denio-
bilisation der gesamten griechischen i\.rmee zur Sicherung von
Ruhe und Frieden im griechischen Volke an die erste Stelle ihrer'
Forderung rücken. Aber sie haben z ahlreiche her echtigt eVer dach ts-
griinde gegen die griechische Regierung, deren Haltung in dieser
Beziehung mit ihren wiederholt eingegangenen Verpflichtungen und selbst
mit den Grundsätzen einer loyalen Neutralität nicht übereinstimmt. So hat
sie allzu häufig die Umtriebe gewisser Ausländer begünstigt, welche im
Gegensatz zur Neutralität des Landes und unter Gefährdung der Sicherheit
der Land- und Seestreitkräfte der Verbündeten offen duhin gewirkt haben,
die Meinung des griechischen Volkes irre zu führen, seinem
nationalen Bewusstsein eine falsche Richtung zu geben und auf
dem hellenischen Boden feindliche Organisationen zu schaffen.
Der Einmarsch bulgarischer Streitkräfte in Griechenland, die Besetzung
fies Forts Rnpel und anderer strategisch wichtiger Punkte mit Einverständnis
des hellenischen Kabinetts begründen für die verbündeten Truppen eine neue
Bedrohung, welche den drei Mächten die Verpflichtung auferlegt, Garantien
und unmittelbare Sicherheiten zu fordern.
Andererseits ist die griechische Verfassung missachtet, die
freie Ausübung des allgemeinen Wahlrechts verhindert, die.
Kammer in weniger als einem Jahr gegen den klar ausge-
sprochenen Willen des Volkes aufgelöst und der Aufruf der
Wähler erfolgt, während die Mobilisation in vollem Gange war,
so dass die gegenwärtige Kammer nur einen schwachen Teil der Wähler-
schaft vertritt, ,das Land insgesamt einem Regiment der Unter-
drückung und Polizeityrannei unterworfen hat und ohne Rück-
sicht auf gerechte Vorstellungen der Mächte zum Ruin führt.
Diese haben nicht nur das Recht, sondern die gebieterische
Pflicht, gegen solche Verletzungen der Freiheiten zu pro-
testieren, deren Schutz ihnen dem griechischen Volke gegen-
über obliegt.
Die feindliche Haltung der hellenischen Regierung gegen die Mächte,
welche Griechenland vom fremden Joch befreit und seine Unabhängig-
keit sichergestellt haben, das festa^estellte heimliche Einverständnis des
§ 14. Die Vergewaltigung Griechenlands 101
gegenwäitigeu Kabinetts mit ibren Feinden sind für sie noch stärkere Gründe,
mit Bestimmtheit aufzutreten, indem sie sich auf die Rechte stützen,
welche ihnen auf Grund der Verträge zustehen, und die zum
Schutze des griechischen Volkes immer wieder bekräftigt worden
sind, wenn es in der Ausübung seiner Rechte oder in demGenuss
seiner Freiheiten bedroht wurde.
Infolgedessen sehen sich die Garantiemächte Griechenlands genötigt, die
unmittelbare Durchführung folgender Massregelu zu verlangen:
1. Wirkliche und vollständige .Deraobilisation der grie-
chischen Armee, die in kürzester Frist wieder auf Friedensfuss
gebracht werden m u s s ;
2. Unmittelbare Ersetzung des gegenwärtigen Ministeriums
durch -ein Geschäf tskabiuett ohne i^olitische Färbung, das alle
notwendigen Garantien für eine loyale Ausübung der wohlwollenden Neutra-
lität bietet, die Griechenland den verbündeten Mächten gegenüber zu beob-
achten sich verpflichtet hat, und ebenso für die Aufrichtigkeit einer neuen
Geschäftsführung im nationalen Sinne ;
'6. Unmittelbare Auflösung des Abgeordnetenhauses, mit
darauffolgender Neuwahl in dem nach der Verfassung vorgesehenen
Zeitraum, und nachdem die allgemeine Demobilisation den Wahlkörper in
normale Verhältnisse zurückgebracht hat;
4. Beseitigung gewisser politischer Beamten, die durch fremde
Einflüsse bestimmt werden, die Attentate, die gegen friedliche Bürger be-
gangen werden, ebenso zu begünstigen, wie die gegen die Gesandtschaften
der Verbündeten und ihre Staatsangehörigen verübten Beleidigungen, und
zwar im Einverständnis mit den Mächten.
(t e g e n Griechenland von wohlwollendstem und freundschaft-
lichstem Geiste stets beseelt, zugleich entschlossen, ohne Er-
örterungen und Aufschub die Durchführung dieser notwendigen
Massregeln zu erreichen, müssen die Garantiemächte die ganze
Verantwortung für die Ereignisse, die eintreten werden, wenn ihre ge-
rechten Forderung-en nicht sofort angenommen würden, der hellenischen
Regierung überlassen.
Athen, den 8./21. Juni 1916.
J. Guilleniin
F. Elliot
Demidof
Nr. 2. Herr Zaimis, Präsident des Rats, Minister der Auswärtigen
Angelegenheiten, hat von der gemeinsamen Note Kenntnis genommen, welche
die Minister Frankreichs, Grossbritanniens und Russlauds im Auftrage ihrer
Regierungen am 8./21. d. M. an seinen Vorgänger, Herrn Skouloudis, ge-
richtet haben, und in der sie erklären, sich genötigt zu sehen, die sofortige
Durchführung folgender Massnahmen zu verlangen : . . . (Hier folgen unter
Nr. 1 — 4 wörtlich die vier in der vorangehenden Note gestellten For-
derungen.)
1Ö2 Sechstes Kapitel: Vergewaltigung Uriechcnlamls u. Einmarsch in Belgien '
Herr Zaiinis nimmt, von der vorerwähnten Note Kenntnis und hat die
Ehre, Euren Exzellenzen, den Ministern Frankreichs, Grossbritanniens und
Russlands zu bestätigen, dass die Königlich Hellenische Regierung in Anbe-
tracht ihrer Schlusserklärung, nämlich, dass .... (Hier folgt wörtlich der
Schlussabsatz der vorangehenden Note mit seiuen Freundschaftsversiuherungen
auf der einen und der damit unvereinbaren Drohung auf der andern Seile),
sich verpflichtet, die vorerwähnten Forderungen vollständig zu er-
füUeu'"»).
Athen, den 10./28. Juni 1916.
§ 15
Der Einmarsch in Belgien.
Über die Berechtigung- des deutschen Einmarsches in Belgien
verweise ich auf Ednardo L. Llorens und Fuehr. Als Er-
gänzung dazu vergleiche man das juristisch tüchtige Buch von
C. P. Sanger und H. T. J. Norton mit dem Merkworte Friedrichse
des Grossen: „Toutes les garanties sont corame de l'ouvrage de
filigrane, plus propres ä satisfaire les yeux qu'ä etre de quelque
utilite". Hier linden sich S. 117 und 119 die ehrlichen, die offi-
ziellen Erklärungen der englischen Regierung über den Kriegs-
grund (Neutralitätsverletzung Belgiens) widerlegenden Worte, die
einen weiteren Beweis für die Ausführungen S. 20 abgeben :
„Die bisherigen Ausführungen ergeben, dass Diplomaten und Staats-
männer — jedenfalls russische Diplomaten und englische Staatsmänner — nicht
annehmen, dass eine Garantie der Neutralität eiue unbedingte Verpflichtung
auferlegt, gegen ein Land zu den Waffen zu greifen, das die garantierte
Neutralität verletzt.
Die Wahrheit ist, dass britische Staatsmänner niemals daran gedacht
haben, dass eine absolute Verbindlichkeit — unabhängig von allen Umständen —
^*''') Die Unrechtmässigkeit des Vorgehens der Garantiemächte folgt aus
den Griechenland betreffenden Staatsverträgen vom 6. Juli 1827 (Artikel 4).
3. Februar 1830 (Artikel 8), 7. Mai 1832 (Artikel 4), 13. Juli 1863 (Artikel III),
abgedruckt bei Fleischmann, Völkerrechtsquellen S. 32 f., und in Strupps
ausgewählten Aktenstücken 60, 178, 184 (siehe auch Noradounghian II, 177
und 206) (vgl. Sauger-Nortou 29 ff., Engelhard 218).
Es handelt sich ganz zweifellos um einen völkerrechtswidrigen Eingriff
in die inneren Verhältnisse eines unabhängigen Staates, eines Eingriffs, der da-
durch nicht gerade seine Rechtswidrigkeit verliert, dass ein Gegensatz von Volk
und Regierung konstruiert wird, der die Garantiemächte ja nichts angeht; und
dass immer wieder die angebliche Absicht betont wird, die Interessen des Volkes
gegen die Regierung zu fördern. Die englische ürlieberscliaft der gemeinsamen
Note ist aus der Art erkennbar, die ausschliessliche und rücksichtslose Auf-
fassung der eigenen Interessen damit zu begründen und zu verschleiern, dass
die davon betroffenen fremden Interessen das Vorgeben erforderlich macheu,
§ 15. Der Einmarsch in Belgien 103
bestanden hatte, zur Verteidigung der belgischen Neutralität zu den Waffen
zu greifen.
Hierfür wird dann aus Mise. Nr. 6 (1914) Cd. 7467 Nr. 119
S. 63 schliesslich noch die Äusserung- angeführt, die Sir Edward
Grey zu Mr. Cambon am 31. Juli 1914 gemacht hat, und die
festgehalten zu werden verdient,
„dass der Vorbehalt der belgischen Neutralität, ich möchte nicht sagen,
ein entscheidender, aber ein bedeutender, auf unsere Haltung einwirkender
Faktor sein mag".
Die voraufgehenden Sätze:
„Bis zum gegenwärtigen Augenblicke . . . fühlen wir nicht, und die
öffentliche Meinung fühlt nicht, dass irgendwelche Verträge oder Verbindlich-
keiten dieses Landes berührt werden. Weitere Entwicklungen mögen diese
Lage ändern und Regierung und Parlament bestimmen , die Ansicht zu ver-
treten, dass Intervention gerechtfertigt sei",
und der folgende :
,0b wir dem Parlament vorschlagen, in einem Kriege zu intervenieren
oder nicht zu intervenieren, das Parlament würde zu wissen wünschen, wie
wir in bezug auf die Neutralität Belgiens stehen, und es mag sein, dass ich
beide. Frankreich und Deutschland, fragen würde, ob jedes bereit Aväre, eine
-Verpflichtung zu übernehmen, dass es nicht zuerst die Neutralität Belgiens
verletzen würde",
beweisen, dass Sir Edward Grey in seinem Schreiben an den
englischen Gesandten Sir F. Bertie in Paris selbst den Stand-
punkt vertrat, England habe auch bei einer Verletzung der Neu-
tralität Belgiens durch Frankreich oder Deutschland volle Hand-
lungsfreiheit, sei zur Intervention nicht verpflichtet. Sanger
und Norton drücken dies so aus, dass sie a.a.O. sagen:
„Es ist befriedigend, dass Sir Edward Grey die überlieferten Ansichten
von unseren Verbindlichkeiten angenommen hat",
und kommen zu dem letzten Schluss,
„dass die Verbindlichkeiten Grossbritanniens unter den Verträgen von 1839
und 1867 äusserst zweifelhaft sind. Wahrscheinlich besteht eine gewisse
Verbindlichkeit auf Grund jedes der beiden Verträge, obgleich sogar dieses
bestritten werden kann. Aber in den Umständen des Falles trat Sir Edward
Grey den überlieferten Ansichten der englischen Staatsmänner bei. Dies war
sicherlich der klügste und wahrscheinlich der richtigste Kurs".
Bei dieser von „hervorragenden" (vgl. S. 25) englischen Juristen
und der englischen Regierung selbst anerkannten Rechtslage sollten
doch wirklich die Entente und ihre Freunde aufhören, die Ver-
104 Siebentes Kapitel: Schlussbetiachtung
letzuiig der belgischen Neutralität als engiisclieii Kriegsgruiicl
auszugeben, ganz davon zu schweigen, dass die Vergewaltigung-
Griechenlands durch die Ententestaaten daran erinnern müsste,
dass nicht mit Steinen werfen soll, wer selbst im Glashause sitzt.
Es mutet deshalb eigentümlich an, wenn es in der britischen
Antwort vom 8. Juni 1917 auf die Note der provisorischen
russischen Regierung vom 3. Mai 1917 und ihre Proklamation
über die Kriegsziele heisst:
„In der Proklamation des russischen Volkes, die in der Note eingeschlossen
war, heisst es, dass das freie JRussland nicht vorschlägt, andere Völker zu be-
herrschen oder ihnen ihr nationales Erbteil zu nelimen oder fremdes Terri-
torium gewaltsam zu nehmen. Mit dieser Auffassung stimmt die britische
Regierung von Herzen überein. Sie ist iu diesen Krieg )iicht als einen Er-
oberungskrieg eingetreten, und sie setzt ihn zu solchem Ziele nicht fort.
Ihr Zweck bei Kriegsanfang war, die Existenz ihres Landes zu verteidigen
und Achtung- vor internationalen Verptliclitungen zu erzwingen. Zu diesen
Zielen ist nun hinzugekommen, Völker zu befreien, die durch fiemde Tyrannei
unterdrückt werden" '•''').
Und hier mag schliesslich das offene Geständnis Blatch-
fords (44) Platz haben:
„Wir fechten nicht für Serbien, wir fechten nicht ausscliliesslich oder un-
mittelbar für belgische Neutralität oder für die- Ehre und Unversehrtheit
Frankreichs.
Nein, dieser Krieg ist ebensosehr ein britischer, wie ein französischer
Krieg. Wir fechten für unsere Unabhängigkeit und unseren
Handel, wir fechten für unsere Ehre, unsere Freiheit und für
u n s e r B r 0 1 u n d B u 1 1 e r " .
Siebentes Kapitel
Schlussbetrachtung.
§ 16
Die praktisch-politische Bedeutung von Staatsverträgen.
Die bisherige Darstellung drängt zu einer kri1;ischen Stellung-
nahme. Sie. darf die nüchternen Gesichtspunkte nicht aus dem
"8) Mise. Nr. 10 (1917) Cd. 8587 S. 5. Siehe und vergleiche den schon ob-
jektiver denkenden Hobson, Nr. 2. 179, Dickinson, Nr. 1, 7 und die mir
nicht zugäntiflichen Zitate aus den Veröffentlichungen Russells in der l'artei-
schrift von Coulton 201, 247, 251 ff.
§ 16. Pi'aktisch-politisclie Bedeutung von Stautsverträgen 105
Auge lassen, die in den tief dringenden, den wirklichen Sach-
verhalt klar aussprechenden Worten Bismarcks ^°^) ihren ewigen
Ausdruck gefunden haben: „Die Haltbarkeit aller Verträge
zwischen Grossstaaten ist eine bedingte, sobald sie im
Kampf ums Dasein auf die Probe gestellt wird. Keine
grosse Nation wird je zu bewegen sein, ihr Bestehen auf
dem Altar der Vertragstreue zu opfern, wenn sie ge-
zwungen ist, zwischen beiden zu wählen. Das ultra
posse nemo obligatur kann durch keine Vertragsklausel
ausser Kraft gesetzt werden, und ebensowenig lässt sich
durch einen Vertrag das Mass von Ernst und Kraftauf-
wand sicher stellen, mit dem die Erfüllung geleistet
werden rauss, sobald das eigene Interesse des Erfüllen-
den dem unterschriebenen Texte und seiner früheren
Auslegung nicht mehr zur Seite steht". Wenn also, wie
unsere Abhandlung beweist, völkerrechtliche Verträge allein keine
Gewähr für ihre Erfüllung bieten, so ist die in unserer Zeit sehr
'°') Gedanken und Erinnerungen II 249. Aehnlich Ponsonby 95 und
Woolf 13. Weitere gleichartige Aeusserungen Bisniarcks finden sich
Bei Erich Kaufmann 25 ff., (les.sen reclitstheoretische Begründung der Macht-
politik von Nelson 144 ff., bei allen Einwendungen gegen dessen grundsätzlichen
Standpunkt, mit zumeist zwingenden (iründen und eigentlich schon von Fr ick er,
1872, 97ff., und von v. Bar, Archiv 151, widerlegt wird und in ihrer panjuristischen
Art den methodisch richtigen Ausgangspunkt Bruno Sciimidts nicht treffen
kann. Auch die englisch-amerikanische Literatur enthält, was viel zu wenig
beachtet wird, viele Veröffentlichungen machtpoiitischen'Inlialtes, die den ver-
pönten Aeusserungen Treitschkes und Bernhard is durchaus an die Seite
gesetzt werden können. Hierher geiiöreu Mahan, Cramb, Wyatt, VVilkin-
so n, Blatch fo r d, Cu rzonofKed leston, Fox, Bo wies, Rose, Füller ton,
Colquhoun 401, Thirlmere, de D., Legendre, Sewill, Froude (the English
8,9, 13, 27, 31,820, Oceana 59, 153,356), dessen andere ausschliesslich geschicht-
lichen Werke von gleichem imperialistischen Geiste erfüllt sind. Es verdient imnier-
hiu Beachtung, dass englische und amerikanische Schriftsteller, wie Zimmern
(in der erwähnten Sammlung 13 u. 368), Norman Angell (in Foundation 140 f.,
great illusion 125, 157, 182, die falsche Rechnung 101 ff., America Ch. II, Anglo-
Saxon Prus.sianism 114 f., 280, 287, Prussianism 74 ff.), Mügge 23 ff., Hobson
179, Jefferson 151 (dagegen Coulton 140 und Willoughby 110 f.) in er-
freulicher anerkennenswerter Objektivität feststellen, die Machtpolitik und die
ihr entsprechende Blut- und Eisentheorie und Philosophie der Gewalt sei keine
deutsche oder preussische Erfindung; einige dieser Verfasser stellen Aeusserungen
zahlreicher englischer, amerikanischer und französisciier Machttheoretiker von
zum Teil europäischem Rufe zusammen. Die vollständigste und beste Ueber.sicht
findet sich bei Krehbiel 16 ff., dessen Buch in seiner nüchtern berichtenden
lind aufzählenden Art besondere Aufmerksamkeit verdient. Vgl. auch die gute
geschichtliche Skizze Roloffs. — Interessant ist. dass jetzt auch die Militari-
sierung der Vereinigten Staaten zur Aufrechterhaltuug der Monroedoktrin für
notwendig erachtet wird (Hart 384 ff.).
106 Siebentes Kapitel: Schlussbetrachtung
lebendig- gewordene Frage imab weislich, ob es überhaupt eine solche
Gewähr gibt, oder wie eine solche beschaffen sein müsste. Die erste
Vonuissetzung für eine befriedigende Antwort auf die Frage ist
das Verständnis und die Erkenntnis der besonderen, vielfach ver-
schiedenen Gründe, die den einzelnen Staat zu der von ihm be-
gangenen Völkerrechtsverletzung bestimmt haben, und derjenigen,
mit denen er sein Verhalten zu rechtfertigen sucht. Die innere
Verschiedenheit der Rechtfertigungsversuche vermag wichtige Auf-
schlüsse über die Richtung zu geben, in der die Beantwortung
der brennenden Frage zu finden sein wird. Die hier in den
Vordergrund gerückten Darlegungen der englischen Staatsmänner
zur Begründung der völkerrechtswidrigen britischen Kriegsmass-
nahmen gestatten vielleicht folgende allgemeine Charakteristik.
§ 17
Charakteristik des ciiglisclieii Wesens.
Der Engländer ist nicht bloss, wie allgemein angenommen
wird, ein nüchterner Realpolitiker, der in aller Welt die fremden
Interessen mit den eigenen zu verschmelzen versteht und sich
hierbei in der Wahl der Mittel von keinen Skrupeln leiten lässt.
Er ist vielmehr zugleich auch eine geschlossene Persönlichkeit,
die ihr Vorgehen zu einem in sich abgerundeten und in seiner
Art durchaus berechtigtem System gestaltet hat. Dieses System
wird bei oberflächlicher Betrachtung und unberechtigter Anwendung
der dem deutschen Wesen entsprechenden Massstäbe als „englische
Mentalität" ^°^) bezeichnet. In Wahrheit ist das System der eigen-
artige, in sich durchaus berechtigte Ausdruck einer bestimmten
'°*) Gegen diese Annahme englischer Heuchelei schon Frischeisen-
Köhler und von der Goltz in „Das englische Gesicht" 19 und 101 f., die
freilich beide bei allem Streben nach Objektivität in ihrer Darstellung des eng-
lischen Wesens ihre Höherbewertung der deutschen Art nicht unterdrücken
können, ebensowenig wie die englischen Schriftsteller in ihrer Darstellung des
deutschen Wesens ihre Höherbewertung der englischen Art verleugnen (siehe
hier insbesondere die Sammlung War and democracy). Demgegenüber ist
die mustergültige Sachlichkeit Oppenheims (Zukunft 174 und 198) in der
Gegenüberstellung der juristischen Methode des Kontinents einer-, England-
Amerikas andererseits lehrreich und nachahmenswert. Vgl. auch nach dieser
Richtung Lowell I 1 f., II 471 f. und die in Deutsehland überlieferte, unrich-
tige anthropomorphistische Ansicht bei Bornhak 79.
§ 17. rharakteristik des englischen Wesens 107
politisclieu Weltanschauung^"^). Der Engländer geht von der
Meinung aus, dass jeder einzelne unbedingt für sich selbst einzu-
stehen habe und die ihm vorgelegten Tatsachen und Ansichten
selbständig unter eigener Verantwortung nachprüfen müsse. Wenn
diese Nachprüfung den Tatbestand nicht erschöpft und zu seiner
Verfälschung führt, so hält er dies ausschliesslich für eine Ange-
legenheit des Nachprüfenden. Er hält sich nicht für verpflichtet,
sein eigenes Wissen und Können zur Information dem anderen zu
unterbreiten, wenn sein eigenes Interesse dies nicht er-
fordert. Er hält sich vielmehr für berechtigt, unter den ihm
bekannten Tatsachen und Ansichten eine Auswahl nach seinem
Interesse vorzunehmen und die Stellungnahme und Kritik den
anderen zu überlassen. Diese in der Entwicklung des englischen
Geisteslebens begründete und tief eingewurzelte Eigentümlichkeit
führt denn auch vielfach dahin, dass aus dem ausgexyählten Teil-
gebiet der Tatsachen und Ansichten ethische und rechtliche
Schlussfolgerungen gezogen werden, die auf Grund des einseitig
zusammengestellten Materials ihre Rechtfertigung finden. Diese
Eigentümlichkeiten gehen scliliesslich so weit, dass in der Tat
nur noch die den eigenen Interessen entsprechenden Tatsachen,
Ansichten und Werturteile erlebt und mit starker Überzeugung
vertreten werden und vertreten werden können.
Es kann nicht wundernehmen, dass dieses individualistische
Freiheitsbewusstsein seine eigenen, besonderen Lebensideale schafft
und nach ihnen auch die höchsten Ziele der ^Menschheit ausge-
staltet und für sich in Anspruch nimmt, ja dass die diesem Stand-
punkt vermeintlich entsprechenden politischen und menschlichen
Ideale als die allein erstrebenswerten und richtigen hingestellt,
und die davon vermeintlich abweichenden als bekämpfenswert
und niedriger, wertloser verworfen werden. Oder es werden, zu-
treffender ausgedrückt, die eigenen Lebensideale, wie es Menschen-
art ist, in die Welt hinaus projiziert und mit den allgemeinen
1°^) Hierin liegt der tiefere Grund für die einseitigen Zitate und logischen
Widersprüche, die Mendelsso bn-Bartholdy (17, 24, 38, 59, 74) als solche
aufgedeckt bat, ohne den häufig angeführten, in die Tiefe dringenden Satz
Sidnej' Lows zu beachten: ..Wir Engländer sind stolz darauf, ein unlogisches
Volk zu sein". Vgl dagegen das interessante Buch von Boutniy (insbesondere
256 f.. 454 u. 455) und die nietliodiscb wertvolle, gut einfülirende Arbeit von
Harwicg.
108 Siebentes Kapitel: Schlussbetraclitung
Meiischlieitsidealeii gleichgesetzt, und die Verfolgung der gleichen
Ideale auf einem anderen Wege als ihre Verneinung und Ver-
letzung erlebt und verpönt, wie dies auch in der besten Paraphlet-
literatur der Entente in Übereinstimmung mit den diplomatischen
Veröffentlichungen der Ententestaaten mit einer gewissen wunder-
lichen Selbstverständlichkeit und Naivität zu geschehen pflegt ^^°).
Und vielfach pflegen umgekehrt auch diejenigen zu empfinden
und sich zu äussern, welche mit ähnlicher Leidenschaftlichkeit
die verpönten anderen Wege zum gleichen Ziele einschlagen und
die abweichenden Auffassungen des individualistischen Gedanken-
kreises ohne rechtes Verständnis für ihn als einen Abfall von der
]\[enschheit geringschätzig zurückweisen. In beiden Fällen wird
die tiefsinnige Lehre Lessings von dem echten Ringe und die
wissenschaftlich unleugbare, zu Anfang der Abhandlung gestreifte
grundsätzliche Mehrdeutigkeit geschichtlicher Tatsachen und ge-
schichtlichen Seins überhaupt nicht beachtet und kann nicht be-
achtet werden, weil und insoweit es Menschenart ist, die Verfolgung
der als lebensnotwendig empfundenen Interessen für berechtigt,
ja heilig zu halten. Es ist in der Tat Menschenart, unter Ver-
drängung der Vorstellungen von den eigentlichen Triebkräften des
Handelns und Denkens von der Heiligkeit des Erlebnisses der
äusserstcn Interessenwahrnehmung und ihrer Notwendigkeit ganz
erfüllt zu sein ; dieser Art entspricht es, in einem merkwürdigen,
nicht selten vorkommenden Schlussverfahren aus dem Superlativ
der Empfindung deren Übereinstimmung mit dem Höchsten und
Heiligsten, was es nun einmal gibt, den ewigen Menschheitsidealen,
zu folgern und die Nichtübereinstimmung, ja Verwerflichkeit des
Gegners auf Grund der unkritisch in Anspruch genommenen Aus-
schliesslichkeit und Allgemeingültigkeit der eigenen, alles andere
verdrängenden Empfindung und Auffassung zu unterstellen. Es
handelt sich hier um einen Kunstgriff der Natur, weil auf andere
Weise eine leidenschaftliche und ausschliessliche Wahrnehmung
eigener Interessen nicht möglich ist, weil sie eben nur bei voller
Einseitigkeit und leidenschaftlicher Überzeugung von dem alleinigen
Recht des eigenen Standpunktes möglich ist. Eine groteske und
"•*) Sielie die beiden Werke des Late Assistant. Attorney-General of the
U.S. James M. Beck und James Mark Baldwin; von der unüberseiibarcn
Zeitschrifteuliteratur ganz zu schweigen.
§ 17. Charakteristik des englischen Wesens 10()
vielleicht tragikomische Anthropomorphisierimg der Menschheits-
ideale !
Und schliesslich ist noch eine Eigentümlichkeit ^^^) zu berück-
sichtigen, die das Geheimnis der politischen Erfolge Englands
enthält und uns so schwer verständlich, gefühlsmässig aber fremd
ist, eine Fremdheit, die dahin geführt hat, das Unverstandene
und Fremdartige durch Unterstellung einer englischen Mentalität
sich verständlich zu machen. Der Engländer liebt die Fiktion,
insbesondere die Fiktion, dass das Neue in dem Alten enthalten
sei;- er lebt und erlebt ganz neue Inhalte in den überlieferten
Formen und wird sich des Widerspruchs beider nicht bewusst,
will und kann sich dessen nicht bewusst werden. Es ist seine
Natur, man könnte sagen, seine praktisch-politische Technik,
grundlegende Neuerungen in alten, liebgewordeneu Gläsern darzu-
bieten, die grundsätzlichen Unterschiede in dem Bestehenden und
Werdenden abzuschwächen, nicht zu erleben und deshalb auch ab-
leugnen zu können und längst hinfällig gewordene Einrichtungen
formell bestehen zu lassen ^^-). Wir, deren Stärke und Schwäche
die grundsätzliche Betrachtungsweise ist'^^), nehmen es mit Er-
staunen — und vielfach auch völlig verständnislos — wahr, wie
der praktische Engländer, der sich nun einmal in Verfolgung
seiner Interessen von theoretischen und grundsätzlichen Erwägungen
oder gar Bedenken nicht beeinflussen lässt^^*), einen völligen
'") Sie tritt besonders anschaulich in den Büchern von Sidney Low und
Lowell hervor. Vgl. auch die gute Schilderung von Ernst Bernhard im
Jalirbucli, ferner seineu Aufsatz in Logos, Hatschek. Verfassunu^^geschichte
508 (wirklich „Advokatenkniffe" ?), 581, Staatsrecht 1161,543, II 1 ff.. 664
Aum. 1, Redlich 72 ff.. 248, 281, 798, Dicey, Introduction 413, Lectures 91,
und die viel zu wenig beachtete, die hier nicht in Betracht koinnieuden leligiöseii
Quellen aufdeckende Darstellung von Schulze-Gaevernitz 26 ff. Vgl. auch
Lowell, Public opiniou 295.
*'*) Als ein Beispiel solcher Gesetzespetrefakte kann sec. 39 Naval Prize
Act 1864 (oben Auui. 9) dienen.
"') Vgl. Naumanns Schilderung der deutschen Eigenart II 58, 79, 99.
167 und Patten, auch Hurwicz 667, Troeltsch82 mit wertvollen Literatur-
angaben. Schon Heine sagte 1828 in den „Englischen Fragmenten'' IX Bd. 3
S. 483: „Selten in ihren parlamentarischen Verhandlungen ist es den Engländern
möglich, ein Prinzip auszusprechen, sie diskutieren nur den Nutzen oder Schaden
der Dinge und bringen Fakta, die einen pro, die andern contra, zum A'orschein".
Vgl. auch Bd. 4, 351 (Florentinische Nächte) und Band 5, 373 (Shakespeares
Mädchen und Frauen). Erwähnenswert sind auch die etwas einseitigen Parallelen
Fontanes Bd. 4, 208 (vgl. auch Bd. 8, 585, 11, 305, 413).
*'*) Ein gutes Beispiel ist das Buch Phillipson-Buxtons, in dem S. 239
die Tnternationalisieriing und Neutralisation des Bosporus und der Dardanellen
j 10 siebentes Kapitel: Schlussbctrachtung
Bruch der sonst in England so mächtigen Überlieferung als solchen
nicht bloss nicht empfindet, sondern mit den überkommenen Ord-
nungen durch deren Umdeutung^''') vereinigt und durch diese viel-*
fach ungeschichtliche, aber innerlich notwendige Auslegung zu eiaer
ihn und ... die von ihm Beherrschten befriedigenden Überein-
stimmung des Alten mit dem Neuen und so zu einer Fortentwicklung
gelangt. Man spricht hier nicht mit Unrecht von einer konser-
vativen Veranlagung. Doch muss auch unter ihr die Art ver-
standen werden, die Lebensverhältnisse in Anknüpfung an vor-
handene oder geschaffene Interessen ohne alle theoretischen und
rechtlichen Bedenken gefühls- und willensmässig zu gestalten, und
diese Gestaltung, wie sie auch immer sich vollziehe, mit der Ver-
gangenheit und der Rechtslage unter dem einigenden praktischen
Gesichtspunkte der Interessen-Notwendigkeit innerlich in Einklang
zu bringen und vor sich und andern zu rechtfertigen.
§ 18
Folgerungen und Ausblicke.
Es erscheint nicht ausgeschlossen — ja, es ist vielleicht so-
gar wahrscheinlich — , dass diese skizzenhaft entworfenen eng-
lischen Nationaleigentümlichkeiten durch den Krieg Veränderungen
erfahren, deren Tragweite nicht abgesehen werden kann, dass
die elementare Vereinigung unvereinbarer Widersprüche zur kri-
tischen Selbstbesinnung und damit auch durch eine bisher wenig
verbreitete grundsätzliche Stellungnahme und methodisch und
logisch umfassende Nachprüfung zur Überwindung gelange ^^^).
nach dem Vorbilde des Vertrages von Könstantinopel über den Suezkanal ge-
fordert wird, oline zu bemerken, dass die Verletzung der Vorschriften dieses
Vertrages durch die militärische Besetzung des Suezkanals gegen ein solclies
Vorbild doch recht bedenklich macheu mü-sste. Vgl. auch Oppenheim, Zukunft
174 und 198.
"^) Hierfür bietet Hughes 133 ein sehr gutes Beispiel, der es fertig
bringt, zu erklären, die Wegnahme feindlichen Gutes aus neutralen Schiffen
erfolge nicht auf Grund der Inanspruchnahme eines Rechts, sondern auf Grund
der Anpassung der alten Blockadegrundsätze an die neuen Verhältnisse, ohne
zu bemerken, dass diese Anpassung jenes Recht in sich schliesst oder eben
widerrechtlich ist.
"") Vgl. Lindsay Rogers S. 30: „Kurz, es kann nicht länger mehr ge-
sagt werden, es sei Englands Ruhm und Stolz, dass es in Kriegs-
zeiten die Scbutzrechte des Bürgers gegen, die Exekutive unbe-
rührt liess: seit langem geltende, eifrig beliütete Vorschriften der Verfassung
§ 18. Folgerungen und Ausblicke lll
Alsdann würde die diesem Buche als Motto vorangestellte Mahnung
der Westminster Gazette^'") sich erübrigen, weil ihr Ziel bereits
in dem englischen Wesen verwirklicht ist, und weil alsdann die ein-
seitige Interessenwahrnehmung im Leben der Völker für den Eng-
länder ihre natürliche und unüberwindlichen Hemmungen findet in
den Grundsätzen, die er selbst bei früheren Gelegenheiten der Wahr-
nehmung eigener entgegengesetzter Interessen anerkannt und ver-
treten hat. Bismarck hat Recht und behält so lange Recht, als
nicht Wandlungen in der Menschennatur ^'^^) eintreten, die dahin
sind zeitweilig- ausser Kraft gesetzt worden, und dies, recht bemerkenswert, in
einem Kampf, der gegen preussische Autokratie geht. England hat sich
gezwungen gesehen', despotisch zu werden". . . . Siehe hierzu Boutmj'
296: „Person, Bör.se, Haus sind für jeden Engländer wie drei Festungen", und
S. 29: „Alle von den Vorfahren he^^ eingewurzelten Kräfte kämpfen für ihn und
in ihm gegen den Despotismus des Staates*. \'gl. dagegen die aufschlussreiclien
iJarlegungen einer sich bildenden neuen Geistesverfassung in den Werken von
Hermann Levy, von Schulze-Gaeverni tz, Dicey, Lectures. Siehe auch
Troeltsch, Ansturm 112.
"'■) Es verdient Erwähnung, dass F.J.Lawrence in den Problems of the
war Bd. II S. 110 die Errichtung neutraler Gerichtshöfe zur Entscheidung und
Bestrafung der Zuwiderhaudlungen gegen zu revidierende Kriegsgesetze vor-
schlägt und (S. 114) im Anschluss an die übliche Rechtfertigung der englischen
Aushungerungspolitik auf Grund der vermeintlichen Unmöglichkeit einer Unter-
scheidung zwischen Zivil- und Militärbevölkerung die Notwendigkeit eines neuen
Konterbanderechts betont, das „sich von dem alten erheblich unterscheiden wird".
De AI on tniorency (ebendort S. 28) will die Zulässigkeit (reasonabloness) der
Konterbandeliste der Nachprüfung eines internationalen Gerichtshofes unter-
werfen.
"*) Erst diese schaffen die Wirkungsmöglichkeit für die Zwangsmittel,
von denen sich Nippold in seinem anregenden, der Gegenwart aber weit voraus-
eilenden Buche (S. 107, 249 und an vielen andern Stellen) über das Völkerrecht
nach dem Weltkriege alles Heil verspricht. Sein demokratisches Völkerrecht
muss sich auch auf Macht gründen, ja kann durch sie erst verwirklicht werden.
Ein demokratisches- Völkerrecht setzt ein demokratisches Verhältnis der einer
solchen Völkerrechtsgemeinschaft augehörenden Staaten voraus, und dieses dürfte
durch die selbst nur vermeintliche Uebermacht eines Staates zur See oder zu
Lande immer in Frage gestellt, wenn nicht unmöglich gemacht werden Nippold
hat in seiner vielfach naturrechtlich anmutenden Betrachtungsweise verabsäumt,
seinen Standpunkt methodisch-kritisch zu untersuchen. Alsdann hätte er wohl
bemerkt, dass die Frage der Neugestaltung des Völkerrechts in einem kleinen
neutralen Staate, wie der Schweiz, anders erlebt und beurteilt werden wird, wie
in einem der grossen kriegführenden Staaten, dass ein logisch-deduktives
Verfahren olme ein historisch-induktives keine überzeugenden uml
praktisch befriedigenden Ergebnisse zeitigen kann. Gleiches gilt auch
gegen das ralioDali>tisclie Verfahren Redslobs 312 ff. und Norman Angel Is
in Illusion und in Introductiou zu Krehbiel: während Nelson 1Ü5 in der
Forderung, wenn auch nicht ihrer von ihm gegebenen, letzten Endes meta-
physischen Begründung nur beigepflichtet werden kann, dass „einzig ein hin-
reichend entwickeltes und einen angemessenen öffentlichen Ausdruck findendes ■
RechtsbeAvusstsein es sei, was über die blosse Stabilität der Organisation hinaus
die Herrschaft des Rechts im Völkerleben ijewährleisten kann". Aehniicli schon
1X2 Siebentes Kapitel: Schlussbetrachtung
führen, dass der Gedanke einer Vertragsverletzung für jeden
Staatsmann imwillkürlicli mit einer Hemmungsvorstellung ver-
bunden ist, die es ihm unmöglich macht, die Verantwortung für
die Verletzung zu übernehmen, weil er mit einer allgemeinen
Missbilligung und Vertrauensentziehung bei den Neutralen und im
eigenen Lande rechnen müsste und überzeugt wäre, dass der Vor-
teil einer Vertragsverletzung den Nachteil dieser Missbilligung und
Vertrauensentziehung nicht aufhebt. Es wird hierbei nicht an einen
Zukunftstraum des ewigen Friedens gedacht, sondern nur von der
Tatsache ausgegangen, dass es solche Hemmungsvorstellungen be-
reits gibt, dass in gewissem Sinne das gesamte Kriegsrecht auf ihnen
beruht, dass insbesondere die Beschränkungen ihr Vorhandensein be- '
weisen, welche sich die Ententestaaten bei ihren völkerrechtswidrigen
Seekriegsmassnahmen immerhin doch noch selbst auferlegen, indem
sie zum Beispiel das feindliche Gut auf neutralen Schilfen unter
Verletzung der Pariser Deklaration beschlagnahmen und her-
vorheben, es würde nicht konfisziert^'^). Ob aber dieser Krieg
bereits jene Wandlungen hervorrufen wird, insbesondere bei jenen,
die ihnen bei ihrer besonderen Interessenlage auf meerumspültem
Eiland sehr wenig zugänglich erscheinen, ob er uns die am meisten
verletzten Rechtsgüter, die Freiheit der Meere '-*^) und den Schutz
des Privateigentums'-^) und der persönlichen Freiheit im Kriege
bringen wird, wer könnte heute schon darüber eine begründete Meinung
Oppenheim, Zukunft 155, der von dem „Tiefstand der öffentlichen Moral in
bezug auf die iuteruationalen Beziehungen " spricht (siehe auch 157). Ob hier
eine vAenderuiig zum Besseren eintreten kann, solange der Souveränitätsbegriff
seine schrankenlose Herrschaft ausübt? (siehe auch Zorn 23). Und ob hier
nicht die Kritik Nelsons und Angells (z. B. foundation, introductory sum-
mary S. XX) sich fruclitbar erweist? Vgl. Problems of tlie war Bd. II, 117
(Bisshop) uud 135 (Darby) und bei Stier-Somlo, 121.
^'^) Siehe Antwort der französischen Regierung auf das an Seine Exzellenz
Herrn M. Shark, den Gesandten der Vereinigten Staaten zu Paris, gerichtete
Schreiben der Vereinigten Staaten vom 5. März 1915 über Prisenmassnahmeu
gegen den deutschen Handel, und die gemeinsame Erklärung der französischen
und britischen Eegierung, in der die Massnahmen angekündigt werden, welche
bezwecken, die Waren zu beschlagnahmen, welche Angehörigen des Deutschen
Pieiches gehören oder von Deutschland kommen oder dorthin befördert werden,
Gegenmassnahmen gegen die Versuche Deutschlands, die Wiederverproviantierung
Frankreichs und Grossbritanniens zu verhindern, den neutralen Mächten am
1. März 1915 notifiziert, bei M. Paul Fauchiile II S. .S5 und 43. Vgl. auch das
Memorandum vom 7. Juli 1916 in Mise. Nr. 22 (1916) Cd. 8293 und hier S. 117 ff.
''°) Selbst in der Einschränkung des Begriffes nach seiner Klärung durch
das verdien,stvolle Buch Stier- Somlos.
'2') Loreburn 160 f.
§ 18. Folgerungen und Ausblicke HB
aussprechen? Weil dies nicht möglich ist nnd weil für alle neu
abzuschliessenden Staatsverträge wiederum das angeführte Wort
Bismarcks gilt, so kann es sich in der Tat nur darum handeln,
eigene Interessen der Vertragsschliessenden an der
Erfüllung ihrer neu abzuschliessenden Verträge zu
schaffen und zu erhalten, einen Friedenszustand herbei-
zuführen, an dessen Aufrechterhaltung alle beteiligten
Staaten ein möglichst langandauerndes Interesse haben.
Dieses bescheidene Ergebnis soll und darf uns nicht unzu-
frieden machen. Es ist mit Staatsverträgen nicht anders als mit
Verträgen unter Privaten. Es gibt keine Verträge, die alle mög-
lichen Lebenslagen zur Zufriedenheit aller Beteiligten regeln,
keinen, der nicht einmal bei einer vorher nicht übersehbaren und
vorher nicht regelbaren Gestaltung der Dinge den einen oder
anderen Vertragsschliessenden drückt und ihn an den Vertrags-
fesseln rütteln lässt und in „zwingenden Fällen" auch vertrags-
brüchig und schuldig werden lässt. Das Leben steht nicht still:
Tiokei-ios Tiarr^q Tiaviiov.
Die theoretischen Ausführungen haben aber auch naheliegende
praktische Folgen:
Die Richtung ist bereits durch den Jay-Vertrag von 1794
Artikel 7 und den Vertrag von Washington von 1871 Artikel 12 ff.
(siehe oben S. 37 f.) gewiesen. Grundsätzlich erwächst aus
der Völkerrechtsverletzung eine Schadensersatzpflicht^^^)
(vgl. Art. 3 des IV. Haager Abkommens, 64 der Londoner Dekla-
ration). Dies ist in den genannten Verträgen von selten Englands
und der Vereinigten Staaten anerkannt worden ! In der Ausführung
dieser Verträge durch Schiedskommissionen und den umfang- und
lehrreichen Verhandlungen und Berichten, die eine Sonderdarstellung
verdienten, haben sich die beteiligten Staaten in der Weise dem
Spruch der Schiedsrichter unterworfen, dass sie die durch die
Kommission festgesetzte Zahlungspflicht dem andern Staate gegen-
über erfüllten, und dieser den Beschädigten die zugesprochenen
Beträge abführte. Hiernach stehen folgende Sätze fest:
"^) V. Liszt 362 muss zur Verneinung von Schadensersatzansprüchen ge-
langen, wenn er die Völkerrecbtsverletzuugen in berechtigte Meinungsverschieden-
heiten auflöst.
Bendlx, Völkerrechtsverletzungen •
114 Siebentes Kapitel: Sclilussbetrachtunfr
1. Die völkerrechtliche Eechtmässigkeit der Kriegsraassnahmen
unterliegt einer richterlichen Nachprüfung durch eine unab-
Iiängige, endgültig entscheidende Instanz.
2. Der wegen Verletzung der Gerechtigkeit oder Billigkeit oder
des Völkerrechts^-^) in Anspruch genommene Staat hat sich
und ist dem Spruch dieser Instanz unterworfen.
3. Im Schiedsgericht ist der in Anspruch nehmende und der in
Anspruch genommene Staat durch die gleiche Zahl der von
ihm gewählten Richter vertreten.
Gegen die Grundsätze zu 1 und 2 wird an sich nichts zu er-
innern sein. Die Grundsätze zu 1 und 3 werden durch die auch in
ähnlichen Fällen bekannte Tatsache beleuchtet, dass der Vertreter der'
in Anspruch genommenen Partei anderer Meinung ist, wenn der Ver-
treter der in Anspruch nehmenden Partei für die Verurteilung ist,
und dass die Entscheidung letzten Endes von dem „unparteiischen"
Obmann abhängt, wie dies insbesondere aus dem amerikanischen
Bericht zur Ausführung des Artikels XII des Vertrages von
Washington und dem englischen Bericht über die abweichenden
Ansichten des englischen Vertreters bei Entscheidung des i\.labama-
falles deutlich hervorgeht, bei der von den fünf Schiedsrichtern
nur je einer von den beteiligten Staaten, je einer von den Staats-
oberhäuptern Italiens, Brasiliens und der Schweiz gewählt war
(North America No. 2 [1873] S. 7—258). Da auch auf dem hier
fraglichen Gebiete von der grundsätzlichen Mehrdeutigkeit der
Tatsachen und Rechtssätze auszugehen ist und auch bei den un-
beteiligten Neutralen jene überirdische Unparteilichkeit nicht ge-
funden werden kann^-*), die zu Unrecht vielfach als Kriterium
richterlicher Tätigkeit angenommen wird, auf die Persönlichkeii"
der Schiedsrichter aber schlechterdings alles ankommt, so kann
nur die Forderung aufgestellt werden, dass die Auswahl der
Schiedsrichter unter Mitwirkung der parlamentarischen Vertretungs-
^^') Der Jay- Vertrag schrieb deu Schiedsrichtern vor, zu entscheiden
accordiiig to the merits of the several cases and to justice, eqnity and the law
of nations ; im Vertrage von Washington steht, sie sollen entscheiden to the
best of their judgnient and according to the justice and eqnity. Natürlich ent-
stand die Frage, ob durch die letzte Fassung das Völkerrecht ausgeschlossen
werden sollte (amerikanischer Bericht S. 246 Nr. 4)
12*) Darauf haben .schon Root 141, 397, Brailsford 165 und Weh-
berg 62 hingewiesen.
§ 18. Folgei'utigen und Ausblicke ll5
kurper ^-•'•) erfolge, und die beteiligten Staaten sich auf gemein-
schaftliche Instruktionen zu einigen suchen und sich verpflichten
sollten, keine geheimen Instruktionen zu geben.
Vielleicht Hesse sich hier als gemeinsame Richtschnur für die
Anwendung des zu 1 genannten Grundsatzes der aus unseren Dar-
legungen immer wieder hervortretende und bewiesene Gedanke
derart praktisch verwirklichen, dass im Friedensvertrage oder in
den gemeinschaftlichen Instruktionen für die Schiedsrichter das-
jenige Verhalten eines Staates als unrechtmässig aner-
kannt wird, das in seinen eigenen anderweitigen Er-
klärungen und Massnahmen als unrechtmässig hin-
gestellt oder vorausgesetzt wird^-^), wenn das Schiedsgericht
nicht einstimmig die Unrichtigkeit der früheren Stellungnahme
oder ihre Unübertragbarkeit auf den zur Entscheidung stehenden
Fall feststellt.
Und schliesslich wird auch zu erwägen sein, ob mit dem
Grundsatz ^^^), dass der Krieg zu einem Kampf der Völker ge-
worden sei, nicht Ernst gemacht und den sich verletzt fühlenden
Angehörigen^-^} der betreffenden Völker nicht gegen die nach
ihrer Meinung unrechtmässig handelnden Staaten unmittelbar
Schadensersatzansprüche zugebilligt werden sollen mit dem Recht, sie
selbst vor einem internationalen Schiedsgericht zu verfolgen ^^^).
^-^) Webbergs Vorscblag 8^ der Eruenmiug durch eine internatiouale
Konimissioii von bochangesebeneu Juristen verkennt das Wesen der Recbt-
sprecbnng, die nicht bloss eine logisch-intellektuelle Aufgabe ist, sondern zu-
gleich auch und hauptsächlich eine ethisch weitende Willensentscheidung. Vgl.
Schlief 27.S. von B-ar, Burenkrieg 40 f., Oppenheim, Zukunft 186. Die
besten Gelehrten können schlechte Richter, und die besten Richter schlechte
Gelehrte sein.
»2«) Vgl. das Merkwort zu Kap. 4 S. 59.
i27j und zwar in dem Sinne Uppenlieiras, Zukunft 197, dass nunmehr
auch die Zivilbevölkerung in wirtschaftlicher Hinsicht ^aktiven Krieg-sstand"
besitze oder doch ihr passiver Kriegsstand in seiner praktischen Behandlung an
den aktiven herangerückt und mit Ausnahme der unmittelbaren kriegerischen
Aktionen kein Unterschied mehr gemacht wird
^'^^) Vgl. Art. 4 und 5 des XII. Haa<rer Abkommens und dazu v. Liszt,
Wesen 38, Schücking, Staatenverband 63 und 141.
1-') Die hier angedeutete schied.srichterliche Aufgabe und Lösung rauss
aus dem Streitstoff und den Interessen der beteiligten Staaten als eine innere
geschichtliche Notwendigkeit herauswachsen (Aehnlich Oppenheim, Zukunft 157,
und Lammascii 45 f.) Alle theoretischen Konstruktionen einer allgemeinen
Lösung internationaler Konflikte durch stärkere Parlameutskontrolle der aus-
wärtigen Politik fPonsonby, vgl. auch des Verfassers Aufsatz in Schmollers
Jahrbuch) und Oeffentüclikeit der Diplomatie, internationale Gesetzgebung und
8*
\lQ Siebentes Kapitel: Schlussbctrachtuiig
Schiedsgerichtsbarkeit [ausser Nippoltl, Retlslob, der viel zu wenig beachtete
Schlief, der schon lö92 fast alle Gesiclitspiinkt.e des weltberüliuiten Buclies
von Angell gebracht hat, Fried, Berger, Seber, Halpert, auch Meier,
von Bar, Schücking, Otlet, Tscheou-W ei , Duplessix, Lange, Scott
[reconiniandations], Yearbook, Mügge, Woolf . Dickinson, Hobsou, Bux-
ton, Quin, Bryce, Stilwell, Taft. Nordenstoft, Jefferson, Jordan,
Mackaye, Moritzen, Den Beer Poortugael , Toynbee, Wells, Biottot.
Leroy,Ashbee, Platcr, Heath,Keen ,Loder .Mocli, Schvan, auch Beuihani
bei Oscar Kraus, W.E.Wilson, und die Beiträge in den Sammlungen:
Männer der Wissenschaft, Veröf f en tliciiungen, War obviated und
Rapports, weitere literarische Nachweise bei den Genannten und besonders
bei Krehbiel], so viele wertvolle und zu verwertende Einzelheiten in diesen
Versuchen auch gelegen sein mögen, helfen über die Tatsache nicht hinweg,
dass mau einen Bau nicht am Dache anfangen kann oder unhildlich, dass nicht
nach allgemeinen Gesichtspunkten aus einer immanenten Logik der zugrunde
gelegten Begriffe verfahren werden kann und darf, dass die geschichtliche Ent-
wicklung vielmehr aus sich selbst heraus nur an die einzelnen, ihr g er-
stellten bestimmten Aufgaben in der darin nach Gegenstand und
Mitteln gelegenen Begrenzung herantreten kann, und dass trotz aller
Kulturerrungenschaften das Grundwesen des Menschen im Irrationalen und
Triebhaften liegt, dass dies auch für den Richter und die richterliclie Tätig-
keit gilt, und dass auch deshalb die internationale Gerichtsbarkeit gar nicht
bei ernsten Streitigkeiten leisten kann, was sie vermeintlich leisten soll und
■wird, selbst wenn „das Völkerrecht so entwickelt wäre, dass eine rein recht-
liche Erledigung der meisten Streitfragen möglich" (Wehberg 10) wäre.
(Siehe hierzu die im Literaturverzeichnis angeführten Arbeiten des Verfassers.)
Die logische Widerlegung des Krieges (z.B. beiNovikow) vermag die praktisch-
politischen und geschichtlichen (Mahan, Armaments, siehe die Steilen unter dem
Schlagwort force im Index) und die raethodisciien (Frischeisen-Köhler, Pro-
blem 47) Einwände gegen den Pazifismus, wie sie aus jenem Grundvvesen not-
wendig folgen (vgl. auch die praktischen und grnudsätzlichen Bedenken der
„Männer der Wissenschaft", z. B von Bar, Brentano, Sombart, Stoerk,
Adolf Wagner), nicht zu beseitigen. Das leistet auch die scharfsiunige, wesent-
lich im Negativen stecken bleibende Kritik Nelsons nicht, die aber neben
Schlief die ersten- Ausätze einer ernsten methodischen Begründung des Pazi-
fismus enthält.
Anhang: Aus Brewers; Rechte und Pflichten der Neutralen 117
Anlage zu Anmerkung 32 S. 24
filbersetzuiis:]
Aus Brewers: Rechte und Pflichten der Neutralen.
New York und London 1916.
Kapitel XV
Sir Edward Greifs Brief zur Verteidigimg der von der britischen
Regierung erlassenen Order in Council vom März 1915.
Die genaue Prüfung einer gegnerischen Meinung ist immer wertvoll. Ent-
weder werden Avir durch sie für die Wahrheit gewonnen, oder wir werden in
unserer Stellungnahme durch die Wahrnehmung bestärkt, dass die Gegenseite
ihre Sache auf Täuschungen und Ungenauigkeiteu gründet.
Für den unvoreingenommenen Bürger der Vereinigten Staaten hat die
britische Order in Council vom März 1915 eine Politik eingeleitet, die ebenso
unhaltbar, wie für die Neutralen schädlich ist, und daran ändert auch nichts die
ernsthafte Absicht, sie möglichst ohne Belästigung der Nicht-Kriegführenden
anzuwenden. Der Brief von Sir Edward Grey vom 23. Juli kann nur diese
Auffassung bestärken. Diese offizielle Mitteilung wurde am 24. Juli durch den
amerikanischen Gesandten überreicht. Sir Edward Grey, dessen hohe staats-
männische Eigenschaften allgemein anerkannt werden, macht neben anderen
Punkten zur Begründung seiner Ansicht die folgenden Au- und Ausführungen,
die nachzuprüfen sich lohnt. So sorgfältig diese Gründe auch für den britischen
Standpunkt entwickelt sind, so ist es doch unmöglich, dass sie auf irgend jemand
Eindruck machen. Sie wenden sich nicht an den Verstand, und wer eine Wieder-
gabe des ursprünglichen Textes liest, kann nur zugeben, dass Eari Grey offen
alles geltend gemacht hat, was zur Unterstützung einer Unternehmung gesagt
werden kann, die für das von ihm vertretene Land eine Sache höchster Staats-
politik ist, gleichgültig, ob die Giünde dafür überzeugend sind oder nicht.
1. Notwendigkeit.
„Ich fasse die Mitteilung der Regierung Eurer Exzellenz", so heisst es in
der Note des Ministers des Äussern, „nicht so auf, als wenn sie die Notwendig-
keit in Frage stellen will, alle die Schritte zu unternehmen, die uns angemessen
erscheinen, um den Handel des Feindes zu vernichten, sondern ich verstehe sie
dahin, dass sie sich allein auf die Frage der Berechtigung besonderer Mass-
nahmen bezieht". Offenbar soll diese Wendung den Glauben erwecken, das»
118 Anhang
NütweiuligkeiL in ckn Vereinigteu Staaten als Entschuldigung einer sonst nicht
zulässigen Handlung anerkannt sei; zugleich aher enthält sie das schlichte Zu-
geständnis, dass es Leute gibt, welche die Anwendung von Gewalt durch ein
Land lediglich auf gesetzliche Massnahmen beschränken wollen. Allerdings gibt
es solche, und unter ihnen insbesondere die Verbündeten! Wenn es anders wäre,
so würde Übergriffen. Avegen deren sie sich mit Recht beschweren, Tür und Tor
geöffnet, und nicht nur würden feindliche Staaten für unzulässig erklärte Ge-
setzesverletzungen wiederholen, ja sogar Neutrale würden unter dem gleichen
Verwände (plea) Notwendigkeit als eine Entschuldigung für unuentrale Hand-
langen geltend machen.
Seit langem hat jedes Volk, Avenn Völker miteinander im Streit lagen, sich
geneigt gefunden, Notwendigkeit als eine Entschuldigung für Taten geltend zu
machen, die naclidrücklicliem Widerspruch unterlagen. Die Völker haben es des-
halb auch vorgezogen, weniger Gewicht auf das Losungswort „Notwendigkeit"
zu legen, als vielmehr Gründe zum Beweise dafür vorzubringen, dass die von
ihnen angenommene Politik mit dem Recht in Übereinstimmung sei.
2. Das Recht eines Kriegführenden, neutrale Häfen zu hloehieren, toenn sich
kein anderer Weg bietet, den Feind zu treffen.
Dieser Satz führt nach dem britischen Minister auf die von den Vereinigteu
Staaten zugestandene Regel zurück, dass ein Kriegführender das Recht hat,
einen feindliclien Hafen zu blockieren; dies ist aber nach Ansicht des Verfechters
nichts mehr noch weniger als „Abschneidung der feindlichen Übersee -Aus- und
-Einfuhr". Die Begründung ist etwa folgende: Wenn man nicht den feindlichen
Hafen selber blockieren kann und findet, dass dieser über neutrale Häfen Zu-
fuhren erhält, dann ist man berechtigt, die vorgenannten neutralen Häfen zu
blockieren, weil man ein Recht hat, die „feindliche Übersee-Aus- und -Einfuhr"
abzuschneiden. Die Unhaltbarkeit dieser Darlegung liegt natürlich in der Irr-
tümlichkeit der vorausgesetzten Annahme, dass das Recht, einen feindlichen
Hafen zu blockieren, einfach eiu Teil (phase) des unterstellten (aber nicht
existierenden) Rechts sei, seinen Handel mit allen zweckdienlichen Mitteln ab-
zuschneiden. Wird aber diese Grundlage der sonst so sorgfältig aufgebauten
Beweisführung entzogen, muss sie zusammenstürzen.
3. Dass die Blockade der Südküste der Vereinigten Staaten im Bürgerkriege
einen Präzedenzfall insofern darbiete, als dies eine Ausdehnung der früheren
Praxis darstelle.
Es ist wahr, dass die angezogenen Präzedenzfälle des Bürgerkriegs eine
Ausdehnung einer bekannten Praxis bedeutet haben, aber es wird auch für den
kühnsten Geist schwierig sein, zwischen den amerikanischen Neuerungen und denen
eine Ähnlichkeit zu finden, die durch die erörterte Order in Council eingeführt werden.
Im Gegenteil, Kenner des internationalen Rechts werden sich, eingedenk der
Fälle ,,Peterhoff" und „Springbok", erinnern, dass der höchste Gerichtshof
der Vereinigten Staaten die Tatsache anerkannte, dass die Völker durch un-
wandelbare Grundsätze beschränkt werden, und dass er bei Ausführung der
Lehre von der fortgesetzten Reise zwischen dem Recht des Kriegführenden,
Aus Rrewers: ßechte und Pflichten der Neutralen 119
Konterbaude in Beschlag- zn nehmen, und dem Recht unterschieden hat, eine
Blockade auf neutrale Gewässer auszudehnen, eine Praxis, deren Unterstützung
der Gerichtshof zurückwies.
4. Geeignetheit neutraler Häfen für feindlichen Gehrauch.
„Angrenzend an Deutschland", sagt Earl Grej', „sind verschiedene neu-
trale Länder, was ihnen bequeine Gelegenheit bietet, Handel mit andern Ländern
zu treiben''. Er führt Rotterdam an, das für bestimmte feindliche Zwecke besser
geeignet sei, als die Häfen der anderen Länder. Es ist unverständlich, wie.
diese Angrenzung neutraler an feindliche Häfen dem Kriegführenden irgend-
welche Rechte über die erstgenannten geben soll. Wenn Eisenbahnen und
Wasserwege neutrale Docks für feindlichen Gebrauch verfügbar machen, so ist
das ein Missgeschick für den andern Kriegführenden. Österreich hat ein Memo-
randum über die Muuitionsausfuhr der Vereinigten .Staaten zu den Verbündeten -
vorgelegt und dringt darauf, dass sie verboten werde, weil die „Zeutralmächte"'
an dem Handel nicht Teil haben können. Hier ist ein Beispiel, dass Lage und
Seegeltung die Verbündeten begünstigen. Internationales Recht ist wie Landes-
recht feststehend und kann nicht für besondere Verhältnisse zurecht gemacht
werden. Die Tatsache, das.« Deutschland mit nahen neutralen Seehäfen Land-
vevbinduug hat, gibt andern Kriegführenden kein Recht, sich geltende Gesetze
nur insoweit anzueignen, als dadurch dieser bemerkenswerte Vorteil wertlos wird.
5. Bass die Unterbrechung des neutralen Handels, der für feindliche Zwecke
bestimmt ist, bevor er einen neutralen Staat erreicht, oder nachdem er ihn ver-
lassen hat, durch den einen Kriegführenden gerechtfertigt sei als „Gegengewicht"
gegen die Freiheit, mit der der andere Kriegführende seinen Handel durch ein
neutrales Land hindurchführt, ohne dessen Neutralitat Abbruch 2u tun.
Dass solch eine Unterbrechung ein „Gegengewicht" sei, wird jeder zugeben,
dass sie aber gerechtfertigt sei, kann nicht aufrecht erhalten werden. Die be-
troffenen neutralen Mächte sind souveräne Wesen. Es ist ihre Sache, zu sagen,
was sie erlauben wollen, und sie sind vijllig frei, beides, ihren Inland- und iiiren
Überseehandel mit jedem Kriegführenden fortzusetzen; einen Konflikt haben sie
nur bei eigener Xachgiebigkeit (contrabande) oder anlässlich der Kriegsblockade
feindlicher (nicht neutraler) Häfen zu gewärtigen.
6. Dass eine Ausdehnung des Grundsatzes der Blockade berechtigt ist, wenn diese
dadurch effektiv wird.
Dies ist eine merkwürdige und ungewöhnliche Begründung, der man
schwerlich schon früher einmal begegnet sein wird. Das Wort „effektiv", von
der Blockade gebraucht, hat es mit der physischen Behauptung der Souveränität
über feindliche Gewässer zu tun. Es ist bestimmt, das Merkmal der See-Eiu-
schliessung zu bezeichnen. Ob eine Blockade tatsächlich besteht oder nicht,
hängt daher von dem Druck ab, der von aussen her auf einen Hafen ausgeübt
wird, dagegen nicht von irgendwelchen inneren Zuständen, die sich in einem
feindlichen Gebiet anscheinend als Folge einer versuchten Blockade ergeben.
Wenn es anders wäre, so könnte ein Kriegführender den Schluss ziehen (post
120 Anhang:- Aus Brevvei's: Hechte und rflichten der Neutralen
hoc ergo proptcr hoc), dass eiue durch schlechtes Wetter hervorgerufeuc Miss-
ernte des Feindes die unmittelbare Folge einer sonst wirkungslosen Demonstration
feindlicher Kriegsschiffe sei. Neutrale Häfen zu blockieren nnd zu behaupten,
dass die darauf folgende Not des Feindes, selbst wenn sie dadurch verursacht
würde, die Blockade effektiv mache, ist ein Schluss, den man nicht leicht sich
zu eigen macheu wird.
7., Dass Grossbritannien in Iceinen Handelsverkehr eingegriffen hat, denes nicht
berechtigt iväre, durch Blockade zu schliessen, „wenn die geographische Lage' des
Feindes derart war, „dass sein Handel durch seine eigenen Häfen hindurchging".
Dies muss entschieden bezweifelt werden. Ein Kriegführender kann sich
schwerlich die Aufsicht über die neutrale Schiffahrt aumassen, die ürossbritannien
in der sogenannten „Zone" ausübt, ohne empfindlichen Schaden zu verursachen,
•ganz abgesehen von der durch eine gesetzmässige Blockade bewirkten Benach-
teiligung der Neutralen. Zudem ist nicht einzusehen, warum die vorgenannte
Macht berechtigt sein sollte, Vorrechte auszuüben, die ihr nur zukommen würden,
wenn die geographischen Bedingungen ganz andere wären, als sie wirklich sind.
S. Dass die sogenannte Blocicade nur den verbotenen neutralen Handel verhindert.
Wenn dies zutrifft — es darf aber nicht übersehen werden, dass die Be-
hauptung bestritten wird — , so entschuldigt es keineswegs den Bruch inter-
nationaler Übung. Sogar Polizeibeamte sind unter dem Laudesgesetz in den
Massnahmen beschränkt, die sie ergreifen, um sich in Besitz dessen zu setzen,
was sie zu beschlagnahmen berechtigt sind. Es ist nicht anders bei den Völkern!
So beschaffen sind einige der wichtigeren Gesichtspunkte, die der hervor-
ragende britische Minister in dem Bemühen geltend macht, die Order in Council
zu rechtfertigen. Sie können kaum als etwas anderes denu als ein ernster Ver-
such der englischen Führer aufgefasst werden, Massnahmen iu Schutz zu nehmen,
gegen deren ßechtsgültigkeit sie selber erhebliche Zweifel unterhalten müssen.
Drei Tatsachen unterstützen den Schluss, dass die vorgenannten Staatsmänner
mit ihren Darlegungen selber keineswegs zufrieden sind:
1. Die Mühen, die sie sich gemacht haben, um die Neutralen ihrer Absicht
zu versichern, die unglückliche Verordnung so weitherzig wie angängig auszulegen.
2. Ihre eigene Bildung, die es unwahrscheinlich macht, dass sie lange in
Selbsttäuschung befangen bleiben können.
3. Die neuerliche bedeutsame Erklärung, die Baumwolle zur Bannware
macht, was ein Schritt sein dürfte, sich selbst aus einer unhaltbaren Lage zu
befreien.
Literatur-, Namens- und Fall-Verzeichnis 121
Literatur-, Namens- und Fall-Verzeichnis.*)
Aggs, siehe Chi'tty.
American Journal of International Law (S.34 Anm. 47, Anm.62, Aam.95).
Norman An gell (Pseudonym für Ralph Norman Angell Lane):
(S. 105 Anm. 107, Anra. 118, Anm. 129).
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P 2. The great illusion, 4. ed., London 1914.
P 3. The foundation of international policy, London 1914.
P 4. Prussianism and its destruction, London 1914.
P 5. Introduction zu Krehbiel (siehe diesen).
P 6. America and the New World State, a Plea for American Leadership
in International Organization, New York and London 1915.
*) Die neben den Werken, Namen und Fällen angegebenen Seiten (abge-
kürzt mit S.) und Anmerkungen (abgekürzt mit A. oder Anm.) bezeichnen die Stellen,
in denen sie im Texte des Buclies erwähnt sind. Es sind auch nur die Werke.
Namen und Fälle zusammengestellt, welche ausdrücklich erwähnt sind, während
der sonstige wissenschaftliche Apparat nicht angegeben ist. Er ergibt sich aus
den Zitaten. Die Fälle sind durch Fettdruck ersichtlich.
Bei mehreren Werken eines Verfassers ergibt ein Zusatz (Hauptwort des
Buchtitels oder Erscheinungsjahr oder -ort oder Ziffer der hier aufgeführten
Werke), weiches AVerk gemeint ist.
Der grosse Buchstabe P oder I vor dem betreffenden Werke bedeutet, dass
es sich um eine Arbeit handelt, die sich auf den Pazifismus oder den Imperia-
lismus im weitesten Sinne dieser Worte bezieht; es verdient Beachtung, dass
in besonderen Fällen zweifelhaft sein kann, wohin das Werk zu rechnen ist.
Ueber den Begriff des Imperialismus (Machtpolitik mit dem Ziel der Welt-
herrschaft) zum Unterschied von Weltpolitik vgl. Hintze, 121 und 132. Frei-
lich das „genossenschaftliche Prinzip mit dem Ziele des Gleichgewichts und das
herrschaftliche mit dem Ziele des Uebergewichts" sind keine brauchbaren Unter-
scheidungen, weil sie auf nicht nachweisbare innerliche Beweggründe abstellen,
Aveil eben jeder Staat erklärt, nur Weltpolitik zu treiben, während die andern
dies ^ür Machtpolitik halten und als Imperialismus und Triebwollen zurückweisen.
Dadurch, dass der Deutsche die Weltpolitik Englands für Imperialismus v;nd die
Weltpolitik Deutschlands für wahre Weltpolitik, und ähnlich der Engländer die
Weltpolitik Deutschlands für Imperialismus und die Weltpolitik Englands für
wahre Weltpolitik erklärt, wird nur die einseitige Parteiauffassung deutlich,
aber keine wissenschaftliche Erkenntnis oder auch nur ein irgendwie wertvoller
Gesichtspunkt zur Erörterung gestellt. An derartigen Einseitig- und Kurzsich-
tigkeiteu ist di^ Literatur der Gelehrten hüben und drüben überreich.
1^22 Literatur-, Namens- und Fall-\'crzcichni3
An liitrütliiction siebe Iiitroduction.
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j^38 Literatur-, Namens- und Fall- Verzeichnis
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Law Quarterly Review Bd. 28, 1912, S. 94, siehe Holland, 5], Anm. 44,
S. 41 Anm. 60).
Zamora-Fall (S. 33, S. 37).
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tralisierung Mittelafrikas, in Zeitschrift für Völkerrecht X (1917) (S. 38ff.).
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1. Archiv für öffentliches Recht, Bd. 35 S. 26.
2. Der Krieg und das Völkerrecht, in „Deutschland und der Welt-
krieg", 2. Aufl., Leipzig 1916.
Zorn, Philipp (S. 112 Anm. 118), Das deutsche Reich und die internationale
ychiedsgerichtsharkeit, Berlin 1911.
Zusammenstellung der benutzten Parlamentspapiere 139
Zusammenstellung
der im Text benutzten, insbesondere englischen Parlaments-
papiere und sonstigen amtlichen Veröffentlichungen'^)
1863
Hansard Parliamentary Debates 1863 III. Series Vol. 170 (S. 64 Anm. 80).
Accounts and Papers [44] State Papers North America Vol. LXXII, 1863 :
North America a) No.4 [3119] Despatch from Her Majestys Minister at Washing-
ton 8. 12. 1862 (enthält extracts of Papers relating to foreign affairs
1862) (S. 67).
North America b) No. 5 [3127] Correspondence respecting Instructions given to
naval offlcers of the United States in regard to neutral vessels and
mails (S. 71).
North America c) No. 11 [3183] Correspondence respecting the trade with Mata-
moros (S. 72).
North America d) No. 12 [3195] Correspondence respecting the seizure of the
British Schooner „Will o' the Wisp" by the United States ship of war
Montgomery at Matamoros, June 3, 1862 (S. 69).
North America e) No. 14 [3231] Correspondence respecting Interference with
trade between New York and the Bahamas (S. 66, 71).
1864
Papers relating to foreign affairs (Exec. Doc. No. 1, 38. Congr. 1. sess. House
of Representatives Part I and second sess. Part II) (S. 73).
1873
Accounts and Papers Vol. 74 ;
North America No. 2 (1873) [c. 689] p. 419 Papers relating to the proceedings of
the tribunal of Arbitration at Geneva (S. 114).
Part II Containing the award of the tribunal and the reasons of Sir Alexander
Cockburn for dissenting from the award.
*) Die Stellen, an denen die Veröffentlichungen im Text vorkommen, sind
neben ihnen angegeben. Die nicht aufgeführten, ziemlich zahlreichen und um-
fangreichen englischen Parlamentspapiere, die während des Krieges erschienen
und hier erhältlich gewesen sind, sind unter den erörterten grundsätzlichen
Gesichtspunkten ohne Interesse. Mise. No. 9 und 11 von 1916 und British trade
after the war (1916) sind des allgemeinen Interesses wegen hier unter Hinweis
auf die in Frage kommenden Stellen des Buches aufgenommen, ohne dort er-
wähnt zu sein.
140 Ziisanimenstellinig der bcmitztoii Parlaineiifspapierc
1874
I. Accounts and Papers 1874 Vol. 75:
a) [englischer Bericht] North America No. 2 (1874) |c. 1046] Reports hy
Her Majesty's Agent [Henry Howard] of the proceeding and awards
of tho mixed commission on British and American Claims, establised under
the XII th article of the treaty between Great Britain and the United
States of America concluded and signed at Washington, May 8, 1871
(S. 38 Anm. 54, S. 65 Anm. 81).
b) North America No. 3 (1874) [c. 1047] Papers respecting the proceedings
of the mixed Claims commission (Anm. 55).
II. Foreign ßelations of the United States I. Session 43. Oongress 1873/74 Vol. III.
[amerikanischer Bericht] Papers relating to the American and British
Joint Commission Report of Robert S. Haie Esqu. Agent and Counsel of
the United States before the commission . . . under the XII article of the
Treaty of 8. May 1871 (8. 37 Anm. 54, S. 38 Anm. 54; A. 55, 56, 81, 123).
1900
Africa No. 1 (1900) Cd. 33 in Accounts and Papers 1900 Vol. 56 p. 83 Corre-
spondence respecting the actions of Her Majesty's Naval Authorities with
regard to certain foreign vessels (S. 61).
Miscellaneous *) No. 1 (1900) Cd. 34 in Accounts and Papers 1900 Vol. 105 p. 913
Correspondence respecting the seizure of the British Vessels „Springbok*
and „Peterhoff" by United States Cruisers in 1863 (S. 37 Anm. 54, S. 63).
1904
Papers relating to the foreign Relations of the United States 1904 (S. 82 Anm. 91).
The Parlamentary Debates 1904 Vol. 189 (S. 82 Anm. 91).
1905
Russia No. 1 Cd. 2348 Correspondence respecting contraband of war in connection
with the hostilities between Russia and Japan (S. 77 Anm. 90j.
The Parlamentary Debates 1905 Vol. 141 (S. 82 Anm. 91).
1907
Deutsches Weissbuch vom 6. Dezember (Nr. 52), 12. Legislaturperiode 1907,
Bd. 244 der Verhandlungen des deutschen Reichstags (S. 25 Anm. 36).
1909
Mise. No. 4 Cd. 4554 Correspondence and Documents respecting the international
Naval Conference, held in London, December 1908 — February 1909
(S. 84 Anm. 92).
1910
Mise. No. 4 Cd. 5418 Correspondence respecting the Declaration of London
(S. 84 Anm. 92).
1911
Mise. No. 2 Cd. 5520 Correspondence with the French Government in 1885 re-
specting the treatment of Rice as contraband (S. 75 Anm. 87).
*) Stets abgekürzt: Mise.
Zusammenstellung der benutzten Parlamentspapiere l41
Mise. Xo. 8 Cd. 5718 Correspondencc respecting- the Declaration of London
(S. 34 Anm. 47. Anm. 92).
1912
Mise. Xo. 1 Cd. 6011 Torrespondence respecting destruction of the British Steam-
ship „Oldhamia^ bj' Ensign Tregonboff of the Russia Oruiser Oleg in
May 1905 (S. 82 Anm. 91).
1914
Mise. Xr. 6 (1914) Cd. 7467 Correspondence respecting the European Crisis
(S. 103).
Englisch-niederländische Korrespondenz vom Oktober 1914 in The Times Docu-
mentary History of the War, London 1917, Vol. III p. 69 (Anm. 68).
European war.
1. Cd. 7607 Correspondence regarding the naval and military assistance
afforded to His Maj. Gov. by His Maj. Oversea Dominions September
1914 (S. 22 Anm. 31).
2. Cd. 7608 und 7646 betr. Gifts of foodstoffs and other supplies from the
nversea dominions and Colonies September u. Dezember 1914 (S.22 Anm. 31».
1915
Mise. Xo. 6 Cd. 7816 Correspondence between His Majesty's Government and the
f nited States Government respecting the rights of belligerents (S. 34 Anm. 47.
S. 45. 46).
Mise. Xo. 18 Cd. 8104 Italian Decrees relative to enemy merchant vessels together
with the Italian Xaval Prize Regulations (S. 90 Anm. 97).
Cd. 7875 Correspondence on the subject of the proposed naval and military ex-
pedition against German South- West Africa April 1915 (S. 22 Anm. 31).
European war.
1. Gold Coast. Cd. 7872 Correspondence relating to the military Opera-
tions in Togoland. April 1915.
2. Cd. 7972 Correspondence relating to the occupation of German Samoa by
an expeditionary force from Xew Zealand (September 1915) (S. 22 Anm. 31).
Union of South Africa. Cd. 7873 Return laid upon the table of the House
of Assembly on the 11 th march 1915, of Correspondence on the subject
of the proposed naval and military expedition against German South-
West Africa.
Army. 1. Cd. 7679 Memorandum on the Censorship (S. 55 Anm. 7.S).
2. Cd. 7680 Memorandum on the Official Press Bureau (S. 55 Anm. 73).
Ausnahmegesetze gegen deutsche Privatrechte in England, Frankreich und Russ-
land, Denkschrift des Auswärtigen Amtes (S. 40 A. 60).
österreichische Sammlung von Xachweisen über Völkerrechtsverletzungen, ab-
geschlossen am 31. .Januar 1915 (S. 24 Anm. 35, Anm. 97).
Overzicht 1914—15 siehe unter 1916.
1916
Mise. Xo. 2 Cd. 8145 Statement of the Measures adopted to intercept the sea-
borne commerce of Germany (S. 18 Anm. 29).
142 Zusammenstellung der benutzten Parlamentspapiere
Mise. No. 5 Cd. 8173 Memorandum prescnted by Ilis Majesty's Government and
the French Government to Neutral Governments regarding tlie examina-
tion of parcels and letter mails (S. 55 Anm. 73).
Mise. No. 9 Cd. 8223 Memorandum preseuted by His Majesty's Government and
the French Government to Neutral Governments regarding the examina-
tion of parcels and letter mails (S. 55 Anm. 73).
Mise. No. 11 Cd. 8225 Correspondence with the United States Ambassador re-
specting the Trading with the enemy (Extension of Powers) Act, 1915
(S. 19, 41).
Mise. No. 12 Cd. 8226 List of Articles declared to be contraband of war
(S. 88 Anm. 95).
Mise. No. 14 Cd. 8233 Further Correspondence between His Majesty's Govern-
ment and the United States Government respecting the rights of belli-
gerents (in continuation of No.6 [1915] Cd. 7816) (S. 35 Anm. 48, Anm. 50).
Mise. No. 15 Cd. 8234 Further Correspondence between His Majesty's Govern-
ment and the United States Government respecting the rights of belli-
gerents (in continuation of Mise. Nr. 14 [1916] Cd. 8233): (S. 8 Anm. 11,
S. 13 Anm. 19, Anm. 24, 58, 71).
Mise. No. 20 Cd. 8261 Note from the United States Government regarding the
examination of parcels and letter mails (Titelblatt, S. 55 Anm. 73).
Mise. No. 22 Cd. 8293 Note addressed by His Majesty's Government to neutral
representatives in London respecting the withdrawal of the declaration
of London Orders in Council (S. 112 Anm. 119).
Mise. No. 23 Cd. 8294 Note addressed to the United States Ambassador regard-
ing the examination of parcels and letter mails (S. 55 Anm. 73).
Mise. No. 24 Cd. 8295 Correspondence with the United States Ambassador re-
garding the relief of allied territories in the occupation of the enemy
(S. 21 Anm. 31).
Mise. No. 27 Cd. 8298 Collective Note addressed to the Greek Government by
the French, British and Russian Ministers and the Reply of the Greek
Government (S. 100).
Mise. No. 28 Cd. 8322 Correspondence with the Swedish Minister on the sub-
ject of the detention by the Swedish Government of the British Transit
Mail to Russia as a ßeprisal for the Search of parcels mail by His
Majesty's Government (S. 6 Anm. 6, Anm. 24, Anm. 73).
Mise. No. 32 Cd. 8348 Correspondence respecting the Relief of Allied Territories
in the occupation of the enemy (S. 21 Anm. 31).
Mise No. 36 Cd. 8353 Further Correspondence with the United States Ambas-
sador respecting the Trading with the enemy (Extension of Powers) Act
1915 (in continuation of No. 11 [1916] Cd. 8225) (S. 41 Anm. 61).
Overzicht der voornaamste van Juli 1914 tot October 1915 und van October
1915 — Juli 1916 dorch het Ministerie van Buitenlandsche Zaken be-
haandelde en voor Openbarmaking geschickde Aangelegenheden (2 Bände)
(S. 10 Anm. 13, S. 17 Anm. 24, Anm. 97).
Rechtsquelien 143
Mededeelingen desselben Ministers, Juli — Dezember 1916 (S 10 Anm. 13, S. 17
Anm. 24).
Recueil de diverses Communications du ministre des affaires etrangeres aux Etats-
Generaux par rapport ä la neutralit^ des Pays-Bas et au respect du droit
des gens, La Haye, Septerabre 1916 (S. 17 Anm. 24, Anm. 32, Anm. 68,
Anm. 70, Anm. 73, Anm. 78, Anm. 97).
British trade after the War. Cd. 8181 Report of a sub-committee of the
advisory committee to the Board of trade on commercial intelligence
with respect to measures for securing the position after the war, of
certain branches of British industry (S. 19, 41).
1917
Mise. No. 2 Cd. 8438 Memorandum addressed by the French and British Govern-
ment to the United States Government regarding the Examination of
parcels and letter maus (S. 6 Anm. 6, S. 9, Anm. 31).
Mise. No. 5 Cd. 8468 Reply of the Allied Governments to the Note communi-
cated by the United States Ambassador on December 20, 1916 (Titelblatt).
Mise. No. 6 Cd. 8469 Report drawn up by the Committee on the Administration
of the Order in Council of March 1915 (1916) (S. 19 Anm. 30).
Mise. No. 8 Cd. 8478 Correspondence with the Swedish Government respecting
the Mining of the Kogrund Passage (S. 10 Anm. 14).
Mise. No. 10 Cd. 8587 Note from the Russian Provisional Government and the
British Reply respecting the allied war aims (S. 104 Anm. 106).
Mise. No. 11 Cd. 8588, siehe Rechtsquellen: An agreement usw.
Journal officiel (Anm. 102).
The London Gazette (S. 7 Anm. 10, 90 Anm. 97, S. 95).
Belgisches Graubuch (Anm. 31).
.Stenographische Berichte des deutschen Reichstages (S. 35 Anm. 47).
Rechtsquellen
(zeitlich geordnet).
Siehe auch die alphabetische Ordnung im Sachregister.
Magna Charta 1215, S. 96.
Jay-Vertrag von 1794, S. 37, 38 Anm. 55, S. 113, 114 Anm. 123.
Handelsvertrag von 1815, englisch-nordamerikanischer, S. 71, 72.
Staatsverträge (betreffend Griechenland) vom 6. Juli 1827, 3. Februar 1830,
7. Mai 1832 und 13. Juli 1863, Anm. 105.
Englische Deklaration vom 29. März 1854, S. 7, 8.
Französische Deklaration vom 29. März 1854, S. 7.
144 Rcchtsquellen
Order in Council vom 15. April 1854, S. 7.
Pariser Deklaration von 1856 S. 4, 6, 8. 9, 16, 24, 77 Anm. 95.
Naval Prize Act 1864, S. 7 Anm. 9, S. 109 Anm. 112.
Annexe zum Londoner Protokoll vom 17. Januar 1871 betreffend die Abänderung
des Pariser Vertrages vom 30. ülärz 1856 (Staatsarchiv Bd. 20 S. 190)
S 87.
Vertrag von Washington 1871, S. 37, 88, 113, 114 u. Anm. 123.
Vertrag von Konstantinopel, S. 110 Anm. 114.
Kongo-Vertrag, Anm. 31.
Russische Verordnung vom 14. Februar 1904, S. 77.
Regulations pp. made by the secretary of State for the House Department with
regard to the Administration of the Alien Act 1905 Od. 2879 S. 91.
Haager Abkommen, S. 4, 5, 8, 9, 10, 11 (auch Anm. 16), 12 (auch Anm. 18), 16.
24, 87 f., 113, Anm. 128.
Art. 23 h Landkriegsordnung, S. 6, 24 ff., 90.
Londoner Deklaration, S. 4. 6, 8, 10 Anm. 13, 12, 16, 24, 48, 86 f., Anm. 95, 113.
Order in Council vom 5. August 1914. S. 49, 50.
Order in Council vom 20. August 1914, S. 49, 50.
Order in Council vom 29. Oktober 1914, S. 49, 50.
Prize Court Rules 1914 S. .S3 Anm. 45.
Proklamation der deutschen Regierung vom 4. Februar 1915, Anra. 19.
Order in Council vom 11. März 1915, S. 8, 19, 20 Anm. .30, 49, 50, Anm. 95,
S. 117 ff.
Französische Verordnung vom 12 März 1915. Anm. 95.
Italienische Prisenregeln vom 15. Juli 1915. Anm. 97.
An agreement concluded between His Majesty's Government and the Provisional
Government of Russia relative to the Reciprocal liability to military Ser-
vice of British subjects resident in Great Britain [3. 16. Juli 1917].
Mise. No. 11 (1917) Cd. 8588 S. 91 Anm. 98.
Military Service (Conventions with Allied States) Act 1917. S. 92 f.
Military Service Act 1916 und 1917, S. 94 und Anm. 100.
Englisches Heeresgesetz (44 & 45 Vict. e. 58\ S. 94 Anm. 101.
Order vom 22. August 1917, S. 95.
Französisches Gesetz vom 9. November 1917 (sur les obligations militaires des
nationaux des pays alli^s residant en France) S. 96 Anm. 102.
Italienisch-englischer Staatsvertrag vom 11. Dezember 1917, S. 96 Anm, 102.
Italienisches Dekret vom 20. Dezember 1917. S. 96 Anm. 102.
Sachregister
145
Sachregister*)
Abfahrtschein 66.
Ägypten 22 Anm. 31.
Alien enemy siehe Auswärtiger Feind.
Alkohol 79.
Allbeteiligungsklausel 4 und Anm. 18.
Anhaltungsrecht 47, 52, 68.
Annexion 22, 23 Anm. 31.
Annex zum Londoner Protokoll 87.
Apothekerwaren 68.
Artikel 23 h der Landkriegsordnung
6. 241, 90.
Asyl und Asylrecht 90 f.
Äusserungen diplomatischer Vertreter 3.
Aushungerung Deutschlands 19 Anm.
29, 21 Anm. 31.
Ausländer 98. 100.
Ausländer im englischen Heere 95
Anm. 101.
Ausserrechtliche Handlungen im Völ-
kerrecht 4.
Australien 22 Anm. 31.
Auswärtiger Feind 11. 40.
Auswärtiges Amt 34 Anm. 47.
Autokratie 111 Anm. 116.
Bahamas-Inseln 66 f., 72, 73.
Baumwolle 19 Anm. 29, 82.
Belgien 3, 102 f.
Beschlagnahme 49, 67, 71, 73, 77, 80, 82.
Betrügereien des Feindes siehe Ver-
stellungskünste.
Beweislast 44 f., 801, 83, 85 f.
Beweismittel 49, 78.
Beweisvermutungen 441, 66, 68 f., 76,
83. 89 Anm. 95.
Blockade 8, 14. 18, 19 Anm. 29. 42. 56
Anm. 74, 60, 63, 67, 681, 71, 73, 74,
76, 89 Anm. 95, Anm. 115, 118 1
Bosporus 109 Anm. 114.
Britischer Handel 15.
Bunkerkohle 18 Anm. 29.
Burenkrieg 60 f.
Bürgerkrieg, amerikanischer 43, 46 f.,
50, 561, 59, 621, 118.
Canada 22, 31.
Chinesisch-japanischer Krieg Anm. 82.
Chinin 68.
Dardanellen 109 Anm. 114.
Daressalam 21, 22 Anm. 31.
Deklaration
englische von 1854 7, 8.
französische von 1854 7.
Londoner, siehe dort.
Pariser, siehe dort.
Demobilisation 100 f.
Demokratie 97.
Despotismus 97, 111 Anm. 116.
Deutsche Kolonien 22 Anm. 31.
Diplomatie, Öffentlichkeit der, Anm. 129.
Diplomatische Schriftstücke 8, 9, 15.
*) Die Zahlen ohne Zusatz bedeuten die Seiten,
ß e n d i X , Völkerrechtsverletzuiigen
10
Ü6
Sachregister
Durchsuchung s. Durchsuchungsrecht.
Durchsuchungsrecht 47, 48 Anm. 68,
49, 50, 52. 58 Anm. 77. 61. fi8, 71.
Ehrenkodex für das Verhalten der
Staaten 98.
Eingangsworte siehe Einleitungsworte.
Einleitungsworte zu den Haager Kon-
ventionen 5, 9, 10.
— zu der Londoner Deklaration 6, 12.
Einmarsch in Belgien 3.
Einwanderungsproblem, Anm. 104.
Embargo 67, 69, 72.
Emigranten 98.
Englische Geistesverfassung 10, 20 f.,
91 Anm. 98, § 17, 99, 106 f.
Englisch-Ostafrika 22 Anm. 31.
Ewiger Frieden 112.
Farbige, ihre Stellung in der englischen
Armee 95 Anm. 101.
Feindliche Bestimmung 45 f., 49, 52 f.,
58, 62, 69, 80, 82 f., 85, 89 Anm. 95.
Festhaltung von Schiffen, Gründe der
52 Anm. 71.
Fette 19 Anm. 29.
Feuerung 79 f., 86.
Fiktion, englische Vorliebe für 109.
Fort Rüpel 100.
Fortgesetzte Reise 60, 65 Anm. 81,
67 Anm. 82.
Französisch -chinesischer Krieg (1885)
75, 79.
Freiheit, persönliche 90 f., 99. 107,
Anm. 116, 112.
Freiheit der Meere 51, 112.
Fremdenrecht (englisches) 98.
Garantie der Neutralität 102 f.
Garant! emächte Griechenlands 100 f.
Gebietshoheit 71.
Geistesverfassung, englische, siehe eng-
lische Geistesverfassung.
Geographische Lage als Grund feind-
licher Bestimmung 69,
Gerechtigkeit, Grundsätze der 5l.
Gerichtsentscheidungen als Zeugnisse
der Rechtsüberzeugung 3, 9.
Gerichtsgewalt 51, 55 Anm. 73.
Gesetzwidriges Verhalten des Feindes
18 Anm. 19, siehe auch Verstellungs-
künste.
Griechenland 99, 104.
Gummi 19 Anm. 29.
Haager Abkommen siehe S. 144.
Handel, Zerstörung des deutschen 19
Anm. 29. 49.
Handel mit dem Feinde 40,49,58,117.
Handel, neutraler, siehe Neutrale.
Handelsbedingungen, moderne 48, 53.
Handelsblockade 15, 18 Anm. 18.
Handelskammer 34 Anm. 47.
Handelsverträge 4.
Haushaltungsgegenstände 85.
Heranziehung russischer Staatsange-
höriger zum englischen Heeres-
dienst 91 f.
Hongkong 54 Anm. 72, 89 Anm. 95.
Hungerrevolten 19 Anm. 29.
Jay- Vertrag von 1794 siehe S. 143.
Imperialismus 121 Anm.
Interesse bei Entscheidung von Rechts-
fragen 1 f., 16, Anm. 129.
Internationales Recht siehe Völkerrecht.
Internationalisierung des Bosporus und
der Dardanellen, Anm. 114.
Intervention 103.
Irrationalität der Rechtsprechung,
Anm. 129.
Kaperbriefe 8.
Kaperei 7 (auch Anm. 9), 8, 67.
Klagerecht des feindlichen Ausländers
25.
Kieler Handelskammer, Anfrage, ob
Reis Kriegskonterbande 34 Anm. 47,
Kohle 66, 68, 79 f.
Konfiskation neutralen Gutes .8,
Sachregister
147
Konföderierte Staaten 66.
Kongo vertrag, Anm. 31.
Kongress (Gesetz des K.) 71.
Konterbaude siahe Kriegskonterbande.
Konterbandeliste 85, 89. Anm. 117.
Kontinentalsperre 17.
Korrespondenzen als Beweismittel 20
Anm. 30.
Kriegführung, Recht der, S. II, 2, 10, 14
Anm. 19, 16 Anm. 24, 20, 23, 60,
67, 69, 71, 74 Anm. 86, 77, 78, 80 f.,
87 f., 89 Anm. -95, 118.
Kriegskonterbande 8, 45 f., 60 f., 70,
75 f., 79, 85 f., 119.
Kriegsnotwendigkeit siehe Kriegfüh-
rung, Notwendigkeit und Selbst-
erhaltung.
Kriegsschauplatz 80.
Kriegs ziele 104.
Kriegszone siehe Proklamation der
deutschen Regierung vom 4. Februar
1915.
Kurzwaren 68.
liandesrecht siehe Völkerrecht, Verhält-
nis zum Landesrecht.
Landkriegsordnung (IV. Haager Ab-
kommen) 12.
Lastvieh 79.
Lebensmittel 46 f., 66, 75 f., 78 f., 81,
82 Anm. 91, 85 f.
Lehrmeinungen der Rechtsgelehrten
3,9.
Liste der Konterbandegegenstände 85,
89.
Londoner Deklaration siehe 144.
lÄachtausübung der Staaten 98.
Machtpolitik 105 Anm. 107, 121 Anm.
Marschallinseln 22 Anm. 31.
Matamoros 73.
Mehrdeutigkeit von Tatbestand und
Rechtssatz 8. VI, 1.
Memorandum vom 4. Februar 1915
siehe Kriegszone.
Menschlichkeit 13 Anm. 19 (auch 14
Anm. 19).
Mentalität, englische 106, 109.
Methode, juristische 28 Anm. 38.
Mexiko 70, 73.
Milchprodukte 19 Anm. 29.
Militarisierung der Vereinigten Staaten
Anm. 107.
Minen 14 Anm. 19, 48 und Anm. 68.
Missbräuche des Feindes siehe Ver-
stellungskünste.
Monroedoktrin Anm. 107.
Montenegro 11.
Munition 69.
Munitionsausfuhr 119.
Xaphtha 79.
Naturprodukte 85.
Nauru 22 Anui. 31.
Neger 95 Anm. 101.
Neu-Guinea 22 Anm. 31.
Neuordnung des Völkerrechts 2.
Neuseeland 22 und 23 Anm. 31.
Neutrale 2, 5. 9, 13 Anm. 19, 14, Anm.
19, 15, 16 Anm. 24, 17, 22 f., 35,
37, 41, 42, 44, 45 f., 50, 51, 53, 55
Anm. 73, 56 Anm. 75, 61 f., 70, 72,
79 f., Anm, 95, 119 f.
Neutrale Gerichtshöfe Anm. 117.
Neutralität Belgiens 102 f.
Neutralität des konventionellen Kongo-
beckens 21 Anm. 31.
New York, Handel zwischen N. Y. und
Nassau 66 f., 73.
Notwendigkeit angefochtener Mass-
nahmen als Rechtfertigungsgrund
18, 19 Anm. 30, 30, 46 f., 53, 56
Anm. 75, 74, 76, 87, 117.
Objektivität des Ausgangspunktes 4.
Öle 19 Anm. 29.
Pamphlet-Literatur 108.
Pariser Deklaration siehe 144.
10*
148
Sachregister
rarlauientskuutrolle der auswärtigen
Politik Anm. 129.
Pazifismus Anm. 129.
Petroleum 83, 84.
Pferde 79.
Pleasant Island 22 Anm. 31.
Polen 97.
Politische Sympathie 14.
Postbeschlagnahme 65 Anm. 73, 60, 61.
Prisengericht, Stellung des Pr.s 31 f.,
51, 58 Anm. 77, 64, 70, 73, 76 f.,
7&, 83.
Privateigentum zur See 24 f., 35 Anm.
47, 90, 112.
Proklamation der deutschen Regierung
vom 4. Februar 1915 Anm. 19.
— Karls I. 1625 7 Anm. 9.
Pulver 70.
Rationierungssystem gegen neutrale
Länder 19 Anm. 29, 54.
Kechte des Kriegführenden 13 f., siehe
Kriegführung.
— der Neutralen 13 (auch Anm.'(6X
siehe Neutrale.
Rechtsbruch im Völkerrecht 2.
Rechtslehrer siehe Lehrmeinungen der
Rechtsgelehrten.
Rechtssatz (Mehrdeutigkeit) 1.
Rechtsprechung und nationales Inter-
esse, 36, 42, 45, 57, siehe Interesse,
Irrationalität.
Rechtsverletzung im Völkerrecht 2
Anm. 2, 10, 16 f.
Rechtssatzung, Verhältnis zum Sach-
verhalt 3.
Rechtsüberzeugung, Zeugnisse der 3, 5.
Reis 35 Anm. 47, 75 f., 78 f.
Repressalien siehe Vergeltungsmass-
nahmen.
Reservisten 90 Anm. 97.
Richter, Stellung des englischen 31.
Rohmaterialien 85.
Royalisten, französische 97.
Rüpel (Fort) 100.
Russische Flüchtlinge, Heranziehung
zum britischen Heeresdienst 91 f.
Russisch-japanischer Krieg (1904) 77 f.,
Anm. 91, 87.
Samoa 22 Anm. 31.
Satzung 3.
Satzungen des Völkerrechts 4.
Schadensersatzpflicht durch Völker-
rechtsverletzung 113.
Schiedsgericht, internationales 113 f.,
Anm. 129.
Schiedsgericht zu Washington Anm. 81.
Schiedsgerichtsbarkeit 75, 114, Anm. 129.
Schiedsrichter, Auswahl 114 Anm. 125.
Scbiesspulver 69.
Schiffspapiere als Beweismittel 20 Anm.
30, 49, 53, 86.
Schuhe 68.
Schwarze Listen 40.
Seekriegsrecht 15.
Seemacht Grossbritanniens 15.
Selbsterhaltung, Recht der, 2, 10, siehe
Kriegführung.
Serbien 11.
Souveränität 98, 119.
Souveränitätsbegriff 112 Anm. 118,
Staatenpraxis 3, 5, 51, 75, 78, 82.
Staatsverträge 2, 29, 104 f., 118.
Südafrika 22 Anm. 31.
Tauglichkeit angefochtener Massnah-
men als Rechtfertigungsgrund 18.
Täuschungskünste des Feindes, siehe
Verstellungskünste.
Tatbestand (Mehrdeutigkeit) 1.
Telegramme als Beweismittel 20 A. 30.
Texas 73.
Tiere 79.
Ueberlegenheit zur See, britische 15.
Unparteilichkeit des Schiedsrichters, 114
Anm. 129.
ünrechtmässigkeit des eigenen Tuns 10.
Unschuldige Bestimmung 48.
Sachregister
149
Veränderte Umstände 87, siehe auch
Notwendigkeit angefochtener Mass-
nahmen.
Verbringung neutraler Schiffe in eng-
lische Häfen 34.
Vereinigte Staaten 22 f., 34, 66.
Verfahren in Prisensachen, älteres 49 f.,
53.
Vergeltungsmassnahmen 13 (auch Anm.
19), 16 (auch 17 und Anm. 24).
Verpflichtung zum Eechtsverkehr der
Staaten 4.
Verstellungskünste des Feindes 10.
Verträge als Beweismittel 20 Anm. 30.
Verwendungsmöglichkeit, doppelte 66.
Völkerrecht 1 f., 5 Anm. 4, 51, 57, 59,
61, 67 f., 76, 78 f., Anm. 92, 87 f.
Fortbildung des Völkerrechts 2 f.
Neuordnung des Völkerrechts 2,
Anm. 118.
Verbindlichkeit seiner Rechtssätze
If., 6.
Verhältnis zum Landesrecht 11
Anm. 16, 29 f., 72,73,74.
Völkerrechtssatzungen 4.
Vorbehalte 10.
Wehrpflicht, Staatsvertrag 91 f.
Weltpolitik 121 Anm.
Weltrecht 31.
Westindien, Britisch -W. 67 f., siehe
Nassau.
Wolle 19 Anm. 29.
Wucherpreise 19 Anm. 29.
Yap 22 Anm. 31.
Zentralafrika, englisches Protektorat
21 Anm. 31.
Zeugnisse der Rechtsüberzeugung im
Staatenverkehr 3.
Zinnwaren 68.
Zivilbevölkerung 85 f., 89 Anm. 95,
Anm. 117, Anm. 127.
Zivilisation 13 Anm. 19.
Zufuhren 14.
Zündhütchen 70.
Zypern 22 Anm. 31.
Von dem Verfasser sind bisher erschienen:
1. Kolonialjuristische und politische Studien. Berlin 1903, Deutscher
Kolonial-Verlag-. 173 Seiten. Preis 3,60 M.
2. Terminologie und Begriffsbildung im Gesetzentwurf über den
Versicherungsvertrag. Berlin 1904, J. Guttentag. 126 Seiten.
Preis 3 M.
3. Fahnenflucht und Verletzung der Wehrpflicht durch Auswan-
derung. Eine rechtswissenschaftliche und -politische Studie
zu den deutsch-amerikanischen Bancroftverträgen. Leipzig
1906 (Bd. V der Staats- und völkerrechtlichen Abhandlungen,
herausgegeben von Jellinek und Anschützj, Duncker & Hum-
blot. 540 Seiten. Preis 13,20 M.
4. Substitution und Simultanzulassung bei den Berliner Land-
gerichten. Berlin 1910, J. Guttentag. 26 Seiten. Preis 1 M.
5. Das Problem der Rechtssicherheit. Zur Einführung des Rela-
tivismus in die Rechtsanwendungslehre. (Schriften des Vereins
Recht und Wirtschaft Band III Heft 5.) Berlin 1914, Carl
Heymanns Verlag. 46 Seiten. Preis 1,40 M.
6. Der gesetzliche Zahlungsaufschub im Kriege nebst Anhang
neuerer und neuester Moratoriengesetze des In- und Auslandes.
Berlin 1914, Carl Heymanns Verlag. 70 Seiten. Preis 2 M.
7. Bürgerliches Kriegssonderrecht. Systematische und kritische
Darstellung des zivil- und prozessrechtlichen Inhalts der
deutschen Kriegsnotgesetze. Berlin 1914, Verlag Georg Bath.
172 Seiten. Preis 3,60 M.
Buchdruckerei Maretzke & Martin, Trebnitz i. Schi.
JX Bendix, Ludwig
/!t.508 Völkerrechtsverletzungen
B/(^ Gross britanniens
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Jk^